TE OGH 1983/6/15 3Ob86/83

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Veröffentlicht am 15.06.1983
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Norm

EO §371a
ZPO §390

Kopf

SZ 56/100

Spruch

Das Teilurteil stellt bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einen tauglichen Titel für die Exekution zur Sicherstellung dar. Die Ausübung des Ermessens bei Bestimmung der vom betreibenden Gläubiger nach § 371 a EO zu leistenden Sicherheit kann vom Rechtsmittelgericht auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüft werden

OGH 15. 6. 1983, 3 Ob 86/83 (OLG Linz 1 R 63/83; KG Wels 6 Cg 471/80)

Text

Mit dem abändernden Punkt II/1 des Teilurteils des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10. 1. 1983, 1 R 231, 232/82-32, wurde die verpflichtete Partei verurteilt, der betreibenden Partei binnen 14 Tagen 33425.84 DM sowie 12.25 % Zinsen aus 363 765 DM vom 23. 7. 1980 bis 24. 2. 1982 zu zahlen, und zwar in österreichischen Schilling nach dem Umrechnungskurs - Devisenkurs höherer Wert - am Zahlungsort und Zahlungstag. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde den Parteien am 17.2. 1983 zugestellt. Am 2. 3. 1983 erhob die beklagte (verpflichtete) Partei gegen das Teilurteil Revision. Am 7. 3. 1983 beantragte die betreibende Partei beim Prozeßgericht erster Instanz, ihr auf Grund des Teilurteils zur Sicherung der ihr darin zuerkannten Forderung samt Nebengebühren und der Antragskosten für die Zeit, bis diese Forderung infolge Rechtskraft dieses Urteils und Ablaufes der Leistungsfrist durch Zwangsvollstreckung zur Befriedigung geltend gemacht werden kann, die Exekution a) durch Pfändung und Verwahrung der beweglichen Sachen aller Art, b) durch Pfändung des von der verpflichteten Partei im Standort W betriebenen Speditions- und Transportgewerbes einschließlich der Gewerbeberechtigung und c) durch Zwangsverwaltung dieses Unternehmens einschließlich der Geschäftseinrichtung zu bewilligen. Die betreibende Partei stützte ihren Antrag in erster Linie auf § 370 EO, hilfsweise auch auf § 371 a EO.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der betreibenden Partei teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die Sicherungsexekution durch Pfändung der beweglichen Sachen aller Art und durch Pfändung des durch die verpflichtete Partei im Standort W betriebenen Speditions- und Transportgewerbes bewilligte, die Vornahme derselben jedoch vom Erlag einer Sicherheit von 200 000 S abhängig machte. Das Mehrbegehren auf Verwahrung der beweglichen Sachen und auf Zwangsverwaltung des Gewerbes blieb abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rechtsmittelwerberin ist zuzubilligen, daß die Exekution zur Sicherstellung nach dem Wortlaut des § 371 a EO - wie übrigens auch nach dem reinen Wortlaut der §§ 370 zweiter Fall und 371 Z 1 erster Fall EO - nur auf Grund von Endurteilen bewilligt werden darf. Nach Lehre (Pollak, System[2] 1057; Heller - Berger - Stix 2638) und Rechtsprechung (Rsp. 1936/71; EvBl. 1965/347) ist dieser Begriff jedoch nicht buchstäblich nur iS des § 390 ZPO zu verstehen, sondern umfaßt ua. auch Teilurteile nach § 391 Abs. 1 bis 3 ZPO. Teilurteile erledigen einen Teil des Rechtsstreites zur Gänze und erfüllen in diesem Bereich völlig die Aufgaben eines Endurteils. Deshalb ist jedes Teilurteil nach § 392 Abs. 1 ZPO in betreff der Rechtsmittel und der Exekution als selbständiges (End-)Urteil zu betrachten. Das Teilurteil stellt daher entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin einen tauglichen Titel für die Exekution zur Sicherstellung dar.

Nach § 374 Abs. 2 EO können gleichzeitig auch mehrere der im ersten Absatz dieser Gesetzesstelle genannten Exekutionshandlungen bewilligt werden. Daß die gleichzeitige Bewilligung der Pfändung der Fahrnisse und des Speditions- und Transportgewerbes zur Beschaffung einer hinreichenden Sicherung für die einschließlich der Zinsen rund 104 000 DM oder rund 740 000 S betragende Forderung nicht notwendig erschiene, kann derzeit nicht gesagt werden, weil der Wert der Exekutionsobjekte auch nicht annähernd feststeht. Das Rekursgericht hat daher mit Recht auch die Fahrnispfändung bewilligt. Nur wenn die verpflichtete Partei zu bescheinigen vermöge, daß zur Sicherung der Geldforderung Exekutionshandlungen in weiterem Umfang bewilligt oder vollzogen wurden, als zur vollständigen Sicherstellung der Forderung samt Nebengebühren notwendig ist, könnte sie nach § 377 Abs. 1 und 3 EO eine verhältnismäßige Einschränkung der Exekutionshandlungen beantragen.

Die vom betreibenden Gläubiger für den dem Verpflichteten durch die Exekutionshandlungen drohenden Schaden zu leistende Sicherheit ist vom Gericht gemäß § 371 a EO nach freiem Ermessen zu bestimmen, wobei im Instanzenzug überprüft werden kann, ob das Gericht von diesem Ermessen iS des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Die gegenteilige Meinung Holzhammers, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht[2] 286, daß diese Ermessensentscheidung "nicht überprüfbar" sei, erscheint daher nicht richtig (vgl. Fasching III 284 f. zum vergleichbaren Begriff "nach freier Überzeugung" im § 273 ZPO).

Nach § 376 Abs. 2 EO hat der betreibende Gläubiger in den im ersten Absatz dieser Gesetzesstelle unter Z 1, 3 und 4 bezeichneten Fällen alle durch die Bewilligung, den Vollzug und die Wiederaufhebung der Exekutionshandlungen entstandenen Kosten zu tragen und den dem Verpflichteten verursachten Schaden zu ersetzen. Der Deckung dieses Anspruchs dient die Sicherheit. Das Gericht muß bei deren Festsetzung daher auf diese Umstände Bedacht nehmen und auch erwägen, welcher Schaden dem Verpflichteten erwachsen kann. Es kommt daher ua. auf die dem Verpflichteten allenfalls zu ersetzenden Kosten und auf die voraussichtliche Dauer des Verfahrens, nicht aber auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des betreibenden Gläubigers oder die durch bloße Rufschädigung entstehenden Schäden an (Heller - Berger - Stix 2662; EvBl. 1970/13; RZ 1935, 243; SZ 19/161).

Daß die vom Gericht zweiter Instanz festgesetzte Sicherheit von 200 000 S diesen maßgeblichen Bemessungskomponenten nicht entsprechen würde, kann nicht gesagt werden, zumal es entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin auf den "Gesamtstreitwert" des Rechtsstreites in dieser Beziehung nicht ankommt. Das Gericht zweiter Instanz hat demnach von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.

Anmerkung

Z56100

Schlagworte

Exekution (zur Sicherstellung) auf Grund eines Teilurteils, Sicherheitsleistung (§ 371a EO), Überprüfung der Ermessensausübung, Sicherstellungsexekution auf Grund eines Teilurteils, Teilurteil, Titel für Exekution zur Sicherstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0030OB00086.83.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19830615_OGH0002_0030OB00086_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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