Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr.Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Preiß als Schriftführer in der Strafsache gegen Dipl. Ing. Peter Wilhelm A und Johann B wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten, die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten B sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft Wien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Juni 1982, GZ 1 b Vr 9781/81-37, zu Recht erkannt:
Spruch
Den Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil zur Gänze - auch im Erkenntnis über den Verfallsersatz gemäß § 20 Abs. 2 StGB -
aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Demgemäß werden sowohl die Staatsanwaltschaft mit ihren - in Ansehung beider Angeklagten erhobenen - Rechtsmitteln (der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung) als auch der Angeklagte B mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24. Jänner 1945 geborene
Bundesbeamte Dipl. Ing. Peter Wilhelm A sowie der am 25. April 1932
geborene Vertragsbedienstete Johann B, beide in der
Bundesgebäudeverwaltung I in Wien tätig, des Vergehens der
Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB schuldig
erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben sie in Wien als
Beamte, nämlich Dipl. Ing. Peter Wilhelm A als leitendes
Bauaufsichtsorgan der Bundesgebäudeverwaltung I, Abteilung II/8 a
(Hochschulgebäude) und Johann B als Vertragsbediensteter der
Bundesgebäudeverwaltung I für die pflichtgemäße Vornahme von
Amtsgeschäften von Margarethe C Vermögensvorteile angenommen und
zwar A/ Dipl. Ing. Peter Wilhelm A 1. am 30. November 1977 ......
5.700 S, 2. am 5. Dezember 1978 ....... 8.700 S;
B/ Johann B 1. am 3. August 1978 ......... 1.000 S;
2. am 21. Juni 1979 .......... 500 S;
3. am 11. Sepemteber1979 ..... 3.000 S.
Die Angeklagten wurden hiefür unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu Geldstrafen verurteilt. Ein Antrag der Staatsanwaltschaft, die Angeklagten gemäß § 20 Abs. 2
StGB zur Zahlung eines Geldbetrages, der dem Wert der Zuwendungen entspricht, zu verurteilen, wurde abgewiesen.
Gegen den Schuldspruch erhoben beide Angeklagten Nichtigkeitsbeschwerde; die Staatsanwaltschaft ergriff dieses Rechtsmittel - in Ansehung beider Angeklagten - wegen der Abweisung ihres auf § 20 Abs. 2 StGB gegründeten Verfallsersatzbegehrens. Der Angeklagte B führte überdies die von ihm angemeldete Berufung gegen den Strafausspruch aus.
Rechtliche Beurteilung
Den Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten gegen ihre Schuldsprüche kommt insoferne Berechtigung zu, als Feststellungsmängel in Ansehung der subjektiven Tatseite releviert werden.
Des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB - der Geschenkannahme in Amtssachen im engeren Sinn - macht sich jener Beamte schuldig, der für die pflichtgemäße Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäftes von einem anderen für sich oder einen Dritten einen Vermögensvorteil fordert, annimmt oder sich versprechen läßt; die Geschenkannahme erfolgt somit dafür, daß der Beamte seine Amtsgeschäfte pflichtgemäß ausführe. Bezüglich der inneren Tatseite ist Vorsatz erforderlich; allerdings genügt dolus eventualis.
Das Erstgericht stützte den Schuldspruch auf zwei Kassenbücher der Firma C, aus denen sich nach den von den Angeklagten allerdings ebenfalls bekämpften Urteilsannahmen die oben wiedergegebenen Zahlungen an die beiden Angeklagten ergeben; weiters auf Angaben der Margarethe C vor dem damaligen Sekretär des Bundesministers für Justiz, D, vor welchem sie die im Kassenbuch angeführten Zahlungen zwar bestätigte, gleichzeitig jedoch ankündigte, sie werde im Falle der Einleitung eines behördlichen Verfahrens die Richtigkeit dieser Aufzeichnungen in Abrede stellen, was anläßlich einer Befragung durch die Wirtschaftspolizei tatsächlich geschah. Gerichtlich konnte Margarethe C als Zeugin (bisher) nicht vernommen werden, weil sie nach der Aktenlage an einer Geisteskrankheit leidet und deswegen nicht vernehmungsfähig ist.
Das Erstgericht setzte sich in den Urteilsgründen lediglich mit jenen Motiven auseinander, welche C zur Leistung der tatgegenständlichen Zahlungen veranlaßt haben könnten. Zutreffend verweisen beide Angeklagten aber darauf, daß dem Ersturteil überhaupt keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu entnehmen sind, wobei der Angeklagte B - erkennbar unter Bezugnahme auf seine Funktion bei der Bundesgebäudeverwaltung I, derzufolge er in Ansehung der Margarethe C keinerlei dispositive oder vorbereitende Amtsgeschäfte vorzunehmen hatte - dem noch hinzufügt, daß eine Zahlung an ihn, soferne eine solche überhaupt erfolgt sein sollte, 'schlimmstenfalls' anläßlich einer Amtstätigkeit, keineswegs aber für diese erfolgt sein könne. Da sich demnach schon bei einer nichtöffentlichen Beratung über die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung zufolge dieses - wesentliche Umstände betreffenden - Feststellungsmangels nicht zu vermeiden ist, eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aber noch nicht einzutreten hat, war gemäß § 285 e StPO bereits aus diesen Erwägungen mit einer Aufhebung beider Schuldsprüche sowie der darauf beruhenden Strafaussprüche vorzugehen, ohne daß es eines Eingehens auf die übrigen Beschwerdeausführungen bedurft hätte. Gleichermaßen mußte aber auch jener Ausspruch des Erstgerichtes aufgehoben werden, mit dem der Antrag der Staatsanwaltschaft, die beiden Angklagten gemäß § 20 Abs. 2 StGB zur Bezahlung eines Geldbetrages zu verurteilen, der dem Wert der Zuwendungen entspricht, abgewiesen wurde. Denn beim Verfallsausspruch (bzw Verfallsersatzausspruch) nach § 20 StGB handelt es sich um eine Nebenstrafe, welche einen aufrechten Strafausspruch voraussetzt (Platzgummer, Wiener Kommentar, RZ 4 zu § 20 StGB; Leukauf-Steininger, RN 11 zu § 20 StGB ua). Da vorliegend nun in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der beiden Angeklagten die Schuldsprüche und die darauf gegründeten Strafaussprüche aufgehoben werden mußten, kann auch eine - sei es stattgebende, sei es abweisende - Entscheidung über einen Verfalls- oder Verfallsersatzantrag der Staatsanwaltschaft für sich allein nicht bestehen bleiben. Sie mußte daher ebenfalls schon aus formellen Gründen mit aufgehoben und die Staatsanwaltschaft mit ihrer dagegen gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung verwiesen werden. Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte B und die Staatsanwaltschaft (in Ansehung beider Angeklagten) auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht allerdings für den Fall eines neuerlichen Schuldspruchs der beiden Angeklagten davon auszugehen haben, daß der Verfall eines Geschenkes oder einer anderen Zuwendung von Geldeswert (§ 20 Abs. 1 StGB) oder eines Wertersatzes hiefür (§ 20 Abs. 2 StGB) nicht nur bei der Entgegennahme durch den Täter für eine strafbare Handlung, sondern auch dann auszusprechen ist, wenn das strafbare Verhalten - wie vorliegend im Falle des § 304 StGB - in der Annahme einer Geldzuwendung selbst besteht (EvBl 1981/13 = JBl 1981, 160; 12 Os 109/82; 12 Os 116/82; 13 Os 128/82 ua). Schließlich wird im fortgesetzten Verfahren allenfalls auch zu prüfen sein, in welchen Umständen vorliegend die Voraussetzungen für die Annahme einer objektiven Konnexität - welche gemäß § 56 Abs. 1 StPO zur gemeinsamen Verfahrensführung gegen beide Angeklagten berechtigt - zu erblicken sind.
Anmerkung
E04191European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00177.82.0518.000Dokumentnummer
JJT_19830518_OGH0002_0100OS00177_8200000_000