TE OGH 1983/3/8 9Os8/83

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Veröffentlicht am 08.03.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jackwerth als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann Helmut A und andere wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Johann Helmut A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Jugendschöffengericht vom 30. November 1982, GZ 6 Vr 393/ 82-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Weber und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (unter anderem) der am 16. November 1963 geborene Schüler Johann Helmut (im Urteil unrichtig: Herbert) A des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB sowie des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 (letzter Fall) StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er I/ anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. in Gesellschaft des gleichzeitig abgeurteilten Beteiligten Erich Georg B im Sommer 1981 in Wolfern einem Unbekannten einen Zündschuh in geringem Wert;

2. in Gesellschaft des Erich Georg B und des abgesondert verfolgten Stjepan C als Beteiligte a) im September 1981 in Enns einem Unbekannten einige Liter Treibstoff in geringem Wert durch Abzapfen von Benzin aus einem in der Tiefgarage des Lokals 'X' abgestellten Moped der Marke Puch-Monza;

b) im September 1981 in St. Valentin dem Horst D ca ein Liter Treibstoff im Wert von 10 S durch Abzapfen aus dessen Moped (Punkte A/I/1 bis 3 des Urteilssatzes), und II/ im Jänner 1982 in Enns zumindest acht Messer, die von Erich Georg B und dem abgesondert verfolgten Edgar E bei einem am 3. August 1981 in Linz verübten Einbruchsdiebstahl zum Nachteil des Franz F erbeutet worden waren, sohin Sachen, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, die mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht ist, wobei ihm die diese Strafdrohung begründenden Umstände bekannt waren, an sich gebracht und verhandelt, indem er sie zum Weiterverkauf an sich nahm und in der Folge davon fünf Messer an Bekannte für einen Erlös von insgesamt 670 S veräußerte (Punkt D/ des Urteilssatzes). Von einem weiteren Anklagepunkt, nämlich in Richtung des Vergehens der Sachbeschädigung, wurde Johann Helmut A (rechtskräftig) freigesprochen.

Der Angeklagte A bekämpft den erwähnten Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes behauptet der Beschwerdeführer zunächst, das angefochtene Urteil leide in bezug auf die zum Schuldspruch wegen Diebstahls (Punkte A/I./ 1 bis 3 des Urteilssatzes) getroffenen Feststellungen an Begründungsmängeln. Dies jedoch zu Unrecht. Der Beschwerdeführer bekannte sich zu diesen Taten in der Hauptverhandlung vollinhaltlich schuldig (vgl S 237, 238). Mit dem Hinweis (S 263, 264) auf dieses Geständnis, auf die Verantwortung des Mitangeklagten Erich Georg B in der Hauptverhandlung (S 240) und auf die bezüglichen Angaben der beiden vor der Gendarmerie (S 143, 144, 155, 156, 164) hat das Erstgericht

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das die Urteilsgründe nach dem Gesetz (§ 270 Abs 2 Z 5) in gedrängter Darstellung abzufassen hatte und keineswegs alle Details aus den Verfahrensergebnissen erörtern mußte - die bekämpften Konstatierungen hinreichend begründet. Die erwähnten Beweismittel vermögen die Feststellung, daß der Beschwerdeführer und B zunächst gemeinsam den Diebstahl eines Zündschuhs - den B mit Billigung und in Anwesenheit des Beschwerdeführers vom Moped eines unbekannten Eigentümers wegnahm und auf das Moped des Johann Helmut A montierte

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verübten und daß der Beschwerdeführer bei den beiden später begangenen Diebstählen Aufpasserdienste (ersichtlich gemeint auf dem Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe, wie es auch den bezüglichen Angaben der Beteiligten entspricht) leistete (vgl S 258, 259 in Verbindung mit S 264), durchaus zu tragen.

Erörterungsbedürftige Widersprüche zwischen den einzelnen, dem Erstgericht als Feststellungsgrundlage dienenden Angaben der Beteiligten liegen in Wahrheit nicht vor. Insbesondere hat der (sich schuldig bekennende) Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung - auch wenn er dort nur erklärte, bei den Benzindiebstählen dabeigewesen zu sein (S 238) - nicht etwa bestritten, (in unmittelbarer Tatortnähe) Aufpasserdienste geleistet zu haben.

Die in der Hauptverhandlung gemachten Angaben des Beschwerdeführers und des Mitangeklagten B werden daher durch deren vor der Gendarmerie gemachte Angaben nur ergänzt, sodaß das Erstgericht im Zuge der von ihm vorgenommenen Gesamtwürdigung zu den erwähnten tatsächlichen Urteilsannahmen gelangen konnte, ohne sich einer Unvollständigkeit, einer Aktenwidrigkeit oder eines anderen formellen Begründungsmangels schuldig zu machen.

Das Erstgericht hat aber (zum Faktum D/ des Urteilssatzes) auch mängelfrei festgestellt, daß Erich Georg B dem Beschwerdeführer (vor übergabe der Messer) von dem Einbruchsdiebstahl in das Metallwarengeschäft des Franz F erzählte und daß dem Beschwerdeführer daher bei späterer übernahme der Messer deren (qualifizierte) diebische Herkunft bekannt war (S 263). Die insoweit teilweise leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung (S 239) wurde vom Erstgericht den Beschwerdebehauptungen zuwider keineswegs übergangen (S 263), sondern mit schlüssiger Begründung, insbesondere im Hinblick auf die Angaben des B vor der Gendarmerie (S 153 oben), für widerlegt angesehen (S 265, 266).

Die Mängelrüge ist daher nach keiner Richtung hin zielführend. Soweit der Beschwerdeführer den Schuldspruch wegen Hehlerei (Punkt D/ des Urteilssatzes) auch aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO, und zwar deshalb bekämpft, weil er von der Herkunft der Messer nichts gewußt habe und es somit an der inneren Tatseite fehle, bringt er die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn er negiert bei seinen Ausführungen die eben erwähnte Konstatierung, wonach er die diebische Herkunft der Messer sehr wohl kannte, und hält solcherart nicht am Urteilssachverhalt fest, was aber Voraussetzung für eine gesetzmäßige Rechtsrüge ist. Der Beschwerdeführer vermag aber eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO auch insoweit nicht darzutun, als er - zum Teil auch im Rahmen der Mängelrüge -

behauptet, die zum Schuldspruch wegen Diebstahls getroffenen Urteilsfeststellungen ließen eine Subsumtion des ihm angelasteten Tatverhaltens unter die Bestimmungen des § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB nicht zu:

Zum Gesellschaftsdiebstahl ist außer dem Einverständnis der Beteiligten (Diebsgenossen) über den Diebstahl lediglich deren Zusammenwirken bei dessen Verübung am Tatort oder in dessen Nähe erforderlich. Das Zusammenwirken muß aber keineswegs in der Setzung typischer Ausführungshandlungen durch jeden Diebsgenossen bestehen. Vielmehr genügt auch jede andere - sei es auch nur psychische - Unterstützung der Tatunternehmung durch einen bei der Sachwegnahme selbst nicht Hand anlegenden (ortsanwesenden) Beteiligten, worunter jedenfalls auch die Funktion eines sogenannten 'Aufpassers' fällt (vgl ÖJZ-LSK 1976/129, 362; 1977/162). Die bloße Anwesenheit auf dem Tatort oder in dessen Nähe würde für sich allein allerdings nicht ausreichen. Aber eine solche hat das Erstgericht in bezug auf den Beschwerdeführer nicht angenommen. In der Feststellung, daß er den Diebstahl des Zündschuhs (Punkt A/I. 1 des Urteilssatzes) mit B gemeinsam (S 264) beging, wobei B in Anwesenheit und mit Billigung des Beschwerdeführers (für dessen Moped der Zündschuh benötigt wurde) die eigentliche Ausführungshandlung setzte (S 258), kommt vielmehr hinreichend deutlich die überzeugung des Schöffengerichts zum Ausdruck, daß (auch in diesem Fall) ein einverständliches Zusammenwirken gegeben und der Beschwerdeführer nicht etwa nur einverständnisund funktionslos zugegen, sondern zum allfälligen helfenden Eingreifen in die in seinem Interesse erfolgende Tatausführung bereit war (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, § 127 RN 74 ff und die dort zitierte Judikatur).

Erfüllt somit schon das im Zusammenhang mit dem Diebstahl des Zündschuhs vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten - das im übrigen schon wegen seiner Anwesenheit auf dem Tatort nicht (wie der Beschwerdeführer meint) unter dem Gesichtspunkt eines bloß fernab vom Tatort geleisteten Tatbeitrages nach dem dritten Fall des § 12 StGB zum Vergehen des Diebstahls nach § 127 Abs 1 StGB betrachtet werden kann (vgl abermals ÖJZ-LSK 1977/162 sowie ÖJZ-LSK 1978/74) - die Voraussetzungen des § 127 Abs 2 Z 1 StGB, so gilt dies ebenso auch für die beiden anderen Diebstähle (Punkte A/I.2 und 3 des Urteilssatzes), bei denen der Beschwerdeführer (am Tatort oder in dessen unmittelbarer Nähe) als Aufpasser fungierte und damit - wie oben erwähnt - gleichfalls eine (keineswegs überflüssige, sondern im Gegenteil) die Tatausführung fördernde und erleichternde Tätigkeit entfaltete, weswegen die (rein spekulative) Beschwerdebehauptung, die Tat wäre genauso verübt worden, wenn der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort anwesend gewesen wäre, ins Leere geht. Aber auch der aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO erhobene Einwand, das Erstgericht habe rechtsirrig keine Feststellungen über das Vorliegen der Voraussetzungen mangelnder Strafwürdigkeit nach § 42 StGB in Ansehung des Diebstahls getroffen, versagt:

Daß in bezug auf den Anklagevorwurf der Hehlerei, und zwar schon wegen der ein Jahr übersteigenden Strafdrohung, eine Anwendung des § 42 StGB nicht in Frage kommt, ist unbestritten. Hinsichtlich der Diebstahlstaten wären zwar die formellen Voraussetzungen des § 42 StGB gegeben; es fehlt jedoch an den materiellen Voraussetzungen. Denn vorliegend kann von geringer Schuld im Sinne des § 42 Abs 1 Z 1 StGB, die bei einer auch hinsichtlich der Sozialschädlichkeit und des Störwertes für die Umwelt deutlich unter der Norm liegenden Tat nur im Falle eines erheblichen Zurückbleibens des tatbildmäßigen Verhaltens des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt anzunehmen wäre, nicht gesprochen werden. Vielmehr zeigen die Tatwiederholungen und das planmäßige und überlegte Zusammenwirken der Beteiligten bei den durch Abmontieren und Abzapfen (also unter überwindung von Hindernissen) verübten Diebstählen, daß der Beschwerdeführer bei der Tatausführung eine erhebliche - geringe Schuld jedenfalls ausschließende -

Willensintensität aufgewendet hat (vgl Leukauf-Steininger, aaO, § 42 RN 9, 10 und die dort zitierte Judikatur, sowie RZ 1981, 31). Da mangelnde Strafwürdigkeit einer Tat nur bei kumulativem Vorliegen sämtlicher im § 42 Abs 1 StGB normierter Voraussetzungen gegeben sein kann, war die mithin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht wertete beim Angeklagten Johann Helmut A als erschwerend die Wiederholung der Diebstähle und die Begehung zweier strafbarer Handlungen verschiedener Art, als mildernd hingegen den bisherigen untadeligen Lebenswandel, das überwiegende Geständnis und die erfolgte Schadensgutmachung, und schob bei ihm gemäß § 13 Abs 1 JGG den Ausspruch und die Vollstreckung der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig auf. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte A die Erteilung bloß einer Ermahnung gemäß § 12 Abs 2 JGG, in eventu die Reduzierung der Probezeit auf ein Jahr.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der Meinung des Berufungswerbers kann angesichts der Begehung zweier verschiedener strafbarer Handlungen, wovon eine zum Verbrechen qualifiziert ist, und der Wiederholung der Diebstahlsangriffe mit der Erteilung einer Ermahnung nicht das Auslangen gefunden werden, weil eine solche vorliegend spezialpräventiv keine entsprechende Reaktion auf das Fehlverhalten des Berufungswerbers wäre. Aber auch eine Verkürzung der (ohnedies nur mit zwei Jahren bestimmten) Probezeit konnte nicht in Erwägung gezogen werden; es bedarf nämlich einer etwas längerfristigen Einwirkung auf den Berufungswerber, um ihn von der Verübung weiterer Straftaten abzuhalten und positiv zu beeinflussen.

Auch der Berufung war daher zur Gänze ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04060

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00008.83.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19830308_OGH0002_0090OS00008_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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