TE OGH 1983/3/17 12Os12/83

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.1983
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.März 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gernot A u.a. wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Anton B und Gerhard C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20.September 1982, GZ. 4 b Vr 13411/81- 42, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen sowie über die Berufung des Angeklagten Alois D und die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich aller vier Angeklagten nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Kassal, Dr. Karner, Dr. Katary und Dr. Weber sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Alois D, Anton B und Gerhard C auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 17.Oktober 1960 geborene Gerhard C zu Punkt A des Urteilssatzes des (in acht Angriffen verübten) Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB (mit einem Gesamtwert des Diebsgutes von zumindest 86.000 S), ferner der am 25.Februar 1961 geborene Anton B zu Punkt B des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z. 2, Abs 2

und Abs 3, letzter Fall, StGB sowie diese beiden Angeklagten und die Mitangeklagten Alois D und Gernot A zu Punkt C des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB schuldig erkannt.

Nur den Schuldspruch zu Punkt C des Urteilssatzes bekämpft der Angeklagte C mit einer auf die Z. 5

und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; Anton B hinwieder wendet sich unter Anrufung der eben bezeichneten Nichtigkeitsgründe sowohl gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens der Hehlerei (Punkt B) als auch gegen jenen wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung (C). Als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB liegt den Angeklagten C, B, D und A zur Last, am 28. August 1981 (richtig: 29.August 1981; vgl. S. 252; 164; 3) in Perchtoldsdorf in verabredeter Verbindung Helmut E dadurch vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, daß B, D und A ihm Faustschläge und Fußtritte versetzten, während C zum Eingreifen bereitstand, wobei E Prellungen des linken Ellenbogens und er linken Brustkorbhälfte erlitt (Punkt C). Das Verbrechen der Hehlerei (Punkt B) fällt dem Angeklagten B deshalb zur Last, weil er in Wien in der Zeit von Juni 1981 bis April 1982 gestohlene Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, die Gerhard C durch Einbruch (und zwar im Zusammenhang mit den - unbekämpft gebliebenen - Schuldspruchfakten A 2., 3., 4. und 5.), sohin durch mit fünf Jahre erreichende Freiheitsstrafe bedrohte Handlungen erlangt hat, an sich brachte und teilweise verhandelte, wobei ihm die diese Strafdrohung begründenden Umstände bekannt waren.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst läßt die vom Angeklagten B gegen den letztbezeichneten Schuldspruch (Punkt B) gerichtete Mängelrüge (Z. 5) eine gesetzmäßige Ausführung vermissen.

Denn mit dem Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe die Feststellungen, wonach er bei den in Rede stehenden (Hehlerei-) Tathandlungen jeweils nicht nur grundsätzlich von der diebischen Herkunft der Gegenstände gewußt habe, sondern von C auch über die - die Qualifikation nach § 129 Z. 1 StGB begründenden - jeweiligen Modalitäten der Tatausführung informiert worden sei, 'im wesentlichen lediglich auf verschiedene Widersprüche in den Verantwortungen' gestützt, stellt er nicht auf die tatsächlichen Entscheidungsgründe (Prämissen) des Schöffengerichtes ab, das insoweit vor allem den (belastenden) Angaben des Mitangeklagten C Glauben schenkte und nur hilfsweise (auch noch) auf die Widersprüche in seinen (wechselnden) Verantwortungen und die - den lebensnahen Schluß auf volle Information über den jeweiligen Tathergang rechtfertigende - enge Freundschaft des Angeklagten C mit dem Beschwerdeführer hinweist. Indem er in seiner Mängelrüge solcherart nicht vom vollständigen Urteilsinhalt ausgeht, bringt er den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung (9 Os 186/81; 10 Os 161/82);

er unternimmt vielmehr der Sache nach - wie insbesondere schon aus dem Verlangen nach einer 'anderen Würdigung' der 'Aussage' des Angeklagten C erhellt - damit nur einen unzulässigen Angriff gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Gleiches gilt für das gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Körperverletzung (Punkt C) gerichtete, auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Beschwerdevorbringen der Angeklagten C und B:

Weder der Vorwurf des Angeklagten B, die vom Erstgericht angenommene (ausdrückliche, und nicht bloß stillschweigende) Verabredung der Angeklagten zum gemeinsamen - auf vorsätzliche Körperverletzung gerichteten -

Angriff auf Helmut E 'lasse sich aus dem Wortlaut der einzelnen Verantwortungen nicht ableiten' (Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B), noch der Beschwerdeeinwand des Angeklagten C, er sei 'von keiner Person, weder von einem Angeklagten noch von einem Zeugen in Richtung Beteiligung oder Verabredung einer Körperverletzung belastet worden', trägt der tatsachenmäßigen Beweisgrundlage in den Urteilsgründen Rechnung.

Das Schöffengericht hat nämlich die bekämpfte Urteilsannahme des gemeinsamen Vorgehens in verabredeter Verbindung aus dem - auf die übereinstimmenden und als glaubwürdig erachteten Angaben der Eheleute E unter Berücksichtigung der 'stark divergierenden' und vom (erkennbaren) Bemühen um Verharmlosung des Vorfalles getragenen Verantwortungen der Angeklagten gestützten - objektiven Tatablauf erschlossen und die hiefür maßgebenden Erwägungen denkrichtig, im Einklang mit der Lebenserfahrung und auch sonst mängelfrei dargelegt. Mit dem Beschwerdeeinwand hinwieder, aus der 'Aussage' des Angeklagten B ergäbe sich, daß er weder den PKW. lenkte noch an der Rauferei mit E beteiligt war, unternimmt der Angeklagte C bloß neuerlich den (unzulässigen) Versuch, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes in Ansehung seiner - weder in einem unmittelbaren Handanlegen noch sonst in einer unmittelbaren aktiven Beteiligung an der Tatausführung, wohl aber in seiner verabredungsgemäß zum tatfördernden Eingreifen bereiten Anwesenheit am Tatort gelegenen - Tatbeteiligung zu erschüttern.

Als nicht gesetzmäßig ausgeführt erweisen sich auch die Rechtsrügen (Z. 9 lit a) der beiden Angeklagten. Denn die Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erfordert ein Festhalten an dem gesamten, im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt und dessen Vergleichung mit dem darauf angewendeten Gesetz. Da der Angeklagte C bei seinen Beschwerdeausführungen die Urteilsannahme, derzufolge er nach der Vereinbarung der vier Angeklagten, E niederzuschlagen, 'einschreitbereit' (vgl. S. 255 unten) zunächst die Angeklagten D und A aus dem zweitürigen Auto ließ und 'noch beim Wagen stehen blieb, um nötigenfalls tatfördernd einzugreifen' (S. 253) mit Stillschweigen übergeht und der Angeklagte B in seiner Beschwerde die Feststellung einer (vorherigen) Verabredung der geplanten Tatausführung der vier Angeklagten überhaupt negiert, mangelt es insoweit an einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Soweit der Angeklagte B im Rahmen der Mängelrüge (Z. 5) sinngemäß ausführt, er habe durch den von ihm gegen E geführten Schlag den Zeugen nicht verletzt und hätte daher schon aus diesem Grund (mangels Tatbestandsverwirklichung) vom Anklagevorwurf der schweren Körperverletzung (nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB) freigesprochen werden müssen, macht er der Sache nach den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO geltend, doch schlägt auch diese Rechtsrüge nicht durch:

Die durch eine der im § 83 StGB genannten Tathandlungen bewirkte Körperverletzung wird gemäß § 84 Abs 2 Z. 2 StGB zu einer schweren, wenn die Tat von mindestens drei Personen in verabredeter Verbindung begangen worden ist. Dabei ist nicht erforderlich, daß jeder der Verabredeten unmittelbar an den Angegriffenen Hand anlegt oder selbst an der Tatausführung unmittelbar aktiv mitgewirkt hat; auch wer - wie vorliegend nach den Urteilsannahmen der Angeklagte C (verabredungsgemäß, vgl. hiezu EvBl 1979/146) - durch seine Anwesenheit am Tatort seinen Willen zum allfälligen Eingreifen in den Ereignisablauf ausdrückt, haftet für die Qualifikation nach § 84 Abs 2 Z. 2 StGB, mag er auch im Einzelfall keine unmittelbar zu Verletzungen führenden Aktivitäten gesetzt haben. Jeder Täter haftet für den gesamten aus der gemeinsamen Tätigkeit (am Tatort) hervorgegangenen Erfolg, gleichgültig, wie weit sein unmittelbarer Anteil daran reichen mag (vgl. Leukauf/Steininger Kommentar2 § 84 RN. 11 und die dort zitierte Judikatur). Demgemäß ist es für die rechtliche Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten B als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z. 2 StGB ohne entscheidungswesentliche Bedeutung, ob gerade der von ihm geführte Schlag bei E Verletzungen nach sich gezogen hat, oder ob diese ausschließlich durch die (vorangegangenen) Angriffshandlungen der (in verabredeter Verbindung agierenden) Mitangeklagten D und A bewirkt worden sind. Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte die Angeklagten, Gernot A und Alois D nach § 84 Abs 1 StGB, und zwar Gernot A unter Anwendung des § 37 StGB sowie unter Bedachtnahme auf § 11 JGG. zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 180 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, Alois D zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten, ferner Anton B nach §§ 28, 164 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten und Gerhard C gemäß §§ 28, 129 StGB zu einer solchen in der Dauer von 15 Monaten. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend bei den Angeklagten A und D keinen Umstand, bei den Angeklagten B und C die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art sowie je eine einschlägige Vorstrafe; als mildernd nahm es hingegen an: beim Angeklagten A das reumütige Geständnis, wodurch er wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug sowie die durch Alkoholkonsum herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit, beim Angeklagten D das Alter von unter 21 Jahren, das reumütige Geständnis, durch das auch er wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug sowie die durch Alkoholkonsum herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit, beim Angeklagten B das Alter von unter 21 Jahren, das reumütige Geständnis in weiten Teilbereichen, wobei er durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug sowie (beim Vergehen nach § 83 f. StGB) die durch Alkoholkonsum herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit und schließlich beim Angeklagten C den Umstand, daß er die strafbaren Handlungen nach Vollendung des 18., jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahres begangen hat, ferner sein reumütiges Geständnis in weiten Teilbereichen, welches wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug und die (bei der Körperverletzung) durch Alkoholkonsum herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten D, B und C eine Herabsetzung der Freiheitsstrafen an, während die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung bei diesen Angeklagten eine Erhöhung des Strafmaßes und beim Angeklagten A die Ausschaltung des § 37 StGB begehrt. Der Angeklagte D strebt mit seiner Berufung außerdem noch die Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs 1 StGB an. Sämtlichen Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Daß es hiebei Milderungsgründe übersehen oder Erschwerungsumstände zu Unrecht herangezogen habe, wird von den Angeklagten D, B und C nicht einmal behauptet.

Es vermag aber auch die Staatsanwaltschaft keine Umstände von solchem Gewicht aufzuzeigen, daß sie eine Änderung des Strafmaßes (nach oben) rechtfertigen könnte.

Ihr ist zwar zuzugeben, daß der dem Angeklagten C beim Diebstahl angelastete (hohe) Wert der Diebsbeute von (zumindest) 86.000 S im Hinblick auf die Annäherung dieses Betrages an die strafsatzändernde Qualifikation des § 128 Abs 2 StGB als weiterer Erschwerungsgrund anzulasten gewesen wäre. Demgegenüber darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die (Vor-)Verurteilung dieses Angeklagten wegen Diebstahls aus dem Jahr 1978 (zum AZ. 3 Vr 1382/77 des Jugendgerichtshofes Wien) - wie sich aus der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft ergibt - (gemäß § 3 Abs 1 Z. 1 TilgG.) bereits getilgt wurde, sodaß insoweit der Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB zum Tragen kommt. Bei sachgerechtem Abwägen der vorliegenden Strafzumessungsgründe zeigt sich, daß die vom Erstgericht über die Angeklagten verhängten Strafen ihrer tat- und persönlichkeitsgezogene Schuld (§ 32 StGB) gerecht wird, weshalb zu einer Änderung des Strafmaßes (nach oben oder unten) kein Anlaß bestand.

Unbegründet ist die Berufung des Angeklagten D aber auch, soweit er die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten sechsmonatigen Freiheitsstrafe anstrebt. Hiezu genügt der Hinweis, daß der Berufungswerber in den Jahren 1980 und 1981 (wegen strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen) jeweils zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen (in der Dauer von je 4 Monaten) verurteilt wurde. Berücksichtigt man zudem, daß seit der letzten Verurteilung (am 13. Juli 1981) bis zur nunmehrigen Tatzeit (am 28.August 1981) ein Zeitraum von (bloß) ca. 6 Wochen verstrichen ist, so kann die Gewährung bedingter Strafnachsicht aus Gründen der Spezialprävention nicht (mehr) in Erwägung gezogen werden (§ 43 Abs 1 StGB). Sämtlichen Berufungen mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E04097

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00012.83.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19830317_OGH0002_0120OS00012_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten