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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §862a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der S GmbH in G, vertreten durch Mag. Wolfgang Jantscher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Wastiangasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 25. Februar 2002, Zl. 5-s26O40/4-2002, betreffend Ordnungsbeiträge gemäß § 56 ASVG (mitbeteiligte Partei:
Steiermärkische Gebietskrankenkasse in 8010 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden GmbH Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen von folgendem unstrittigen Sachverhalt aus:
Der Dienstnehmer Josef S. teilte der beschwerdeführenden GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) als Dienstgeberin mit Schreiben vom 20. August 2001 mit, dass er mit 17. August 2001 vorzeitig ausgetreten sei. Dieses Schreiben des Dienstnehmers wurde am 21. August 2001 dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin vorgelegt. Am 28. August 2001 langte die Abmeldung dieses Dienstnehmers durch die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ein.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 56 Abs. 1 ASVG verpflichtet, wegen nicht rechtzeitiger Abmeldung dieses Dienstnehmers die allgemeinen Beiträge (Ordnungsbeiträge) für die Zeit vom 18. August bis 28. August 2001 in der Höhe von S 2.910,60 weiter zu entrichten. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, gemäß § 33 Abs. 1 ASVG i.V.m. § 15 Abs. 1 der Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sei der Dienstgeber verpflichtet, jeden von ihm beschäftigten, in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die Abmeldung von der Pflichtversicherung des genannten Dienstnehmers mit Austrittsdatum 17. August 2001 sei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht innerhalb dieser Frist, sondern verspätet am 28. August 2001 zugekommen. Für Versicherte, die vom Dienstgeber nicht oder nicht rechtzeitig abgemeldet werden, seien gemäß § 56 Abs. 1 ASVG die allgemeinen Beiträge bis zum Zeitpunkt der schriftlichen Abmeldung durch den Dienstgeber, längstens aber für die Dauer von 3 Kalendermonaten nach dem Ende der Versicherung weiter zu entrichten. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass ihr Geschäftsführer erst am 21. August 2001 vom Austritt des Dienstnehmers Kenntnis erlangt habe und demnach die siebentägige Frist zur Erstattung der Abmeldung am 22. August 2001 zu laufen begonnen und am 28. August 2001 geendet habe, komme keine rechtliche Bedeutung zu. Die Frist für die Erstattung der Abmeldung beginne jedenfalls mit dem Ende der Pflichtversicherung, das sei im gegenständlichen Fall der 17. August 2001. Der Beschwerdeführerin wäre es bei gebotener Sorgfalt jedenfalls bis 24. August 2001 möglich gewesen, die Abmeldung bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vorzunehmen oder vorher mit der Kasse Rücksprache zu halten, wie im Anlassfall vorzugehen sei.
Zum bisherigen Verhalten der Beschwerdeführerin in Meldeangelegenheiten sei festzuhalten, dass die Anmeldung für einen Dienstnehmer per 1. Oktober 2000 verspätet am 5. Februar 2001 bzw. die Abmeldung für den gleichen Dienstnehmer per 31. März 2001 nicht fristgerecht erstattet worden sei. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe im Fall der Anmeldung dieses Dienstnehmers von der Vorschreibung eines Beitragszuschlages abgesehen. Hinsichtlich der Abmeldung seien die allgemeinen Beiträge über das Ende der Pflichtversicherung gemäß § 56 Abs. 1 ASVG weiter zu entrichten gewesen. In einem weiteren Fall einer verspäteten Abmeldung habe die Kasse gemäß § 56 Abs. 3 ASVG von der Weiterentrichtung der allgemeinen Beiträge über das Ende der Pflichtversicherung hinaus abgesehen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht zusammengefasst - wie bereits im Verwaltungsverfahren - geltend, der Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstnehmer durch ihren Geschäftsführer (nämlich der 21. August 2001) stelle das die Frist gemäß § 33 Abs. 1 ASVG auslösende Ereignis dar. Der Tag des fristauslösenden Ereignisses sei nicht in den Lauf der Frist miteinzurechnen. Demnach habe die siebentägige Frist zur Abmeldung des Dienstnehmers am 22. August zu laufen begonnen und am 28. August 2001 geendet. Die Abmeldung sei bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse am 28. August 2000 eingelangt und sei daher rechtzeitig.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG hat der Dienstgeber jeden von ihm beschäftigten, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) ... binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die Abmeldung ist rechtzeitig, wenn sie am letzten Tag dieser Frist beim Versicherungsträger einlangt.
Streit herrscht über den Beginn der Frist zur Abmeldung. Der Dienstnehmer hat nach dem unstrittigen Sachverhalt mit Schreiben vom 20. August 2001 seinen vorzeitigen Austritt per 17. August 2001 erklärt.
Der Austritt ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie muss dem betroffenen Teil, hier der Beschwerdeführerin, zugehen, ist aber nicht annahmebedürftig. Die Empfangsbedürftigkeit der Erklärung hat zur Folge, dass diese erst wirksam wird, wenn sie dem Erklärungsempfänger zugegangen ist. Auch für die Beurteilung des Zuganges arbeitsrechtlich relevanter Erklärungen ist § 862a ABGB und die dazu ergangene Rechtsprechung sinngemäß anzuwenden. Eine schriftliche Austrittserklärung wird sohin erst mit der Zustellung wirksam. Eine rückwirkende einseitige Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ist rechtlich nicht möglich (vgl. infas A 12/86, Arb. 7123, 7132, 7255, OGH vom 22. Juni 1995, 8 Ob A 223/95 sowie Kuderna, Das Entlassungsrecht, Seite 21). Das Ende der Pflichtversicherung im Sinne des § 33 Abs. 1 ASVG ist daher im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der belangten Behörde (und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse) nicht mit dem im Schreiben vom 20. August 2001 genannten 17. August 2001, sondern mit dem Tag der Zustellung des Austrittschreibens an die Beschwerdeführerin gegeben. Da die Auffassung der belangten Behörde, das Ende der Pflichtversicherung sei mit dem im Austrittsschreiben vom 20. August 2001 genannten 17. August 2001 anzunehmen, rechtswidrig ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Stempelgebührenersatz war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) nicht zuzusprechen.
Wien, am 25. Mai 2005
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002080116.X00Im RIS seit
14.07.2005