Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juli 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Horak, Dr. Lachner und Hon.Prof.
Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Preiß als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan A wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG.
und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 16. Februar 1983, GZ 12 b Vr 371/82-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Herbert Handl, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe durch das dem Schuldspruch zugrunde liegende Verhalten nur das Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. und das Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. begangen, sowie in der daraus (und aus den Urteilsgründen) ersichtlichen Ablehnung einer rechtlichen Beurteilung dieses Verhaltens in Ansehung der im Punkt III des Anklagesatzes angeführten Suchtgiftmengen auch als Finanzvergehen nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG., demgemäß aber auch im Ausspruch über die auf § 43 Abs 1 StGB gegründete Nachsicht der gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. verhängten Geld- als Verfallsersatzstrafe aufgehoben; die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit ihrer gegen die bedingte Nachsicht der gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. verhängten Geld- als Verfallsersatzstrafe gerichteten Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12. November 1960 geborene Stefan A 1.) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. (wegen Inverkehrsetzens von ca. 250 Gramm Cannabisharz, 20 Gramm Haschischöl, 3 Stück LSDTrips und ca. 200 Gramm Cannabiskraut; Punkt I des Urteilssatzes) sowie 2.) des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 2
(dritter und vierter Fall) SuchtgiftG. (wegen Erwerbes und Besitzes von rund 150 Gramm Cannabisharz, 17 Stück LSD-Trips und rund 60 Gramm Cannabiskraut; Punkt II des Urteilstenors) schuldig erkannt. Er wurde hiefür nach § 12 Abs 1
SuchtgiftG. zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Für das nichtergriffene Suchtgift wurde gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG. eine Geld- als Verfallsersatzstrafe verhängt, die ebenfalls bedingt nachgesehen worden ist.
Die Anklage hatte Stefan A überdies zur Last gelegt, in der Zeit von Mai 1981 bis Mitte Oktober 1981 Teile von diesen Suchtgiftmengen, nämlich 360 Gramm Cannabisharz, 20 Gramm Haschischöl und 11 Stück LSD-Trips, hinsichtlich deren von Klaus B ein gewerbsmäßiger Schmuggel begangen worden war, von Letzterem und Andreas C gekauft bzw. an sich gebracht und hiedurch - in Tateinheit mit den Delikten nach dem Suchtgiftgesetz - weiters das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1
lit a FinStrG. begangen zu haben.
Jenen Tatbestand erachtete das Erstgericht jedoch für konsumiert, weil es sich bei der mit dem Ankauf von in Österreich nicht hergestelltem Suchtgift zwangsläufig begangenen Abgabenhinterziehung um eine 'typische Begleittat' zum Verbrechen nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG. handle, die zufolge der wesentlich geringeren Strafdrohung des Finanzstrafgesetzes durch eine Verurteilung wegen der Haupttat als abgegolten zu betrachten sei. Es liege daher nur scheinbar eine Idealkonkurrenz, in Wirklichkeit jedoch ein Fall der Konsumtion vor.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die - nach den angeführten Erwägungen des Schöffengerichts formell zutreffend bloß in der Urteilsbegründung erfolgte - Ablehnung der Subsumierung - in Ansehung der bezeichneten Suchtgifte - auch unter die Bestimmung des § 37 Abs 1 lit a FinStrG. hinsichtlich der diesbezüglich begangenen Abgabenhehlerei wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a (sachlich Z 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. EvBl 1981/195, 1982/122 u.v.a.), von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist nämlich (echte) Idealkonkurrenz zwischen den Tatbeständen nach § 12 Abs 1 und § 16 Abs 1 Z 1 und 2 (dritter Fall) SuchtgiftG. einerseits sowie Schmuggel oder Abgabenhehlerei anderseits in Hinblick auf den (durch die Kumulierungsvorschrift des § 22 Abs 1 FinStrG.
deutlich zum Ausdruck gebrachten) völlig eigenständigen Unrechtsgehalt der Finanzvergehen, welcher der Annahme einer Konsumtion zuwiderläuft, durchaus möglich.
Der Erwerb eines Teiles des von B aus Marokko nach Österreich geschmuggelten Suchtgifts (Urteilseite 162) durch den Angeklagten, teils zur Weitergabe an einen größeren Personenkreis und teils für den Eigenbedarf, konnte daher, der Auffassung des Schöffengerichtes zuwider, als Ansichbringen dieser eingeschmuggelten eingangsabgabenpflichtigen Waren (ebenso wie deren späteres teilweises Verhandeln) sehr wohl nicht nur gegen das Suchtgiftgesetz verstoßen, sondern auch mit dem Finanzvergehen der Abgabenhehlerei in Idealkonkurrenz zusammentreffen.
Eine Entscheidung darüber in der Sache selbst war jedoch entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Ansicht noch nicht möglich, weil das Erstgericht zwar die für die rechtliche Beurteilung des objektiven Sachverhaltes als Abgabenhehlerei (und über den strafbestimmenden Wertbetrag), nicht aber die über die Gewerbsmäßigkeit der Vortat (als Voraussetzung gerichtlicher Strafbarkeit) sowie über die subjektive Tatseite erforderlichen Tatsachenfeststellungen getroffen hat, so daß derzeit nicht beurteilt werden kann, ob eine gerichtlich strafbare (§ 53 Abs 4 FinStrG.) Abgabenhehlerei zumindest fahrlässig (§ 37 Abs 3 FinStrG.) begangen wurde.
Auf Grund dieser - von der Staatsanwaltschaft der Sache nach ebenfalls zutreffend gerügten - Feststellungsmängel war demnach wie im Spruch ersichtlich die Verfahrenserneuerung in erster Instanz anzuordnen.
Im Hinblick darauf, daß im Falle eines im zweiten Rechtsgang ergehenden Schuldspruches wegen Abgabenhehlerei gemäß § 19 Abs 1 FinStrG. bezüglich des dem Verfall unterliegenden, nicht ergriffenen Suchtgiftes zwingend auf eine Wertersatzstrafe zu erkennen ist, die zum Unterschied von der (Verfallsersatz-)Geldstrafe gemäß § 12 Abs 4 SuchtgiftG.
nicht bedingt nachgesehen werden kann (vgl. ÖJZ-LSK 1981/145 = RiZ 1981/45 = EvBl 1981/186, verstärkter Senat) und daß beim Zusammentreffen der Voraussetzungen für die Verhängung dieser beiden Nebenstrafen nur eine einzige, im Kern auf beide Bestimmungen zu gründende Ersatzstrafe ausgesprochen werden darf, war auch in bezug auf den Ausspruch über die bedingte Nachsicht der (bisher allein auf § 12 Abs 4 SuchtgiftG. gestützten) Geldals Verfallsersatzstrafe ebenso vorzugehen und die Staatsanwaltschaft mit ihrer diesbezüglich erhobenen Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen. Im übrigen ist die Berufung der Staatsanwaltschaft, soweit sie gegen die bedingte Nachsicht der gemäß § 12 Abs 1 SuchtgiftG. gerichtet ist, nicht begründet.
Das Erstgericht hat vorliegend u.a. zutreffend darauf verwiesen, daß der Angeklagte trotz seiner Verfehlungen starken Rückhalt bei seiner Familie findet. Da zudem eine vom Erstgericht angenommene ausländische Verurteilung wegen eines Suchtgiftdeliktes nicht aktenkundig ist und demnach davon ausgegangen werden muß, daß der Angeklagte unbescholten ist, konnte ungeachtet der von der Staatsanwaltschaft an sich zutreffend angeführten generalpräventiven Gründen vorliegend vor allem aus spezialpräventiven Erwägungen das Urteil im Ausspruch über die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe deshalb bestätigt werden, weil nach den speziellen Gegebenheiten des vorliegenden Falles dem Angeklagten eine günstige Zukunftsprognose zu stellen ist und somit hier diesen spezialpräventiven Erwägungen vor den von der Staatsanwaltschaft allein ins Treffen geführten allgemein gehaltenen generalpräventiven Gründen der Vorzug einzuräumen ist.
Anmerkung
E04274European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00102.83.0719.000Dokumentnummer
JJT_19830719_OGH0002_0100OS00102_8300000_000