TE OGH 1983/7/7 13Os89/83

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Veröffentlicht am 07.07.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juli 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Kalivoda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Weselin A und Nikolai B wegen des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 f. StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Weselin A gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 6. April 1983, GZ. 20 c Vr 8626/82-51, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde sowie die von beiden Angeklagten erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Brustbauer, der Ausführungen der Verteidiger Dr. C und Dr. D und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. haben die Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Gründe:

Das Geschwornengericht erkannte die beschäftigungsund unterstandslosen Weselin A und Nikolai B des Verbrechens des schweren Raubs nach §§ 142 Abs. 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB., den Letztgenannten überdies des Vergehens nach § 36 Abs. 1 lit. a und b WaffG.

schuldig.

Sie sind am 1. Dezember 1980 in Wien gemeinsam mit dem abgesondert

verfolgten Ognyan E (im Urteil auch: F und G) im Personenkraftwagen des Weselin A zur Familie H gefahren. Dort blieb dann A wartend im Auto sitzen, während B und E absprachegemäß in die Wohnung der Familie eindrangen, Wasilius, Johann und Christoff H mit der Pistole bedrohten, Johann H den Kopf zurückdrehten und ihm die Pistole an die Schläfe setzten, Wasilius H ins Gesicht schlugen, wodurch dieser leichte Verletzungen erlitt, sodann den letzteren und die Wohnung durchsuchten und Geldbeträge von 10.100 S, 285 DM, 11 US-Dollar, 1.100

Zloty, Münzen im Wert von 20.000 S, zwei Eheringe, drei goldene Damenringe mit Steinen, eine goldene Halskette und eine goldene Damenarmbanduhr raubten.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten Weselin A aus den Nichtigkeitsgründen des § 345 Abs. 1 Z. 5, 6 und 8

StPO. angefochten.

Unter § 345 Abs. 1 Z. 5 und 6, sachlich nur Z. 6, StPO. macht der Beschwerdeführer zunächst die Unterlassung der Stellung von Eventualfragen in der Richtung der vorsätzlichen und der fahrlässigen Hehlerei (§§ 164 und 165 StGB.) geltend; indes zu Unrecht.

Derartige Eventualfragen waren nach den Verfahrensergebnissen nicht indiziert: Der Beschwerdeführer und der Mitangeklagte B haben jeden Zusammenhang mit der Tat geleugnet. Der Hinweis des Nichtigkeitswerbers auf den die Flucht beschreibenden Teil der Aussage der Zeugin I (einer Bekannten des E), aus dem zu entnehmen sei, daß der Beschwerdeführer 'jedenfalls' nach der Tat von dieser aus den öußerungen des E Kenntnis erlangt und dann auch die Raubbeute gesehen haben kann, versagt. Der Rechtsmittelwerber verschweigt nämlich, daß die Zeugin im gleichen Zusammenhang (S. 49 ff./I) angab, daß sie das von 'Ogi' (= E) Velangte (nämlich an der Tür des späteren Raubopfers zu klopfen), nicht machen wollte, weil es ihr nicht recht erschien, während der Beschwerdeführer, der gar wohl seine (Raub-) Genossen zum Tatort gebracht hatte, dort beim Zurücklaufen derselben sofort den Motor des von ihm geparkten Wagens startete und mit ihnen dann in rascher Fahrt davonfuhr. Die Stellung von Eventualfragen in der Richtung einer Nachtäterschaft ist daher zu Recht unterblieben.

Im weiteren Vorbringen unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO. wird die Formulierung der, getrennt nach den beiden Angeklagten gestellten, Hauptfragen mit dem Einwand gerügt, es wäre durch die jeweils ein 'einverständliches Zusammenwirken' des A, B und E enthaltende Textierung den Geschwornen eine verschiedene Beantwortung der getrennten Hauptfragen unmöglich gewesen. Dazu genügt der Hinweis, daß die Geschwornen durch die ihnen in der 'allgemeinen Rechtsbelehrung' aufgezeigte Möglichkeit einer bloß teilweisen Bejahung der Fragen (§ 330 Abs. 2 StPO.) zu einer die Beteiligung der einzelnen Täter differenzierenden Beantwortung der Schuldfragen in der Lage waren.

Damit erweist sich der auch unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO. erhobene Vorworf gegen die diesbezüglich zutreffende Rechtsbelehrung, wonach eine Bejahung der ersten oder zweiten Hauptfrage zu einem Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubs führe, als nicht stichhältig.

Richtig ist zwar die Beschwerdebehauptung, daß der in der Rechtsbelehrung enthaltene Ausdruck des 'Inkaufnehmens' der Tatbildverwirklichung (als Wissenselement) allein noch keine sichere Aussage über die weitere Willensbildung des Täters enthält, zu der beim Vorsatz noch nötig ist, daß er sich mit der Verwirklichung des Tatbilds abfindet (§ 5 Abs. 1 StGB.). Dieses für die Abgrenzung zur Fahrlässigkeit notwendige voluntative Element wurde aber durch den in der Rechtsbelehrung allgemein gehaltenen, dem Begriff des 'Inkaufnehmens' unmittelbar vorangestellten und darauf übergreifenden Hinweis, daß der (Vorsatz-) Täter die Tatbildverwirklichung allenfalls sogar bezweckt (im Sinn der für den Raub gar nicht erforderlichen Schuldform der Absicht: § 5 Abs. 2 StGB.) ausreichend klargelegt.

Näherer Erläuterungen zur Abgrenzung des Vorsatzes von der Fahrlässigkeit bedurfte es nicht, weil - mit Ausnahme der für den Beschwerdeführer nicht bedeutsamen Frage in der Richtung des § 36 WaffG. - nur (Haupt-) Fragen nach Vorsatzdelikten gestellt wurden und die Rechtsbelehrung nur die in den gestellten Fragen aufscheinenden Rechtsbegriffe zu umschreiben hat (§ 321 Abs. 2 StPO.).

Wohl fehlt in der Rechtsbelehrung ein Hinweis auf die Erforderlichkeit eines im Tatzeitpunkt alle Tatbestandsmerkmale erfassenden Vorsatzes. Dieses Fehlen macht die Rechtsbelehrung gleichwohl nicht unrichtig in der Bedeutung des § 345 Abs. 1 Z. 8 StPO.; denn bereits durch die Formulierung eines 'einverständlichen Zusammenwirkens' der Raubgenossen wurde klargestellt, daß der Vorsatz nicht nur im Tatzeitpunkt (des Zusammenwirkens) vorgelegen sein, sondern auch den gesamten, aus der Frage sich ergebenden Unrechtssachverhalt erfaßt haben muß. Irrtümer der Geschwornen konnten sonach nicht entstehen.

Es kann aber auch von einer der Unrichtigkeit gleichzuhaltenden Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung nicht deshalb gesprochen werden, weil darin der Zeitpunkt der Vollendung eines Raubs, im Hinblick auf eine bloße Nachtäterschaft, nicht behandelt wurde. Fehlt doch für die Annahme einer Nachtäterschaft - wie bereits erwähnt - und für eine demgemäß zu stellende Eventualfrage jegliches Substrat.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte Nikolai B nach §§ 143, 28 StGB. unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Mai 1981, GZ. 5 b Vr 3555/81-27 (§§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2 StGB.: fünf Jahre Freiheitsstrafe), zu einer fünfjährigen Zusatzstrafe und verhängte über Weselin A nach § 143 StGB. unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. Mai 1981, GZ. 5 b Vr 3616/81-60 (§§ 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3, 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 130, letzter Deliktsfall, und 15 StGB.: zwei Jahre Freiheitsstrafe), eine dreijährige Zusatzstrafe. Erschwerend wurden nur beim Angeklagten B das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die zweifache Eignung der Tat nach § 36 WaffG. gewertet, mildernd fielen demgegenüber der untadelige Wandel zur Tatzeit und bei A dessen untergeordnete Rolle beim Raub ins Gewicht.

Den eine Strafherabsetzung anstrebenden Berufungen kommt Berechtigung nicht zu.

Wenngleich beim Angeklagten A noch der Umstand, daß er die Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahrs begangen hat, als mildernd zu berücksichtigen ist, bedürfen doch die Strafzumessungsgründe vor allem zu Lasten der Rechtsmittelwerber einer Erweiterung, weil ihnen auch die zweifache Qualifikation des Raubs und dessen Verübung sowohl durch Drohung als auch durch Gewalt ebenso erschwerend zur Last fällt wie die leichte Verletzung des Wasilius H. Das erhöht die Unwertbedeutung des Raubüberfalls, abweichend von der Sicht der ersten Instanz, augenfällig.

Demgegenüber vermögen beide Berufungswerber sonst keine ergänzenden Umstände aufzuzeigen, welche ihre Taten in einem milderen Licht erscheinen ließen. Die Ausländereigenschaft stellt keinen Erschwerungs-, aber auch keinen Milderungsgrund dar (9 0s 135/81). Der Raub aber ist ein schweres Gewaltverbrechen, dessen urteilsgegenständliche, zweifach qualifizierte Form mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren bedroht ist (§ 143, erster Strafsatz, StGB.). Dabei ist zu bedenken, daß, wie der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, das erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit in Kraft getretene Strafgesetzbuch erklärtermaßen mit lebensnahen Strafdrohungen ausgestattet wurde (13 0s 127/81, 13 0s 150/81, 13 0s 184/81, 13 0s 102/82). Darnach sind die geschöpften Zusatzstrafen auch bei Beachtung der Vorschrift des § 40

StGB. nicht reduktionsfähig.

Anmerkung

E04266

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00089.83.0707.000

Dokumentnummer

JJT_19830707_OGH0002_0130OS00089_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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