TE Vfgh Beschluss 2001/6/27 V47/98

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Veröffentlicht am 27.06.2001
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Plandokument Nr 6944. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 28.02.97
Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der Stadt Wien vom 27.11.97
Plandokument Nr 6508. Beschluss des Wr Gemeinderates vom 30.06.94
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung eines Plandokuments wegen unzureichender Umschreibung des Prüfungsgegenstandes

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit seinem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller,

"die Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 27.11.1997, Pr. Zl. 379 GPZ/1997 über die Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes für das im Antragsplan Nr. 6894 mit der rot strichpunktierten Linie umschriebene Gebiet, kundgemacht in ABl 1997/50, hinsichtlich des Grundstückes 9, landw. genutzt, inneliegend in EZ. 560 Grundbuch 01404 Neuwaldegg, insoferne als gesetzwidrig aufzuheben, als darin für den nördlich der Linie zwischen der Südostecke des Grundstückes 399/3 und der Südwestecke des Grundstückes 74 gelegenen Teil dieses Grundstückes, die Widmungsart Schutzzone, Wald- und Wiesengürtel festgelegt wird;

(...)"

1.2. Zur Begründung seiner Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, die H O Ges.m.b.H. sei Eigentümerin des Grundstückes EZ 560 Nr. 9, KG Neuwaldegg, über ihr Vermögen sei der Konkurs eröffnet worden, und das Landesgericht Krems a. d. D. habe ihn mit Beschluss vom 22. September 1995, Z9 S 175/95 y, zum Masseverwalter bestellt. Die Konkursmasse, in welche das genannte Grundstück falle, sei durch den angefochtenen Flächenwidmungsplan unmittelbar betroffen, weil mit diesem das Grundstück in die "Schutzzone Wald- und Wiesengürtel" einbezogen worden sei und daher den Nutzungsbeschränkungen nach §6 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 idgF (in der Folge BO f Wien), unterliege. Auf Grund dieser Flächenwidmung sei das Grundstück im Zwangsversteigerungsverfahren 21 E103/96 s des Bezirksgerichtes Hernals, welches nach wie vor anhängig sei, auf einen Wert von S 410.000,- geschätzt worden, während für den Fall der vom Antragsteller angestrebten teilweisen Umwidmung des Grundstückes als Bauland bereits Angebote bis zu S 37.000.000,- vorlägen. Da die Konkursmasse nicht die Möglichkeit habe, und es auch nicht zumutbar wäre, eine Baubewilligung für das gegenständliche Grundstück zu beantragen und dann auf diesem Wege den gegenständlichen Fall nach Beschreiten des Instanzenzuges an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, sei die Antragslegitimation gegeben.

1.3. Die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung liege darin, dass durch sie das gesamte Grundstück EZ 560 Nr. 9, KG Neuwaldegg, in die Schutzzone Wald- und Wiesengürtel einbezogen worden sei, während im Hinblick auf die besondere Figuration des Grundstückes es lediglich sachgerecht gewesen wäre, den südlich einer Linie, gezogen zwischen der Südostrecke des Grundstückes 399/3 und der Südwestecke des Grundstückes 74, je KG Neuwaldegg, gelegenen Teil des Grundstückes 9 in die "Schutzzone Wald- und Wiesengürtel" einzubeziehen, während der nördlich dieser Linie gelegene Teil als Bauland zu widmen gewesen wäre, wie dies hinsichtlich aller an diesen Grundstücksteil angrenzenden Grundstücke erfolgt sei. Wie der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 14.629/1996) festgehalten habe, sei es zwar an sich zulässig, derartige Widmungsgrenzen anzustreben, die mit den Grundstücksgrenzen übereinstimmen, es sei jedoch gleichheitswidrig, wenn bei einer bestimmten besonderen Figuration eines Grundstückes verschiedene Verhältnisse innerhalb dieses Grundstückes, die einer unterschiedlichen Regelung bedürfen, gleich behandelt werden. Genau dies sei hier der Fall. Die an den dreiecksförmigen, nördlich der beschriebenen Linie gelegenen Teil des Grundstückes Nr. 9 im Westen und Osten angrenzenden Grundstücke seien sämtliche als Bauland gewidmet, und das Grundstück Nr. 9 reiche quasi wie ein Keil in dieses Bauland bis zur Neuwaldeggerstraße hinein. Es sei evident, dass die Widmung dieses Teils des Grundstückes Nr. 9 als "Schutzzone Wald- und Wiesengürtel" gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Gemäß dem Entwurf- und Diskussionsbericht der MA-21 vom 22.10.1996 werde für das gegenständliche Grundstück, die so genannte Walachenwiese, weiterhin die Widmung "Schutzzone Wald- und Wiesengürtel" (SWW) vorgeschlagen, da sie ein für die Erholungsfunktion unverzichtbarer Grünlandbestandteil sei; das Grundstück reiche bis an die Neuwaldeggerstraße heran, wo Wanderwege, die auch für die Vernetzung der städtischen Grünräume von Bedeutung seien, ihren Ausgang nähmen. Damit gehe die Behörde von unzutreffenden Prämissen aus: Der Gemeinderat habe übersehen, dass das Grundstück Nr. 9 Privatgrund sei und daher für Erholungsfunktionen der Allgemeinheit überhaupt nicht zur Verfügung stehe. Auch die Wanderwege, die ihren Ausgang von der Neuwaldeggerstraße nehmen sollten, führten über das Grundstück 10/1 und hätten mit dem Grundstück Nr. 9 nicht das Geringste zu tun.

2. Der Gemeinderat der Stadt Wien legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle den Antrag auf teilweise Aufhebung der "Verordnung Plandokument Nr. 6894" zurückweisen, in eventu aussprechen, dass die Verordnung im angefochtenen Umfang nicht gesetzwidrig ist.

3. Die Wiener Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie sich der Äußerung des Wiener Gemeinderates vollinhaltlich anschließt und beantragt, der Verfassungsgerichtshof wolle den Antrag auf teilweise Aufhebung der "Verordnung Plandokument Nr. 6894" zurückweisen, in eventu aussprechen, dass die Verordnung im angefochtenen Umfang nicht gesetzwidrig ist.

II.                                 Der Verfassungsgerichtshof hat

erwogen:

1.                               Zur Zulässigkeit des Antrags:

Im Erk. VfSlg. 11.592/1987 hat der Verfassungsgerichtshof die amtswegige Gesetzmäßigkeitsprüfung eines Flächenwidmungsplanes nicht nur auf das aus Sicht des Anlassfalles relevante Grundstück beschränkt, sondern in einem durch Straßenzüge umgrenzten weiteren Gebiet vorgenommen. Dies wurde damit begründet, dass der in Prüfung gezogene Flächenwidmungsplan zwar Parzellengrenzen ausweise, nicht aber die Nummern der einzelnen Grundstücke enthalte; es sei somit nicht möglich, einzelne Parzellen herauszugreifen und die allfällige Aufhebung auf die maßgebliche Parzelle zu beschränken. Der Gerichtshof könne, so wird in diesem Erkenntnis ausgeführt, nur die im Plan bezeichneten (im Einzelnen genannten) öffentlichen Verkehrsflächen zur Abgrenzung des in Prüfung stehenden Teils der Verordnung heranziehen.

Der Verfassungsgerichtshof übertrug diese Grundsätze sinngemäß im Erk. VfSlg. 11.807/1988 auch auf das Antragsverfahren:

"In allen Fällen muß der Prüfungsgegenstand zureichend genau umschrieben, d.h. so beschaffen sein, daß der Rechtsunterworfene die durch ein allfälliges aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes herbeigeführte neue Rechtslage aus der Zusammenschau von planlicher Darstellung und der Aufhebungskundmachung (Art139 Abs5 B-VG) eindeutig und unmittelbar (also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie z. B. des Grenzkatasters) feststellen kann."

2. Auf dem Boden dieser Vorjudikatur (vgl. auch die Beschlüsse des VfGH vom 11. März 2000, V153/97 und vom 11. Oktober 2000, V30-32/99) erweist sich der vorliegende Individualantrag (über dessen Begehren der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung nicht hinausgehen darf) bereits deshalb als unzulässig, weil der Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan bzw. das einen integrierenden Bestandteil der Verordnung darstellende Plandokument Nr. 6894 die Liegenschaften bzw. die Grundstücke nicht mit Einlagezahlen und Grundstücksnummern bezeichnet, sondern mit Hausnummern und Straßenbezeichnungen. Die im Antragsbegehren enthaltene Bezeichnung "Grundstück 9 (...) inneliegend in EZ. 560 Grundbuch 01404 Neuwaldegg" (es handelt sich um das zwischen den Grundstücken Neuwaldegger Straße 43 und Neuwaldegger Straße 45 gelegene Grundstück mit der Widmung "SWW"), kann somit nicht unmittelbar der Verordnung bzw. dem Plandokument Nr. 6894 entnommen werden.

3. Der Antrag war daher schon aus dieser Erwägung als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage näher einzugehen war, ob der Antragsteller, der keine konkreten Bauabsichten verfolgt, durch den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan in seiner Rechtssphäre unmittelbar betroffen ist (vgl. VfSlg. 15.144/1998).

4. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung vom Verfassungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:V47.1998

Dokumentnummer

JFT_09989373_98V00047_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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