TE OGH 1983/4/12 9Os37/83

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Veröffentlicht am 12.04.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Baumgartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Adolf A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 2. Feber 1983, GZ 22 Vr 103/83-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Horak und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13. Dezember 1944 geborene (zuletzt beschäftigungslose) Hilfsarbeiter Adolf A des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Jahre 1981 in Kufstein der Karin B fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich österreichisches und ausländisches Bargeld im Gesamtwert von ca 10.000 S mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und in Innsbruck Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, unterdrückte, indem er sie unberechtigterweise besaß und beabsichtigte, sie zu verkaufen, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar zwischen dem 17. August 1982 und dem 12. November 1982 den Führerschein des Elmar C, zwischen dem 10. November 1982 und dem 11. November 1982 den Reisepaß und den österreichischen Führerschein des Pavo D und vom 23. November 1982 bis zum 24.November 1982 den Führerschein des Roland E sowie den Zulassungsschein und die Steuerkarte für dessen PKW. Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung. Eine überdies angemeldete Berufung wegen Schuld wurde im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zurückgezogen.

Rechtliche Beurteilung

Die Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund erschöpfen sich, soweit sie die zum Schuldspruch wegen Diebstahls erfolgten Feststellungen betreffen, ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach bloß in einer im Rechtsmittelverfahren gegen Schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Bekämpfung der auf einer Gesamtwürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) der Verfahrensergebnisse beruhenden und ausreichend begründeten erstgerichtlichen Beweiswürdigung. Aus dem Umstand, daß sich Karin B, nachdem sie ihre Kellnerbrieftasche vor den Augen des Angeklagten in einer Schublade der Schank verwahrt hatte, in die Küche begab, daß der Angeklagte sodann einige Zeit allein im Lokal zurückblieb, sich in weiterer Folge entfernte, und daß Karin B den Diebstahl schließlich wenig später entdeckte, konnte das Erstgericht die angenommene Täterschaft des Angeklagten durchaus denkrichtig, lebensnah und daher mängelfrei ableiten, zumal es dabei die (allerdings rein theoretische) Möglichkeit, daß während des Aufenthaltes der Karin B in der Küche auch eine dritte Person (von ihr unbemerkt) in die Gaststube gekommen sein könnte und dort aus der in einer Schublade verwahrten Brieftasche Geld gestohlen haben könnte, keineswegs übersah, sondern (in freier Beweiswürdigung) als in höchstem Grade unwahrscheinlich ausschloß. Von einer - wie der Beschwerdeführer vermeint - 'Aktenwidrigkeit' dieser Schlußfolgerung kann schon deshalb keine Rede sein, weil Aktenwidrigkeiten im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO die (hier gar nicht erfolgte) unrichtige Wiedergabe (Zitierung) einer Aussage (oder eines anderen Beweismittels) voraussetzen würden, wogegen eine Schlußfolgerung zwar den Denkgesetzen widersprechen und unter Umständen von aktenwidrigen Prämissen ausgehen könnte, schon ihrer Natur nach aber nie selbst 'aktenwidrig' sein kann.

In weiterer Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung, daß sich sein Vorsatz im Zusammenhang mit der ihm angelasteten Urkundenunterdrückung auch darauf erstreckte, zu verhindern, daß die jeweiligen Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden. Das Erstgericht hatte einen solchen Vorsatz des Angeklagten insbesondere deshalb angenommen, weil es zu der überzeugung gekommen war, daß er die Urkunden verkaufen wollte.

Der Beschwerdeführer, der insoweit der Sache nach (auch) den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO geltend macht, vertritt demgegenüber die Ansicht, aus dem beabsichtigten Verkauf der betreffenden Urkunden könne keineswegs zwanglos auf einen Gebrauchsverhinderungsvorsatz geschlossen werden, weil derartige Dokumente erfahrungsgemäß leicht nachzubeschaffen seien und er daher annehmen konnte, die Berechtigten hätten längst entsprechende Duplikate in Gebrauch.

Auch diese (Rechts-)Meinung des Beschwerdeführers geht fehl: Die Bestimmung des § 229 Abs. 1 StGB pönalisiert nämlich nicht die Hinderung an der Rechtsausübung, sondern jene am Urkundengebrauch, sodaß allfällige Erwägungen des Täters darüber, daß der Geschädigte in Form eines Duplikats leicht eine neue (also andere) Urkunde erlangen könne, an der subjektiven Tatseite in bezug auf die das Tatobjekt bildende Urkunde nichts zu ändern vermögen (vgl ÖJZ-LSK 1982/

111 = EvBl 1982/191; RZ 1982/29 ua). Da zudem zum Vergehen der Urkundenunterdrückung - ohne daß darüber hinaus ein spezieller Gebrauchsverhinderungsvorsatz erforderlich wäre -

bereits das Begleitwissen (Mitbewußtsein) des Täters, die Urkunde ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zu entziehen, genügt (vgl ÖJZ-LSK 1980/107 = ZVR 1980/243, mit zust. Anmerkung von Kienapfel; ÖJZ-LSK 1981/1 = EvBl 1981/106;

ÖJZ-LSK 1982/177; Kienapfel in WK, § 229, RN 31), erweist sich daher die bemängelte Feststellung sowohl aus tatsächlicher wie auch aus rechtlicher Sicht als einwandfrei.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der mit seinem übrigen, dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO zugeordneten Vorbringen eine gesetzmäßige Darstellung der Rechtsrüge vermissen läßt, weil er nicht in der bei Ausführung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe gebotenen Weise an den Urteilsfeststellungen (die mit dem darauf angewendeten Gesetz verglichen werden sollten) festhält, sondern diese unter teilweiser Wiederholung seiner bereits mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO erhobenen (aber nicht stichhältigen) Einwände nach Art einer Schuldberufung nur durch für ihn günstigere (auf anderen tatsächlichen, nicht rechtlichen Schlüssen beruhende) Tatsachenannahmen ersetzt sehen will, war mithin zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 128 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen zweier Vergehen als erschwerend und ein Teilgeständnis als mildernd. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Wohl kommt dem Angeklagten auch der Milderungsgrund der Z 9 des § 34 StGB zugute, weil die Bestohlene eine einigermaßen sichere Verwahrung des Geldes unterließ und ersichtlich gerade dadurch beim Angeklagten den Tatentschluß hervorrief. Andrerseits unterließ das Erstgericht aber auch, dem Angeklagten die Wiederholung der Urkundenunterdrückungen als erschwerend zuzurechnen. Von den vom Erstgericht festgestellten und den solcherart ergänzten Strafzumessungsgründen ausgehend erscheint vor allem im Hinblick auf das erheblich getrübte Vorleben des Angeklagten und die für die Bestohlene spürbare Vermögensschädigung das vom Erstgericht gewählte Strafausmaß im Ergebnis der Schuld des Täters und dem Unrechtsgehalt der Taten angemessen. Zu einer Herabsetzung besteht kein Anlaß. Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04142

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00037.83.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19830412_OGH0002_0090OS00037_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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