Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 25.Mai 1983, GZ 17 Vr 277/83-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Bischetsrieder und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das erstgerichtliche Urteil dahin ergänzt, daß dem Angeklagten die im Strafverfahren 23 Vr 246/82 des Landesgerichtes Linz erlittene Vorhaft vom 17.März 1982, 16,50 Uhr, bis 30.April 1982, 14,30
Uhr, gemäß § 38 Abs 1 Z 2 StGB auf die Strafe angerechnet wird. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.März 1948 geborene Altwarenhändler Wolfgang A des Vergehens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte er am 18.November 1982 in Freschnitz mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung Josef B durch die Vortäuschung, bis spätestens 25.November 1982 den Kaufpreis bar zu bezahlen, zur überlassung von Schrott zum Gesamtpreis von 9.249,80 S verleitet, wodurch der Genannte einen Vermögensschaden in dieser Höhe erlitten hat.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Aus dem erstgenannten Grund rügt der Angeklagte das Ersturteil insofern (der Sache nach) als unzureichend begründet, als es von der Annahme ausgehe, daß der vom Angeklagten damals benützte, von der Fa. C (Linz) gemietete LKW. ungeachtet eines im Zeitraum zwischen Kaufabschluß und dem Zahlungstermin eingetretenen Unfallschadens, für den der Vermieter und nicht der Angeklagte aufzukommen hatte, fahrbereit und für den Angeklagten verwendbar geblieben sei und deshalb für den Angeklagten keine finanziellen Nachteile eingetreten seien.
Dieses Beschwerdevorbringen entbehrt schon deshalb einer gesetzgemäßen Ausführung des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes, weil es die tatsächlichen Urteilsfeststellungen und die dafür gegebene Begründung übergeht. Das Erstgericht hat nämlich nicht bloß als erwiesen angenommen, daß der LKW.
weiterhin fahrbereit (benützbar) war, sondern ausdrücklich konstatiert, daß er vom Angeklagten für sein (Altwaren-) Geschäft auch weiter benützt wurde (S. 57) und diese Feststellung mängelfrei mit der Aussage des Zeugen D
(S. 52) begründet (S. 57 unten). Die Tatrichter haben somit in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) die Verantwortung des Angeklagten, wonach er wegen des angeblich eingetretenen Totalschadens am LKW. und der dadurch bedingten Unmöglichkeit, seinen Geschäften nachzugehen, seine Zahlungspflichtung unvorhergesehen (bis zur Urteilsfällung) nicht habe einhalten können, für widerlegt angesehen. Erörterungen über einen, durch den Unfall nur mittelbar (eingeschränkte Brauchbarkeit des LKW.) herbeigeführten Verdienstentgang sind schon deshalb zu Recht unterblieben, weil der Beschwerdeführer eine darauf abzielende Verantwortung nicht vorgebracht hat;
sein diesbezügliches Beschwerdevorbringen stellt sich als
unbeachtliche Neuerung dar.
Es versagt aber auch die Rechtsrüge:
Wenn der Beschwerdeführer eine dem (Grund-) Tatbild des Betruges
nach § 146 StGB entsprechende Täuschungshandlung bestreitet, verkennt er, daß es sich bei der Pflicht des Käufers, innerhalb der bedungenen Frist (oder jedenfalls innerhalb einer dem Verkäufer zumutbaren Nachfrist) den Kaufpreis zu bezahlen, um eine essentielle Vertragsbedingung handelt, der nach den Regeln und Gewohnheiten des Geschäftsverkehrs stillschweigend die Voraussetzung der vorhandenen Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Käufers zugrundeliegt. Verschweigt jemand bei Vertragsabschluß oder spätestens bei der übergabe der Kaufsache seine schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse und erweckt so (zumindest bedingt) vorsätzlich (§ 5 Abs 1 StGB) einen Irrtum des Verkäufers über seine Zahlungsfähigkeit, kann die betrugstatbildliche Täuschung in objektiver und subjektiver Beziehung nicht mit Fug bezweifelt werden (vgl. LSK. 1978/121, EvBl 1976/173 und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Die rechtliche Subsumtion des Verhaltens des Angeklagten durch das Erstgericht, das auch den Schädigungsvorsatz des Angeklagten und den kausalen Konnex zwischen Täuschung, täuschungsbedingtem Handeln des Vertragspartners und dem diesem erwachsenen Vermögensschaden als erwiesen angenommen hat, ist daher frei von Rechtsirrtum. Soweit der Beschwerdeführer aber unter Hinweis auf die Erfüllung eines früheren Vertrages mit demselben Vertragspartner seinen Schädigungsvorsatz bestreitet, greift er in unzulässiger Weise in die Beweiswürdigung ein und führt die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht prozeßordnungsgemäß aus.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zur Gänze zu verwerfen. Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO
von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Ersturteil - wenngleich zur Zeit dessen Fällung (25.Mai 1983) die im Verfahren AZ 23 Vr 246/82 des Landesgerichtes Linz (vgl. die Seiten 267 f., 271, 302, 313 der entsprechenden Akten) erlittene Vorhaft vom 17.März 1982, 16,50 Uhr bis 30.April 1982, 14,30 Uhr noch nicht aktenkundig war (S. 37 unten, 40) - mit materieller Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet ist, weil die Anrechnung dieser Vorhaft aus dem genannten, noch nach der gegenständlichen Tat anhängigen Verfahren unterblieben ist, obgleich die Voraussetzungen einer gemeinsamen Führung nach § 56 StPO gegeben waren (vgl. Mayerhofer-Rieder, StGB 2 E.Nr.
30 zu § 38). Der Umstand, daß im Verfahren AZ 23 Vr 246/82 des Landesgerichtes Linz die erwähnte Vorhaft mit dem auf Grund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ergangenen Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29.September 1983, GZ 13 Os 152/83- 4, auf die - in diesem Verfahren bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe angerechnet wurde, ändert an der Notwendigkeit der Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO nichts, weil unter Anrechnung der Vorhaft auf eine Strafe erst die tatsächliche Anrechnung beim Strafvollzuge zu verstehen ist (ÖJZ-LSK. 1977/6).
Das Ersturteil war demnach durch die Anrechnung dieser Vorhaft zu ergänzen.
Ds Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs 1 StGB
unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6.Dezember 1982, GZ 23 Vr 246/82-75, zu einer Zusatzstrafe von zwei Monaten und wertete die neun einschlägigen (den Voraussetzungen des § 39 StGB entsprechenden) Vorstrafen als erschwerend und keinen Umstand als mildernd. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die weitgehende Herabsetzung 'beziehungsweise' die bedingte Nachsicht der Strafe an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Wenn der leugnende Angeklagte einen Beitrag zur Wahrheitsfindung und damit den Milderungsumstand des § 34 Z 17 StGB im Zugestehen des (ohnehin erwiesenen) Geschäftsabschlusses unter Kreditierung des Kaufpreises sehen will, ist ihm lediglich zu entgegnen, daß im Zugeben bloßer Tatsachen ohne Eingeständnis der subjektiven Merkmale (des Betruges) ein Milderungsumstand nicht erblickt werden kann (LeukaufSteininger 2 , RN. 25 zu § 34 StGB).
Ebensowenig kann ein Schadensanerkenntnis ohne tatsächliche Schadensgutmachung als mildernd gewertet werden. Fehl geht aber auch der Hinweis auf die durch die Verehelichung geänderten familiären Verhältnisse und die daraus entspringenden (neuen) Sorgepflichten, da dies bei der Ausmessung einer Freiheitsstrafe außer Betracht zu bleiben hat (LSK. 1975/118). Unter Berücksichtigung der zum AZ 23 Vr 246/82 des Landesgerichtes Linz abgeurteilten Straftaten wäre bei gemeinsamer Aburteilung eine einjährige Freiheitsstrafe durchaus angemessen gewesen (§ 40 StGB), sodaß die verhängte Zusatzstrafe nicht als überhöht anzusehen ist. Das getrübte Vorleben und die Begehung dieser Straftat während der Anhängigkeit des vorgenannten Verfahrens - womit im übrigen der dort angenommene Milderungsgrund eines langen Wohlverhaltens seit der dort abgeurteilten Tat unzutreffend erscheint -
sprechen gegen eine günstige Zukunftsprognose und lassen die Anwendung des § 43 Abs 1 StGB ausgeschlossen erscheinen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E04783European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00125.83.1018.000Dokumentnummer
JJT_19831018_OGH0002_0090OS00125_8300000_000