TE OGH 1983/6/28 11Os101/83

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Veröffentlicht am 28.06.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Eier als Schriftführer in der Strafvollzugssache des Walter A über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 25. Februar 1983, GZ 19 Ns 50/82-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Vollzugsgericht vom 25. Februar 1983, GZ 19 Ns 50/82-9, mit welchem die mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 16. Juli 1982, GZ 19 Ns 50/82-4, angeordnete bedingte Entlassung des Walter A aus einer Freiheitsstrafe widerrufen wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 16 Abs 1 StVG und des § 53 Abs 3 StGB

Der Beschluß vom 25. Februar 1983 wird aufgehoben und dem Erstgericht gemäß dem § 292 StPO die gesetzmäßige Fortsetzung des Widerrufsverfahrens aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels (als Vollzugsgericht) vom 16. Juli 1982, GZ 19 Ns 50/82-4, wurde dem am 23. Mai 1961 geborenen Walter A nach teilweiser Verbüßung der über ihn in den Verfahren 15 Vr 479/79, 14 E Vr 1143/80, 12 E Vr 869/81, sowie 15 Vr 1598/81 des Kreisgerichtes Wels und 4 U 21/81 des Bezirksgerichtes Gmunden verhängten Freiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 46 Abs 1 StGB der Rest der Strafen im Ausmaß von fünf Monaten, neun Tagen und vier Stunden unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bedingt nachgesehen und die am 8. September 1982 vorzunehmende Entlassung des Walter A aus der Strafhaft verfügt. Gleichzeitig wurde dem Verurteilten die Weisung erteilt, binnen sechs Wochen nach der Entlassung aus der Strafhaft dem Gericht schriftlich nachzuweisen, daß er in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehe.

Am 25. November 1982 forderte das Vollzugsgericht den Walter A schriftlich auf, der Weisung nachzukommen und den bezüglichen Nachweis binnen vierzehn Tagen zu erbringen (S 10 d A). Da diese Aufforderung erfolglos blieb, ersuchte das Kreisgericht Wels am 17. Jänner 1983 das Bezirksgericht Kirchdorf/Krems, den Walter A vorzuladen und ihm eine förmliche Mahnung im Sinn des § 53 Abs 3 StGB zu erteilen, sowie ihn über die Gründe der Nichtbefolgung der Weisung zu befragen (S 11 d A). Dem Rechtshilfeersuchen konnte jedoch nicht entsprochen werden, weil Walter A unter der angegebenen Anschrift nicht wohnhaft war. Nach einem Bericht des Gendarmeriepostenkommandos Pettenbach vom 7. Februar 1983 ging Walter A keiner geregelten Arbeit nach und war unsteten Aufenthalts (S 15 d A).

Daraufhin faßte - auf Antrag der Staatsanwaltschaft - das Kreisgericht Wels - und zwar durch den Einzelrichter des Gerichtshofs - am 25. Februar 1983, GZ 19 Ns 50/82-9, den Beschluß auf Widerruf der bedingten Entlassung des Walter A aus der Freiheitsstrafe. Diese Entscheidung wurde damit begründet, daß der Rechtsbrecher während der Probezeit die Weisung des Gerichts trotz förmlicher Mahnung aus bösem Willen nicht befolgt habe. Der Beschluß wurde innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht angefochten und erwuchs daher in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Widerruf der bedingten Entlassung steht - wie auch vom Oberlandesgericht Linz anläßlich der Zurückweisung einer verspäteten Beschwerde des Walter A im Beschluß vom 13. April 1983, AZ 10 Bs 136/83, zutreffend aufgezeigt wurde - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Gemäß dem § 16 Abs 1 StVG in Verbindung mit dem § 16 Abs 2 Z 12 StVG hat die Beschlußfassung des Vollzugsgerichts über den Widerruf der bedingten Entlassung in einer Versammlung von drei Richter stattzufinden, wenn es sich aber ausschließlich um den Vollzug einer Freiheitsstrafe aus einer Strafsache handelt, in der in erster Instanz ein Einzelrichter erkannt hat, durch einen Einzelrichter. Vorliegend handelte es sich auch um den Vollzug der im Verfahren 15 Vr 479/79 des Kreisgerichtes Wels verhängten Strafe, in welcher Strafsache in erster Instanz ein Jugendschöffensenat erkannt hatte, sodaß über den Widerruf der bedingten Entlassung nicht der Einzelrichter, sondern ein aus drei Richtern bestehender Senat zu entscheiden gehabt hätte.

Eine derartige Konsequenz dürfte sich auch aus dem Verfahren 15 Vr 1598/81 des Kreisgerichtes Wels ergeben, doch ist eine diesbezügliche, durch die derzeitige Unauffindbarkeit des Aktes behinderte Prüfung für die Klärung der Frage nach der richtigen Gerichtsbesetzung nicht mehr notwendig.

Der somit von einem jedenfalls nicht gehörig besetzten Gerichtshof gefaßte Widerrufsbeschluß ist aber auch inhaltlich verfehlt, soweit - implicite - davon ausgegangen wird, daß dem Rechtsbrecher bereits eine förmliche Mahnung im Sinn des § 53 Abs 3 StGB erteilt worden sei.

Für eine derartige 'förmliche Mahnung' ist zwar eine konkrete Form nicht gesetzlich vorgeschrieben, weshalb sie sowohl schriftlich als auch mündlich erteilt werden kann, jedoch muß darin mit Rücksicht auf den schon in der Bezeichnung hervorgehobenen formellen Charakter des Verfahrensschrittes und seine Rechtsnatur als gerichtliche Erklärung, die letztmalig die ursprüngliche Weisung wiederholt (siehe hiezu Mayerhofer-Rieder, StGB2, E Nr 22 zu § 53), deutlich eine in Vollziehung des § 53 Abs 3 StGB ergehende Mahnungsäußerung und eine Androhung des Widerrufs zum Ausdruck kommen (siehe hiezu Kunst im WK, Rz 16 zu § 53 StGB).

Die schriftliche, keine Widerrufsandrohung enthaltende Aufforderung des Kreisgerichtes Wels vom 25. November 1982 an Walter A, der erteilten Weisung nachzukommen, entsprach dieser Bedingung nicht, weil daraus ein formeller Charakter als Mahnungserklärung in der Bedeutung des § 53 Abs 3 StGB nicht zu entnehmen war. Somit fehlt es hier an einer förmlichen Mahnung des Rechtsbrechers, deren Erteilung aber - neben der nachfolgenden böswilligen Nichtbefolgung der Weisung - eine unabdingbare Voraussetzung für den Widerruf der bedingten Entlassung aus der Freiheitsstrafe darstellt (siehe hiezu Kunst im WK, Rz 16 f zu § 53 StGB; ÖJZ-LSK 1982/53; 11 0s 169/82). Der trotz Unterbleibens einer förmlichen Mahnung gefaßte Widerrufsbeschluß verstößt daher auch gegen die Bestimmung des § 53 Abs 3 StGB

Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Walter A auswirkte, war die Feststellung dieser Verletzung gemäß dem letzten Satz des § 292 StPO mit konkreter Wirkung auszustatten und spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E04263

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00101.83.0628.000

Dokumentnummer

JJT_19830628_OGH0002_0110OS00101_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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