TE OGH 1983/5/31 10Os80/83

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Veröffentlicht am 31.05.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr.Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kalivoda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kajetan A und Leopoldine A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Kajetan A sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 11. November 1982, GZ 11 b Vr 276/80-190, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, Kajetan A habe die ihm zur Last fallenden schweren Betrügereien in der Absicht begangen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in der darauf beruhenden Unterstellung dieser sowie nach § 290 Abs. 1 StPO auch der von Leopoldine A verübten Taten unter § 148 zweiter Fall StGB und im (gesamten) Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs nach § 38 StGB) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Kajetan A und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten auf die Aufhebung des Strafausspruchs verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Kajetan A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderem Kajetan A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: des gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach §§ 146, 147

Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt; darnach liegt ihm zur Last, in der Zeit vom 13. Juni 1978 bis Mitte März 1980 in Wien und an anderen Orten mit dem Vorsatz, sich und Leopoldine A (durch das Verhalten der Getäuschten) unrechtmäßig zu bereichern, in insgesamt 12 Fällen Kaufleute oder deren verfügungsberechtigte Vertreter durch Täuschung über Tatsachen teils zu Warenlieferungen und teils zu Leistungen verleitet zu haben, welche die betreffenden Firmen um rund 630.000 S am Vermögen schädigten, indem er sich (neben gesondert angeführten Vorspiegelungen in einzelnen Fakten) jeweils als zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde ausgab sowie geflissentlich verschwieg, daß er bereits hohe Schulden hatte und zahlreiche Exekutionen gegen ihn liefen, und wobei er die schweren Betrügereien in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt teilweise Berechtigung zu.

Unbegründet ist die Verfahrensrüge (Z 4).

Wie durch die vom Beschwerdeführer beantragte Beischaffung einer Reihe von Akten hätte bewiesen werden sollen, daß er zur Zeit der inkriminierten Tathandlungen entgegen den Urteilsfeststellungen doch zahlungsfähig gewesen sei, also bei redlicher Gebarung sämtliche Verbindlichkeiten binnen angemessener Frist hätte begleichen können, ist weder dem Antrag zu entnehmen noch sonst zu erkennen, zumal bestrittene Forderungen in aller Regel als liquide Zahlungsmittel augenscheinlich nicht in Betracht kommen; zum Nachweis anderer, nunmehr in der Beschwerde relevierter Umstände aber wurden diese Beweismittel nicht ins Treffen geführt (S 129/ III). Die dem Schöffengericht durch die Nichterledigung des Antrags unterlaufene Formverletzung (Z 4 erster Fall) konnte mithin, weil ein nach dem Gesagten gerechtfertigt gewesenes abweisendes Zwischenerkenntnis (§ 238 StPO) zu keiner Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Angeklagten geführt hätte, nach Lage des Falles unzweifelhaft keinen ihm nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung üben (§ 281 Abs. 3 StPO).

Die übrigen Beweisanträge des Beschwerdeführers zum selben Thema

aber wurden mit Recht abgewiesen.

Soweit sie auf die Beischaffung von Unterlagen über einen ihm bei der C eingeräumt gewesenen Zessionskredit und auf die Vernehmung des Zeugen Reinhold E abzielten (S 154/III), ließen sie ebenfalls eine Darlegung jener (ohne nähere Begründung keineswegs erkennbaren) Umstände vermissen, auf Grund deren sich aus diesen Beweismitteln Anhaltspunkte für seine Zahlungsfähigkeit im Tatzeitraum hätten ergeben sollen; auch in Ansehung des Kredits hätte es einer derartigen Erläuterung durchaus bedurft, weil sich aus seiner eigenen Verantwortung (vgl insbes S 128, 132/III) in keiner Weise ergibt, daß er diesen nicht ohnehin im Rahmen des Möglichen ausgenützt hätte. Die der Abweisung des Antrags auf Beiziehung eines Buch-Sachverständigen (S 129/III) zugrunde gelegene Ansicht des erkennenden Senats, daß die verfügbar gewesenen Geschäftsunterlagen des Angeklagten zur Erstattung eines zielführenden Gutachtens nicht ausgereicht hätten (S 153 f./III), ist - der Beschwerdeauffassung zuwider - durch das Ergebnis der Gendarmerieerhebungen (S 295/I) vollauf gedeckt.

Die Vernehmung der Zeugen Josef F (in der Rüge unrichtig: 'X') und Renate G schließlich wurde vom Beschwerdeführer gar nicht beantragt, sodaß insoweit schon diese formelle Voraussetzung für eine erfolgreiche Geltendmachung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes nicht vorliegt; die Erklärung des Verteidigers, 'auf die Vernehmung der heute nicht erschienenen Zeugen nicht zu verzichten' (S 153/III), vermochte das in Rede stehende Erfordernis eines darauf abzielenden Antrages nicht zu ersetzen, zumal ihr weder die Identität der damit gemeinten Personen noch ein (auf seine Relevanz überprüfbares) Thema für die gewünschte Vernehmung zu entnehmen war. In bezug auf den schadensqualifizierten Grundtatbestand (§§ 146, 147 Abs. 3 StGB) versagt auch die Mängelrüge (Z 5).

Daß der Angeklagte bei der Firma H (Faktum I. 1.) gleichfalls seine Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit vortäuschte sowie seine hohen Schulden und die Anhängigkeit zahlreicher Exekutionen gegen ihn verschwieg, ist dem Urteil unmißverständlich zu entnehmen (S 162/III); von einer den Inhalt der Täuschung betreffenden Undeutlichkeit kann demnach auch in diesem Fall keine Rede sein. Der auf dem Briefpapier des Beschwerdeführers vermerkte Umstand aber, daß ihm das Management einiger Musikgruppen obliege, wurde ihm ohnehin nicht als Täuschung angelastet; ebensowenig hat das Erstgericht bloß aus der Verwendung jenes Briefpapiers allein abgeleitet, daß er den Eindruck eines seriösen, florierenden Unternehmens zu erwecken versuchte, oder lediglich aus der Nichtbezahlung des Kaufpreises von rund 6.500 S auch schon auf seine bereits damals vorgelegene schlechte finanzielle Situation geschlossen (S 168 f./III).

Mangels jeglicher Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich hinwieder ist jenes Beschwerdevorbringen, mit dem der Angeklagte bezüglich der Feststellungen über seine enorm schlechte wirtschaftliche Lage bei sämtlichen Fakten, 'um Wiederholungen zu vermeiden, auf die bisherigen Ausführungen' verweist; spezieller, im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a, sachlich jedoch ebenfalls Z 5) vermißter Erörterungen darüber, ob auch an seinem - im Urteil (S 176/III) ohnedies berücksichtigten - zweiten Wohnsitz in Retz Exekutionen gegen ihn geführt wurden, bedurfte es in diesem Zusammenhang angesichts seiner konstatierten finanziellen Gesamtsituation jedenfalls nicht.

Unzutreffend ist ferner der Vorwurf einer Aktenwidrigkeit über den Schadenseintritt im Faktum I. 11.; hat doch der Zeuge I im Anschluß an die in der Beschwerde zitierte Äußerung ausdrücklich erklärt, daß der Angeklagte für den Recorder nichts bezahlt hat (S 142/III). Nicht gesetzmäßig ausgeführt schließlich sind die Rechtsrügen (Z 9 lit a und 10).

Denn bei der Behauptung von Feststellungsmängeln darüber, ob er sich zu den Tatzeiten (nicht vielleicht doch) für zahlungsfähig gehalten habe, setzt sich der Beschwerdeführer über die ausdrücklichen gegenteiligen Konstatierungen hinweg, nach denen er seine Zahlungsfähigkeit jeweils mit zumindest bedingtem Vorsatz bloß vortäuschte (S 168 bis 181, 183 bis 191/III); mit seinen (hinsichtlich des behaupteten Fehlens 'geeigneter' Feststellungen unsubstantiierten) Argumenten gegen die solcherart konstatierte Annahme vorsätzlicher Täuschungshandlungen hingegen ficht er - ohne formelle Begründungsmängel des Urteils (Z 5) geltend zu machen - nach Art und Zielsetzung einer im Schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung nur unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an. Soweit sie gegen den Schuldspruch wegen schweren Betruges (§§ 146, 147 Abs. 3 StGB) gerichtet ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde demzufolge nach Anhörung der Generalprokuratur teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs. 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Mit Recht dagegen bemängelt der Angeklagte (Z 5), daß das angefochtene Urteil in Ansehung der Feststellung seiner Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB), sich durch die wiederkehrende Begehung der schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (S 162, 192/III und sinngemäß, allerdings nur mit Bezug auf die Fakten I. 2. bis 12., wohl auch S 170/III), jeglicher Begründung - die noch dazu einer denkfolgerichtigen und mit allgemeiner Lebenserfahrung im Einklang stehenden Klärung der Frage bedurft hätte, warum das Schöffengericht dann zur subjektiven Tatseite des Grunddelikts nichtsdestoweniger bloß bedingten Vorsatz (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB) als erwiesen annahm - entbehrt; erstrecken sich doch die auf die relevierte Gewerbsmäßigkeit bezogenen Erwägungen in den Entscheidungsgründen ausschließlich darauf, daß der Beschwerdeführer und seine mitangeklagte Gattin Leopoldine A durch die wiederkehrende Begehung der Taten (als deren Ergebnis, also objektiv) eine fortgesetzte Einnahmequelle 'hatten' (S 190/III), keineswegs aber darauf, ob es ihnen bei ihrem Tatverhalten (subjektiv) auf einen derartigen Effekt auch geradezu ankam.

Dieser zutreffend gerügte Begründungsmangel macht im davon betroffenen Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, sodaß insoweit gleichfalls nach Anhörung der Generalprokuratur bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO).

Derselbe Grund (Z 5) kommt gleichermaßen der Mitangeklagten Leopoldine A zustatten, die keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen hat und hinsichtlich deren zudem der Urteilstenor (S 165/III) - im Gegensatz zu den Gründen der Entscheidung (S 192/III) - eine Feststellung, daß sie die ihr zur Last fallenden Tatbeiträge zu den schweren Betrügereien ihres Gatten in der Absicht beging, durch deren wiederkehrende Begehung sich selbst eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl EvBl 1980/89, JBl 1980,436 ua), gar nicht enthält.

Die auch damit unterlaufene Urteilsnichtigkeit (Z 5) war nach § 290 Abs. 1 (zweiter Fall) StPO von Amts wegen wahrzunehmen. Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte Kajetan A und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten auf die Aufhebung des Strafausspruchs zu verweisen.

Anmerkung

E04221

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00080.83.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19830531_OGH0002_0100OS00080_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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