TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/25 2004/09/0030

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Veröffentlicht am 25.05.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs5 idF 2002/I/126;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der F GmbH in W, vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in 7540 Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. Februar 2004, Zl. 3/13113/233 8283, betreffend Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 10. Dezember 2003 (eingelangt bei der Behörde erster Instanz am 17. Dezember 2003) beantragte die beschwerdeführende Partei für die weißrussische Staatsangehörige V gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG die Zulassung als Schlüsselkraft in ihrem Unternehmen für die beabsichtigte Betätigung als Handelsagentin.

Im Antrag wurde als erlernter Beruf der beantragten Ausländerin "Studium der internat. Wirtsch. Beziehung", als zuletzt ausgeübter Beruf "Handelskaufmann, Unternehmensrechnung" sowie als besondere Kenntnis und Berufserfahrung "Englisch, Praxis Handel" angegeben.

Begründet wurde der Antrag im Wesentlichen damit, die beantragte Ausländerin habe Kenntnis der Firmen, Personen und Gesetzesbestimmungen sowie wirtschaftliches Wissen in und zwischen den Ländern der geschäftlichen Aktivitäten des Unternehmens der beschwerdeführenden Partei. Sie habe Sprachkenntnisse, insbesondere in Weißrussisch und Englisch. In dem dem Antrag beigeschlossenen Beiblatt für Arbeitgeber wurde weiters angegeben, die beschwerdeführende Partei führe ein Handelsunternehmen für "Anlagenbauunterstützung". Die beantragte Schlüsselkraft würde für die Durchführung von Rohmaterialhandel inklusive Transportabwicklung in und zwischen russischen Nachfolgestaaten benötigt. Es sei eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und eine Entlohnung von 2.100 EUR brutto pro Monat bei einer Arbeitszeit von Montag bis Freitag von 8.00 bis 17.00 Uhr bzw. je nach Zeitzone der Partner vorgesehen. Als spezielle Kenntnisse oder Ausbildung wurde "Kenntnis des Unternehmens, rechtliche Vorgaben und der Sprache" angegeben. Als Qualifikationsnachweis für die beantragte Tätigkeit wurde ein Diplom der Akademie für Management des Präsidenten von Weißrussland (B) über die Absolvierung eines Studiums im Fachgebiet "Internationale Wirtschaftsbeziehungen" vorgelegt. Die Vermittlung von Ersatzkräften war nicht erwünscht, weil die Kenntnis der geschäftlichen Tätigkeit, vor allem der persönliche Zugang zu den wichtigsten Partnern in B als erforderlich erachtet wurde und bereits eine Zusammenarbeit und Unterstützung bei bisherigen Geschäften erfolgt sei. In einem Zusatz wurde auf die "extreme" Wichtigkeit persönlicher Beziehungen (gemeint: zu den ausländischen Geschäftspartnern) hingewiesen.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice W vom 23. Jänner 2004 wurde dieser Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, im Ermittlungsverfahren hätten keine der in § 2 Abs. 5 AuslBG genannten Voraussetzungen festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, weil der Inhalt des Spruches des bekämpften Bescheides objektiv unrichtig sei. Als Voraussetzungen (gemeint: für die Zulassung als Schlüsselkraft) seien fünf Punkte angeführt, die jeweils mit dem Wort "oder" verbunden seien, und somit alternativ zu gelten hätten. Die Feststellung, keine der Voraussetzungen habe festgestellt werden können, sei unrichtig, da beispielsweise der Punkt 5 (gemeint: § 2 Abs. 5 Z. 5) im Antrag als erfüllt nachgewiesen worden sei, da die beantragte Ausländerin über einen Hochschulabschluss verfüge. Gleichzeitig wurde "im Bedarfsfall" um die Einräumung eines persönlichen Parteiengehörs ersucht. Ergänzend verwies die beschwerdeführende Partei darauf, dass der Vermittlung einer Ersatzkraft schon zugestimmt würde, "jedoch unter einer Bedingung, die keine andere Person erfüllen kann". Neben allen sprachlichen und fachlichen Kenntnissen seien nämlich auch persönliche Beziehungen erforderlich, die nur die beantragte Ausländerin habe. Bringe eine Ersatzkraft diese Voraussetzungen mit, sei die beschwerdeführende Partei bereit, diese zu beschäftigen.

Des Weiteren verwies die beschwerdeführende Partei darauf, dass ihr Unternehmen seit mehr als elf Jahren in Russland Geschäfte mache und die Gewinne in Österreich versteuere, sowie darauf, dass der gesamte Verwaltungsaufwand in Österreich getätigt werde und etwa im Jahre 2003 24 LKW-Ladungen von Österreich aus nach M geliefert worden seien. Derzeit seien drei Voll- und eine Teilzeitkraft (im Unternehmen) beschäftigt. Könnten die Geschäfte nicht abgewickelt werden, so habe dies die Unternehmensschließung zur Folge. Für die konkrete Tätigkeit sei ab 1. Jänner 2004 ein Rahmenvertrag über Rohmateriallieferungen abgeschlossen worden, und hätte es Aufgabe der beantragten Ausländerin sein sollen, diese Verpflichtung zu erfüllen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 20. Februar 2004 gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 2 Abs. 5 AuslBG keine Folge.

Nach Wiedergabe dieser Gesetzesbestimmung und Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, bei der vorgesehenen Verwendung der beantragten Ausländerin zur Durchführung von Rohmaterialienhandel inklusive Transportabwicklung in und zwischen russischen Nachfolgestaaten handle es sich - auch wenn ein entsprechender Bedarf von Seiten der beschwerdeführenden Partei bestehe - nicht um eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung und sie verfüge nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens auch über keine speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung. Damit sei die Bedingung des § 2 Abs. 5 AuslBG für die Zulassung der beantragten Ausländerin als Schlüsselkraft zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht gegeben. Auf Grund dieses Sachverhaltes habe sich bereits die Prüfung, ob eine der in den Z. 1 bis 5 des § 2 Abs. 5 AuslBG genannten zusätzlichen Voraussetzungen im gegenständlichen Verfahren, wie behauptet, vorliege erübrigt. Die nunmehr - allerdings mit Vorbehalt - zum Ausdruck gebrachte Bereitschaft, einer Ersatzkraftstellung zuzustimmen, könne entgegen der Bestimmung des § 2 Abs. 5 AuslBG nicht zur Zulassung der gewünschten Ausländerin als Schlüsselkraft führen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde wiederholt die beschwerdeführende Partei, die Rechtsmittelbehörde hätte feststellen müssen, dass der (im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene) Satz der Bescheidbegründung nicht ausreichend und in sich objektiv unrichtig gewesen sei. Die Berufungsbehörde habe kein entsprechendes Ermittlungsverfahren durchgeführt; aus Sicht der beschwerdeführenden Partei liege auch hier eine falsche Entscheidung vor. Die speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung seien vorhanden und für das Geschäft unabdingbar; die Entlohnung erfolge im Sinne der gesetzlichen Vorgaben. Die am Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung sei von dem zweiten Satzteil im ersten Satz des § 2 Abs. 5 AuslBG durch ein "oder" getrennt und müsse somit nicht kumulativ vorhanden sein. Die geforderten Voraussetzungen seien mehr als gegeben, zumal die beantragte Ausländerin im Sinne etwa des § 2 Abs. 5 Z. 5 AuslBG über einen Hochschulabschluss verfüge. Es sei im erst- und im zweitinstanzlichen Bescheid auf Grund unterschiedlicher Gesetzesstellen argumentiert worden, sodass der beschwerdeführenden Partei der Rechtsmittelweg abgekürzt worden sei. Es sei ihr auch in keiner Phase des Verwaltungsverfahrens Parteiengehör gewährt worden, obwohl eine unbedingte Notwendigkeit dazu im Sinne der Rechtsfindung bestanden hätte.

Gemäß § 2 Abs. 5 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, gelten als Schlüsselkräfte Ausländer, die über eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen und für die beabsichtigte Beschäftigung eine monatliche Bruttoentlohnung erhalten, die durchwegs mindestens 60 v.H. der Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 und 3 des ASVG zuzüglich Sonderzahlungen zu betragen hat. Überdies muss mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. die beabsichtigte Beschäftigung hat eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt, oder

2. die beabsichtigte Beschäftigung trägt zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei, oder

3. der Ausländer übt einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) aus, oder

4. die beabsichtigte Beschäftigung hat einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge, oder

5. der Ausländer verfügt über einen Abschluss einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung oder einer sonstigen fachlich besonders anerkannten Ausbildung.

Die Behörde erster Instanz hatte bereits - ohne in die Prüfung der in den § 2 Abs. 5 Z. 1 bis 5 AuslBG genannten speziellen Voraussetzungen einzugehen - das Nichtvorliegen der allgemeinen im ersten Satz dieser Gesetzesbestimmung enthaltenen Voraussetzungen, nämlich

a) eine am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung, oder

b) spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung,

als nicht vorliegend erachtet. Auf Grund der Angaben im Antrag kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Behörde eine besondere, am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung (im Sinne der obigen lit. a) als nicht vorliegend erachtet hat, da - was die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift aufzeigt - nach der offiziellen Statistik Absolventen der Wirtschaftsuniversität auch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides arbeitslos gemeldet waren.

Als spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten wurden im Antrag die "Kenntnis des Unternehmens, rechtliche Vorgaben, Sprache" angegeben. Die damit verbundene ebenso geforderte berufliche Erfahrung hingegen wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht näher dargestellt. Konkretere Angaben hierüber hat die beschwerdeführende Partei weder im Antrag noch in der Berufung oder in der Beschwerde gemacht. Es ist aber grundsätzlich Sache der Partei, die anspruchsbegründenden Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Dies gilt auch im Verfahren nach § 2 Abs. 5 AuslBG. In der Wertung der belangten Behörde, nach der Aktenlage könne das Vorliegen einer der beiden allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 AuslBG nicht als vorliegend erkannt werden, kann daher keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.

Insoweit die beschwerdeführende Partei es als Verfahrensmangel rügt, die belangte Behörde habe das Recht auf Parteiengehör dadurch verletzt, dass sie lediglich nach der Aktenlage entschieden habe, ist darauf zu verweisen, dass die Behörden die Entscheidung über einen gestellten Antrag grundsätzlich auf Grund seines Inhaltes zu beurteilen haben. Darin, dass die belangte Behörde (lediglich) von den Angaben im Antrag ausgegangen ist, liegt daher keine Rechtswidrigkeit.

Auch eine Verletzung des Parteiengehörs liegt nicht vor, da es der beschwerdeführenden Partei freigestanden wäre, sowohl im Antrag als auch noch in der Berufung alles vorzutragen, was der Durchsetzung ihres Antrages dienlich hätte sein können. Der Pflicht der Behörde zur amtswegigen Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes ist die Mitwirkungspflicht der Partei gegenübergestellt, der insbesondere dort Gewicht zukommt, wo die Behörde nicht ermitteln kann, der Partei aber in jedem Falle bessere Kenntnis der Sachlage zuzumuten ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2004, Zl. 2002/06/0214, und vom 25. Februar 2004, Zl. 2002/03/0273).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Mai 2005

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090030.X00

Im RIS seit

03.07.2005

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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