TE OGH 1983/4/26 10Os41/83

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Veröffentlicht am 26.04.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. April 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Veith als Schriftführer in der Strafsache gegen Hans Jürgen A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z 2, 130 zweiter (richtig: vierter) Fall und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 1. Februar 1983, GZ 19 Vr 3775/82-15, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Verlesung der Rechtsmittelschriften und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik - zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in den Aussprüchen, die Taten seien (jeweils) 'durch Öffnen eines Behältnisses mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug' ausgeführt und der vom Angeklagten in der Absicht, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, verübte Diebstahl sei (dementsprechend) 'durch Einbruch' begangen worden, ferner in der darauf beruhenden Unterstellung der Taten auch unter §§ 129 Z 2, 130 zweiter (gemeint: vierter) Fall StGB, im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) sowie in dem 1.000 S übersteigenden Zuspruch eines Entschädigungsbetrages an die Republik Österreich (Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg) aufgehoben und in diesem Umfang nach § 288 Abs. 2 Z 3 StPO 1. in der Sache selbst dahin erkannt, daß Hans Jürgen A durch die ihm nach dem aufrecht gebliebenen Teil des Schuldspruchs zur Last fallenden Taten (unbeschadet der außerdem notwendigen Verfahrenserneuerung laut Pkt 2. jedenfalls) das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 130 erster Fall StGB begangen hat, sowie 2. die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung über den von der Anklage umfaßten Vorwurf der Sachbeschädigung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hans Jürgen A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen (im Urteil irrig auch: 'schweren') Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z 2, 130 zweiter Fall (gemeint: vierter Fall = zweiter Strafsatz) und § 15

StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in der Zeit von Ende Juli bis zum 23. November 1982 in Salzburg in zahlreichen Angriffen ('eine fremde bewegliche Sache' - gemeint:) fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert (zu ergänzen: und zwar Münzgeld im Betrag von ca 1.000 S) unbekannten Geschädigten (richtig: der Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg) durch Blockieren der Geldeinwurföffnungen von Fernsprechautomaten mittels Papier oder mittels eines Messers sowie durch Durchstoßen (gemeint: Freimachen) des Münzprüfers mit einem Messer oder Draht, wodurch eingeworfene Münzen in den Geldrückgabekanal fielen, sohin durch Öffnen eines Behältnisses mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug wegnahm, wobei er (den Diebstahl - gemeint:) die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der (Tat

-

richtig:) Taten eine fortlaufende Einnahme(quelle) zu verschaffen, und die (Tat - richtig:) Taten in einzelnen Fällen beim Versuch geblieben (ist) sind.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z 10 sowie 'hilfsweise' auch auf 'Z 9' und Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu.

Beizupflichten ist dem Beschwerdeführer darin (Z 10), daß er mit den ihm zur Last fallenden Manipulationen die Fernsprechautomaten als Behältnisse (im Sinn des § 129 Z 2 StGB) weder 'geöffnet', wie das Erstgericht annahm, noch 'aufgebrochen' hat, wie die Generalprokuratur vermeint. Denn nach den darauf bezogenen Urteilsfeststellungen hat er jeweils bloß eine (durch das Hineinschieben von Papier in den Einwurfschlitz im Münzschacht) von ihm selbst geschaffene Vorrichtung - die das Hineinfallen der von den Fernsprechinteressenten eingeworfenen Münzen zunächst in den Münzprüfer (sowie in weiterer Folge im Fall einer Betätigung des Zahlknopfs zwecks Herstellung der gewünschten Gesprächsverbindung in den Münzbehälter des Automaten) und sodann (nach dem auf das tatbedingte Nichtbetätigen des Zahlknopfes folgenden Einhängen des Hörers) in die Geldrückgabetrommel, sohin in eine bereits vorhandene Öffnung des Automaten, verhinderte - wieder außer Funktion gesetzt, indem er die durch das Papier blockierten Münzen mittels eines Messers, einer Nagelfeile oder eines Drahtes durch den Münzprüfer in den Rückgabeschacht stieß (S 92, 94 f.). Damit hat er aber weder eine am Automaten vorhandene Sperrvorrichtung (funktionsgerecht, also ohne Gewalt, jedoch mit einem nicht dazu bestimmten Werkzeug) 'geöffnet' noch eine solche Vorrichtung (funktionswidrig, also gewaltsam) oder das Behältnis selbst (durch das gewaltsame Herstellen einer neuen Öffnung) 'aufgebrochen', sondern lediglich im Weg einer (zwar seinerzeit durch § 174 I lit d StG sanktioniert gewesenen, jedoch nunmehr) durch § 129 Z 2

StGB nicht erfaßten Manipulation die zur Ermöglichung einer späteren Wegnahme der eingeworfenen Münzen von ihm selbst vorübergehend angebrachten Hindernisse gegen die ordnungsgemäße Funktion einer bereits vorhanden gewesenen Öffnung in einem Behältnis, nämlich des Geldrückgabekanals, wieder beseitigt; solcherart hat er daher bloß die für den Fall der Nichterbringung der vom Benützer angestrebten Leistung des Automaten ohnehin vorgesehene Freigabe der Münzen verzögert, also nicht einmal - wie beim Herausangeln von Münzen, welches nichtsdestoweniger zur Verwirklichung der in Rede stehenden Qualifikation gleichfalls nicht ausreicht (vgl ÖJZ-LSK 1977/294) - die Schutzfunktion des Behältnisses umgangen.

Nichts anderes gilt auch für das Durchstoßen (besser: 'Nachstoßen' - vgl S 73, 76) der Münzen in jenen Fällen, in denen der Münzprüfer - ohne daß dies in den Entscheidungsgründen erwähnt würde, durch dessen Auseinanderzwängen (S 45) - vorher vom Angeklagten 'mittels eines Messers' (Urteilstenor, S 90) und nicht durch das Einschieben von Papier blockiert worden war. Daß von einem gewaltsamen 'Durchstoßen des Münzprüfers', wovon die Generalprokuratur bei der Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens als 'Aufbrechen' eines Behältnisses ausgeht, in dem Sinn, daß dabei dieses aus zwei Metallplatten bestehende Gerät (vgl abermals S 45) als solches durchgestoßen worden wäre, um die blockierten Münzen in den Rückgabeschacht gelangen zu lassen, nach dem Sinn der Entscheidungsgründe (ungeachtet dahingehend mißverständlicher Formulierungen - S 90, 92, 94 f.) keine Rede sein kann, ist - wie zur Klarstellung bemerkt sei - schon aus der Art der festgestellten, mit einem Messer, einer Nagelfeile oder einem Draht vorgenommenen raschen Manipulationen sowie aus jenen völlig eindeutigen Verfahrensergebnissen, die diesen Konstatierungen zugrundeliegen (vgl S 18, 19, 21, 30, 35, 45), unschwer zu entnehmen.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher die vom Beschwerdeführer zu Recht bekämpfte Einbruchs-Qualifikation nach § 129 Z 2 StGB aus dem angefochtenen Urteil (durch Aufhebung) auszuschalten, ohne daß es einer Erörterung des dazu erstatteten weiteren Beschwerdevorbringens bedarf; demgemäß war auch die darauf beruhende Unterstellung der angenommenen Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle unter den zweiten (der Sache nach gemeint: vierten) Fall (= zweiter Strafsatz) anstatt unter den (zur Anwendung des ersten Strafsatzes führenden) ersten Fall des § 130

StGB wie im Spruch zu korrigieren.

Durch die Ausschaltung der bezeichneten Qualifikation wird allerdings der (im Anklagesubstrat enthaltene, ansonsten durch diese Qualifikation konsumierte, vergleichsweise weniger schwer wiegende) Vorwurf einer vorsätzlichen Sachbeschädigung an den Telephonautomaten (§§ 125, 126 Z 5 StGB) aktuell (vgl hiezu S 76, 92), zu dem das Urteil jedoch weder in bezug auf die subjektive Tatseite noch hinsichtlich der zurechenbaren Schadenshöhe ausreichende Feststellungen enthält; in Ansehung jenes Anklagevorwurfs und dementsprechend auch bezüglich des Strafausspruchs ist deshalb eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, desgleichen teilweise auch hinsichtlich des Zuspruches eines Entschädigungsbetrages an die Privatbeteiligte, der nunmehr - nach dem Wegfall der Qualifikation nach § 129 Z 2 StGB - in Ansehung des durch die Sachbeschädigung entstandenen Schadens nicht mehr auf den Schuldspruch wegen Diebstahl gestützt werden kann.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte darauf zu verweisen.

Die gegen die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit der Taten (§§ 70, 130 StGB) überhaupt erhobenen Beschwerdeeinwände dagegen sind verfehlt. Soweit der Angeklagte damit im Tatsächlichen gegen die aus seinem deliktischen Gesamtverhalten im Tatzeitraum gezogene Schlußfolgerung des Erstgerichts auf seine Absicht remonstriert, sich durch die wiederkehrende Begehung der ihm zur Last fallenden Diebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, geht er nämlich zum einen mit der Prämisse, daß er zwischen Juli und Oktober 1982 keine derartigen Straftaten begangen habe, nicht vom Urteilssachverhalt aus, und zum anderen ficht er mit der Bezugnahme auf das Mißverhältnis zwischen der Höhe seiner redlich erworbenen Einkünfte und jener aus den Münzdiebstählen während des größten Teiles des Tatzeitraums nur unzulässigerweise die Schöffengerichtliche Beweiswürdigung an, ohne formelle Begründungsmängel des Urteils im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zu behaupten; solcherart bringt er daher diesen (mit dem erörterten Vorbringen der Sache nach reklamierten) Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Mit dem weiteren Hinweis darauf aber, daß er durch die inkriminierten Diebstähle im Verlauf von vier Monaten tatsächlich nur durchschnittliche Einkünfte von monatlich 250 S erzielt hat, vermag er - zumal unter Bedacht darauf, daß es in einer Reihe von Fällen beim Versuch geblieben ist und daß er mit seinen Taten (insbesondere in der letzten Phase) auf die Erzielung eines größtmöglichen Gewinnes abgezielt hatte - in rechtlicher Hinsicht (sachlich Z 11) die Annahme, daß jedenfalls seine Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) darauf gerichtet war, sich durch die Diebstähle eine die Bagatellgrenze übersteigende fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht in Frage zu stellen.

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde demnach zu verwerfen.

Anmerkung

E04139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00041.83.0426.000

Dokumentnummer

JJT_19830426_OGH0002_0100OS00041_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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