TE OGH 1983/10/25 9Os144/83

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Veröffentlicht am 25.10.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Oktober 1983

unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Siegfried A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1, teilweise auch Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. Mai 1983, GZ 28 Vr 405/83-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Haszler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. Juli 1954 geborene Autoverkäufer Siegfried A der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1, teilweise (Faktum I/1) auch Abs 2 StGB, und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Westendorf die Elfriede B I. gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar 1. am 3. August 1982 mit dem Tode dadurch, daß er ihr eine (für sie nicht als solche erkennbare) Schreckschußpistole an der rechten Schläfe und an der rechten Halsseite ansetzte und dabei vom Erschießen sprach;

2. (zu ergänzen: am 7. August 1982) dadurch, daß er aus seinem PKW die bezeichnete Pistole auf sie richtete und dabei erklärte, sie werde von ihm keine Ruhe haben;

II. am 7. August 1982 dadurch, daß er sie im Zimmer einsperrte, widerrechtlich gefangengehalten.

Von einem weiteren Anklagepunkt wurde er - unangefochten - freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In der Verfahrensrüge (Z 4) wendet er sich gegen die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung (S 77 i.V.m. S 66) u.a. gestellten Beweisanträge auf Vernehmung des Herbert C als Zeugen zum Beweise dafür, daß die Zeugin B noch nach den gegenständlichen Vorfällen mit dem Angeklagten Bruderschaft getrunken, keineswegs einen verängstigten Eindruck gemacht habe und nicht in Furcht und Unruhe versetzt worden sei, sowie auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweise dafür, daß Elfriede B sich leicht durch äußere Einflüsse beeinflussen lasse, dadurch leicht in Angstzustände versetzt werden könne und aus dieser Angst die Dinge nicht der Realität entsprechend zu beurteilen und wiederzugeben vermöge.

Der Schöffensenat hat diese Anträge mit der - im Urteil nachgeholten - Begründung abgewiesen (S 78; 105), daß sich die beantragte Vernehmung des Herbert C nur auf nach der Tat gelegene Umstände beziehe, die keine Schlüsse auf das Tatgeschehen zulassen, und daß sich aus dem Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben haben, die eine Einholung eines psychiatrischen Gutachtens bezüglich der Zeugin B rechtfertigen könnten.

Die Rüge versagt. Sie beruht nämlich auf der verfehlten Rechtsmeinung, zur Vollendung des Tatbestandes der gefährlichen Drohung gehöre, daß der Bedrohte auch tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wurde. In Wahrheit erfordert der in Rede stehende Tatbestand zwar die Absicht des Täters, einen anderen in Furcht und Unruhe zu versetzen, keineswegs aber den Eintritt dieses vom Täter bezweckten (§ 5 Abs 2 StGB) Erfolges (Leukauf/

Steininger, Kommentar2, RN 3 zu § 107; EvBl 1982/28). Ob Elfriede B durch die vom Angeklagten - nach den Urteilsfeststellungen (S 91, 93) in der erwähnten Absicht - ausgestoßenen Drohungen tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzt wurde, wie das Erstgericht allerdings als erwiesen annahm, ist somit weder für den Schuldspruch noch für den abzuwendenden Strafsatz entscheidend, sodaß die Abweisung des Beweisantrages auf Vernehmung des Zeugen C die Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigte. Dies gilt gleichermaßen auch für den Beweisantrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens, zu dem noch ergänzend zu bemerken ist, daß eine derartige Untersuchung eines Zeugen einerseits nur mit dessen Zustimmung zulässig gewesen wäre und andererseits - wie das Erstgericht zutreffend erkannte - im Verfahren hervorgekommene Bedenken gegen dessen Fähigkeit zur richtigen Wahrnehmung und wahrheitsgemäßen Aussage voraussetzt, die den Voraussetzungen des § 151 Z 3 StPO praktisch gleichkommen (SSt. 49/55). Fehlt es - wie vorliegend vom Erstgericht im Einklang mit der Aktenlage festgestellt - an solchen Bedenken, so obliegt die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Aussage allein der Beweiswürdigung der Tatrichter (§ 258 Abs 2 StPO), die nicht auf einen psychiatrischen Sachverständigen abgeschoben werden darf. Den Beweisantrag nachträglich begründende Bedenken in diesem Sinn vermag der Beschwerdeführer auch durch seinen Hinweis auf angebliche Widersprüche in der Aussage und im Verhalten der Elfriede B nicht aufzuzeigen. Hiezu genügt es, darauf zu verweisen, daß die Zeugin selbst ihre Darstellung, der ihr gegenüberstehende Angeklagte habe ihr die Schußwaffe mit der rechten Hand an ihrer rechten Hals- und Kopfseite angesetzt, damit als möglich erklärte, daß sie sich vielleicht abgewendet habe (S 64); für die Glaubwürdigkeit der Zeugin hat die Richtigkeit dieser Beobachtung (in der folgenden Hauptverhandlung meint sie übrigens, die Waffe sei ihr links angesetzt worden - S 73) unter Berücksichtigung der Begleitumstände nichts zu besagen. Desgleichen spricht das Verhalten der Zeugin bei Auflösung ihres Verhältnisses zum Angeklagten, nachdem sie von dessen Ehestand und Vorleben erfahren hatte, keineswegs gegen ihre Aussagetüchtigkeit.

In der Mängelrüge (Z 5) macht der Beschwerdeführer als Unvollständigkeit der Urteilsgründe geltend, das Erstgericht habe einerseits die Darstellung der Zeugin B über das Geschehen bei Ansetzen der Schußwaffe in der Duschkabine am 3. August 1982, andererseits die Aussage der Zeugin Rebekka A mit Stillschweigen übergangen. Auch damit ist er nicht im Recht. An welcher Kopfseite der Angeklagte der Bedrohten seine Waffe ansetzte, stellt an sich keine entscheidende Tatsache dar und bedurfte schon deshalb keiner näheren Erörterung.

Da die von der Zeugin gegebene Darstellung, der das Schöffengericht Glauben schenkte, nicht unmöglich ist, bedurfte es auch diesbezüglich keiner gesonderten Erörterung im Rahmen der Beweiswürdigung, zumal die Urteilsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO in gedrängter Darstellung abzufassen sind und das Gericht nicht verpflichtet ist, sich mit sämtlichen Details der Verfahrensergebnisse auseinanderzusetzen. Die Aussage der Zeugin Rebekka A, der Ehegattin des Angeklagten, bedurfte aus eben diesem Grund und auch deshalb keiner Erwähnung im Urteil, weil sie nicht das Tatgeschehen betraf, sondern nur den späteren Versuch der Zeugin, Elfriede B zum Widerruf ihrer den Angeklagten belastenden Darstellung zu veranlassen (S 77 f.). Daß Elfriede B dieses Ansinnen - nach der Darstellung der Zeugin - mit dem Bemerken zurückwies, sie werde den Angeklagten 'in den Dreck tunken, wo immer das gehe' (S 78), hat für die Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit, die das Erstgericht im Einklang mit den Denkgesetzen (auch) aus ihrem von anderen Zeugen unmittelbar nach den gegenständlichen Vorfällen beobachteten Aufregungszustand ableitete (S 95), keine entscheidende Bedeutung. Schließlich betrifft es auch keine im Sinn des behaupteten Nichtigkeitsgrundes entscheidende Tatsache, ob bei der Bedrohung der Zeugin B durch den Angeklagten (am 7. August 1982), die auf der Straße stattfand, zahlreiche Spaziergänger unterwegs waren, zumal die Zeugin B selbst deponierte, daß der Angeklagte die auf sie gerichtete Waffe wegsteckte, wenn Leute vorbeigingen (S 65 i. V.m. S 73). Die behaupteten Begründungsmängel liegen daher nicht vor.

In der nur gegen den Schuldspruch zu Punkt II wegen Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB gerichteten Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Beschwerdeführer die Tatbestandsverwirklichung, weil er nach dem Absperren des Zimmers den Schlüssel steckengelassen habe; die Bewegungsfreiheit der Zeugin sei daher bloß erschwert worden, ohne daß sich ihr Zustand qualitativ einem Gefangenhalten näherte. Dabei läßt der Beschwerdeführer jedoch zunächst unberücksichtigt, daß er nach den Urteilsfeststellungen nicht bloß die Tür von innen versperrte, sondern sich auch derart davor aufstellte, daß Elfriede B nicht an ihm vorbeigelangen und das Zimmer - nach Betätigung des steckengelassenen Schlüssels -

verlassen konnte (S 91). Die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge erfordert jedoch das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt. Darnach ergibt sich aber die Entziehung der Freiheit der Elfriede B eben nicht nur aus einem 'Einsperren' durch das Versperren des Zimmers, sondern (auch und vor allem) aus der Blockade des Zugangs zur Zimmertür, wodurch der Zeugin das Aufsperren der Türe und ein Verlassen des Raumes ebenso unmöglich gemacht wurde, als wenn der Beschwerdeführer den Schlüssel abgezogen hätte. Der Zeugin wurde somit rechtswidrig die persönliche Freiheit auf eine Weise entzogen, die einem Gefangenhalten entsprach, weil es ihr (für ca. 20 bis 30 Minuten) unmöglich gemacht wurde, das Zimmer zu verlassen und ihren Aufenthalt nach freiem Willen zu verändern (vgl. Kienapfel, BT I, RN 697 ff; ÖJZ-LSK 1979/243). Die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes ist demnach frei von Rechtsirrtum. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 107 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die Wiederholung der gefährlichen Drohung und das Zusammentreffen zweier Vergehen, als mildernd hingegen das Teilgeständnis.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafausmaßes und die Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Berufungswerber reklamierten weiteren Milderungsgründe liegen nicht vor. Denn nach Lage des Falles kann weder von einer Tatbegehung in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung, durch die sich der Täter zur Tat hat hinreißen lassen, noch davon gesprochen werden, daß die inkriminierten Taten bereits längere Zeit zurückliegen. Die vom Erstgericht festgestellten besonderen Strafzumessungsgründe bedürfen somit keiner Korrektur. Berücksichtigt man, daß der Berufungswerber bereits einschlägig vorbestraft ist und daß er die gefährliche Bedrohung der Elfriede B wiederholt hat, so erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß als durchaus tatschuldangemessen und täterpersönlichkeitsadäquat, sodaß eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht kam. Im Hinblick auf das Ausmaß der verhängten Freiheitsstrafe ist eine Anwendung des § 37 Abs 1 StGB kraft Gesetzes ausgeschlossen, sodaß auf das bezügliche Berufungsbegehren nicht einzugehen war.

ABS Auch der Berufung mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04397

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00144.83.1025.000

Dokumentnummer

JJT_19831025_OGH0002_0090OS00144_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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