Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Juni 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Hon.Prof.Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kathrein als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB.
über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Steyr vom 2.Februar 1983, GZ. 7 Vr 390/82-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Rogler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der 60-jährige Pensionist Peter A des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er am 3.Juli 1982 in Steyr Rosa B vorsätzlich zu töten getrachtet, indem er aus kurzer Entfernung vier Schüsse aus einer Pistole gegen sie abgab, von denen sie einer in den 'linken' Rücken traf, und ihr mit einem Fixiermesser einen Stich in die linke Halsgegend versetzte.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch gerichtete, nominell auf die Z. 8 und 12 des § 345 Abs. 1 StPO.
gestützte Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl:
Wenn die Beschwerde unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund zunächst vermeint, die Unrichtigkeit der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung ergebe sich schon aus dem kurzen Zeitraum, den diese für sich in Anspruch nahm, ist auf diesen unschlüssigen und unsubstantiierten Einwand, mit dem keiner der im § 345 Abs. 1 StPO. taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe behauptet wird, nicht weiter einzugehen.
Entgegen den weiteren, auf die Z. 8 des § 345 Abs. 1
StPO. gestützten Rechtsmittelausführungen kann aber auch keine Rede
davon sein, die den Laienrichtern über den Begriff des bedingten
Vorsatzes zuteil gewordene Belehrung sei unvollständig im Sinne
einer Unrichtigkeit geblieben. Vielmehr wird in den darauf
bezüglichen Erläuterungen ('vorsätzlich tötet ......, wer den
Eintritt des Todes als Folge seiner Handlungsweise zumindest
ernstlich für möglich hält und diesen Erfolg billigend in Kauf
nimmt, also den Eintritt des Todes riskiert ......'; Band I S. 499),
wenn auch unter teilweiser Verwendung der Terminologie der älteren Lehre und Judikatur zum bedingten Vorsatz, so doch völlig unmißverständlich dargelegt, welche wissens- und willensmäßigen Voraussetzungen zur Erfüllung der fraglichen Vorsatzform vonnöten sind, wobei namentlich die in der Beschwerde hervorgekehrten Willenskomponente nicht nur hinreichend, sondern zugunsten des Beschwerdeführers sogar einschränkend erklärt wurde, weil ein billigendes Inkaufnehmen des ernstlich für möglich Gehaltenen willensmäßig ein plus gegenüber dem (bloßen) Abfinden mit dem Erfolg, das für den bedingten Vorsatz gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB. genügt, darstellt.
Die sich auf die Z. 8 des § 345 Abs. 1 StPO. berufende Rüge ist daher unbegründet.
Hingegen verkennt die eine Nichtigkeit nach der Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO. reklamierende Rechtsrüge das Wesen dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, der ein Festhalten an den im Wahrspruch festgestellten Tatsachen erfordert, wenn sie behauptet, die Beweisergebnisse reichten nicht aus, die Verwirklichung eines auf Tötung gerichteten dolus eventualis anzunehmen und in diesem Zusammenhang die einzelnen Beweismittel in Form einer Schuldberufung einer unzulässigen Kritik unterzieht. Denn damit setzt sich die Beschwerde darüber hinweg, daß die Laien in ihrem Verdikt ausgesprochen hatten, der Angeklagte habe Rosa B durch die vorbezeichneten Handlungen vorsätzlich zu töten versucht. Es war demnach die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend die Zufügung von zwei schweren Verletzungen, die überdies beide Qualifikationen des § 84 Abs. 1 StGB. erfüllten, und die Intensität des Vorsatzes bei der Tatausführung durch Abgabe mehrerer Schüsse und Verwendung einer zweiten tödlichen Waffe, nämlich eines Messers. Als mildernd wurde dagegen der bisherige ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, dessen durch die abnorme Persönlichkeit entstandener Erregungszustand, eine im kleinen Umfang begründete verminderte Zurechnungsfähigkeit, ein 'schwaches' Teilgeständnis hinsichtlich eines Teiles des objektiven Sachverhaltes, die teilweise Schadensgutmachung durch Bezahlung von 50.000 S für die verursachten Schmerzen und die weitere Bereitschaft zur Bezahlung von 6.000 S für den entstandenen Sachschaden sowie endlich der Umstand in Betracht gezogen, daß es beim Versuch geblieben war. In Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erachtete das Erstgericht die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB. als gegeben und eine sechsjährige Freiheitsstrafe als eine dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten angemessene täterbezogene Sühne. Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung der Strafe anstrebt, ist nicht begründet.
Mit einem Mordversuch sind Verletzungen nicht notwendig verbunden. Wenn dies der Fall ist, kommt ihnen daher - je nach ihrem Grade - zusätzlich erschwerende Bedeutung zu. Keine Bedenken obwalten auch dagegen, die vorliegend gegebenen mehreren Angriffe und die Verwendung mehrerer Waffen als erschwerend mit ins Kalkül zu ziehen, da hieraus nach den allgemeinen Strafbemessungsgrundsätzen des § 32 StGB. Rückschlüsse auf die kriminelle Intensität und die Schwere des Schuldvorwurfs gezogen werden können.
Da anderseits alle vom Berufungswerber hervorgekehrten Milderungsumstände - verminderte Zurechnungsfähigkeit; Erregung; Unbescholtenheit; Schadensgutmachung; Verbleiben der Tat im Versuchsstadium - vom Erstgericht ohnehin ausdrücklich berücksichtigt wurden, bedürfen die Strafzumessungsgründe keiner nennenswerten Korrektur. Geht man aber davon aus, erweist sich die vom Geschwornengericht geschöpfte Unrechtsfolge als keineswegs überhöht und mithin einer Reduktion unzugänglich.
Es mußte daher auch der Berufung des Angeklagten ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E04231European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00061.83.0614.000Dokumentnummer
JJT_19830614_OGH0002_0090OS00061_8300000_000