Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Oktober 1983
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Borotschnik als Schriftführers in der Strafsache gegen Werner A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall), 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 22.Juli 1983, GZ 20 Vr 1.565/83-31, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Mayrhofer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Ersten Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.Oktober 1964 geborene Werner A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen der Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 (zweiter Fall), 15 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 1.Mai 1983 mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, 1. abgenötigt zu haben, und zwar in Mötz (Tirol) dem Konrad B dadurch, daß er ihn durch Ansetzen eines mit Gaspatronen geladenen Schreckschußrevolvers an die Brust und durch Versetzen von Faustschlägen zur Herausgabe eines Geldbetrages von 750 S zwang; 2. abzunötigen versucht zu haben, und zwar in Pfaffenhofen (Tirol) dem Mustafa C dadurch, daß er ihn vom Fahrrad riß, ihm einen mit Gaspatronen geladenen Schreckschußrevolver an die Brust setzte und die Herausgabe von Geld forderte.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Werner A mit einer auf die Z 5, 6 und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor, weil der Beweisantrag, in dessen Abweisung eine Verletzung von Verteidigungsrechten erblickt wird, keine für die Lösung der Schuldfrage oder für den anzuwendenden Strafsatz wesentliche Frage betrifft. Der Beschwerdeführer wollte mit seinem Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen 'für Nerven und Gemütskrankheiten' (S 351) nur dartun, daß er vermindert zurechnungsfähig gewesen sei, nicht aber, daß ihm Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB zugute komme. Die bloße Verminderung der Zurechnungsfähigkeit stellt indes keinen Schuldausschließungsgrund dar und ist auch für den anzuwendenden Strafsatz ohne Belang. Die Abweisung des Beweisantrages konnte somit schon aus formellen Gründen keine Nichtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinn des § 345 Abs 1 Z 5 StPO herbeiführen. Auch der auf die Z 6 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Behauptung des Beschwerdeführers, die Verfahrensergebnisse hätten die Stellung einer Eventualfrage nach minder schwerem Raub im Sinn des § 142 Abs 2 StGB indiziert, kommt keine Berechtigung zu:
Eine Gaspistole, wie sie der Beschwerdeführer nach seiner eigenen Verantwortung (S 345) bei dem Raubüberfall auf Konrad B verwendete, ist, gleichgültig, ob geladen oder ungeladen, eine Waffe im Sinn des zweiten Deliktsfalls des § 143 StGB (ÖJZ-LSK 1978/47 und 80 zu § 143 StGB). Durch die Verwendung einer solchen Waffe ist die Tat zum schweren Raub im Sinn des § 143 StGB qualifiziert; ist diese Qualifikation aber gegeben, so kann ein Verhalten auch dann nicht als minder schwerer Raub nach dem § 142 Abs 2 StGB beurteilt werden, wenn alle übrigen Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle vorlägen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen war die begehrte Eventualfrage daher mangels Möglichkeit einer von der Anklage abweichenden rechtlichen Deutung nicht zu stellen.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 345 Abs 1 Z 12 StPO ausführt, der von den Geschwornen im Wahrspruch festgestellte Sachverhalt hätte vom Schwurgerichtshof richtigerweise als minder schwerer Raub nach dem § 142 Abs 2 StGB beurteilt werden müssen, genügt es, auf die vorstehenden Ausführungen zum Beschwerdevorbringen nach der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO zu verweisen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 41 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren.
Bei der Strafbemessung wertete es die wiederholte Tatbegehung, die mehrfache Qualifikation durch 'Anwendung von Gewalt und Drohung' sowie die einschlägigen Vorstrafen des Werner A als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das umfassende und reumütige Geständnis des Angeklagten, sein Alter von knapp über 18 Jahren zur Tatzeit, die alkoholbedingte, verminderte Zurechnungsfähigkeit, die volle Schadensgutmachung sowie den Umstand als mildernd, daß es in einem Raubfaktum beim Versuch blieb.
Den Strafausspruch bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit Berufung. Während Werner A die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, begehrt die Staatsanwaltschaft, die verhängte Strafe unter Ausschaltung des § 41 StGB schuldangemessen zu erhöhen. Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Der Staatsanwaltschaft ist zwar zuzugeben, daß das bisherige Vorleben und die Vorstrafenbelastung gegen den Angeklagten sprechen, anderseits darf jedoch in der Frage der Zukunftsprognose nicht unberücksichtigt gelassen werden, daß Werner A zur Tatzeit erst knapp über 18 Jahre alt war. Im Hinblick auf die damit (noch) naheliegende Möglichkeit eines Resozialisierungseffektes durch den Strafvollzug besteht in Verbindung mit den vom Erstgericht herangezogenen Milderungsgründen - der Auffassung der Anklagebehörde zuwider - die begründete Aussicht, daß der Angeklagte auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß (geringfügig) unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.
Der hohe Unrechtsgehalt der strafbaren Handlungen läßt allerdings - entgegen der Ansicht des Angeklagten -
auch keine weitere Strafmilderung zu. Seinem Begehren, die Freiheitsstrafe bedingt nachzusehen, stand schon die zwei Jahre übersteigende Strafhöhe entgegen (§ 43 Abs 2 StGB). Beiden Berufungen war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E04376European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00149.83.1019.000Dokumentnummer
JJT_19831019_OGH0002_0110OS00149_8300000_000