TE OGH 1983/11/8 9Os169/83

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Veröffentlicht am 08.11.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. November 1983

unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Vergehens nach §§ 127 ff. StGB. über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 7. Jänner 1981, GZ. 20 U 702/79-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 7. Jänner 1981, GZ. 20 U 702/79-18, verletzt, insofern die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 55 Abs. 3 StGB. Mit Ausnahme des Ausspruches, wonach die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil vom 28. Jänner 1980 verhängten Freiheitsstrafe nicht widerrufen wird, werden dieser Beschluß sowie sämtliche darauf beruhenden weiteren Beschlüsse und Verfügungen aufgehoben.

Text

Gründe:

I./ Der am 29. Juli 1965 geborene Tischlerlehrling Herbert A wurde vom Jugendgerichtshof Wien wie folgt zu jeweils gemäß § 43 Abs. 1 StGB. für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen rechtskräftig verurteilt:

1./ Mit dem Urteil vom 28. Jänner 1980, GZ. 20 U 702/79-8, wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs. 1 StGB. (Tatzeit 18. Oktober 1979) zu fünf Tagen Freiheitsstrafe; 2./ mit dem Urteil vom 12. Mai 1980, GZ. 20 U 110/80-6, wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1

StGB. (Tatzeit 15. September 1979) zu einer (im Sinne der §§ 31, 40 StGB. zur erstgenannten Strafe bemessenen) Zusatzstrafe von fünf Tagen Freiheitsstrafe;

3./ mit dem Urteil vom 27. August 1980, GZ. 3 a Vr 891/80-15, wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 129 Z. 2 und 3; 15 StGB. zu einer weiteren (gemäß §§ 31, 40 StGB. zu den beiden vorgenannten Strafen bemessenen) zusätzlichen Freiheitsstrafe von drei Monaten.

Sämtliche, den Gegenstand dieser letzten Verurteilung bildenden Taten waren v o r den beiden Vorverurteilungen verübt worden, nämlich am 8. Oktober 1979, 24. Jänner und 25. Jänner 1980. Bei der Anführung der Tatzeit '24. Februar 1980' im Urteilsspruch zum Faktum A II 2 ist dem Erstgericht bei der Urteilsausfertigung (zunächst) ein Schreibfehler unterlaufen, den es nunmehr mit Beschluß vom 16. September 1983 (ON. 49 und S. 87 d.A.) dahin berichtigt hat, daß die Tatzeit (richtig) '24. Jänner 1980' lautet.

II./ Auf Grund der (ersten) Verurteilung zu einer Zusatzstrafe von fünf Tagen (Urteil vom 12. Mai 1980 - siehe oben Punkt I./ 2./) hatte der Jugendgerichtshof Wien im Verfahren 20 U 702/79 (oben Punkt I./ 1./) mit Beschluß vom 12. September 1980, GZ. 20 U 702/79- 16, gemäß § 55 Abs. 3

StGB. ausgesprochen, daß die Probezeit bis zum Ablauf der im Verfahren Punkt I./ 2./ gewährten Probezeit, also bis zum 12. Mai 1983, dauere.

III./ Nach der im Verfahren 3 a Vr 891/80 des Jugendgerichtshofes Wien mit dem Urteil vom 27. August 1980 erfolgten (zweiten) Verurteilung zu einer Zusatzstrafe von drei Monaten (I./ 3./) faßte der Jugendgerichtshof im Verfahren 20 U 702/79 (I./ 1./) auf Antrag des öffentlichen Anklägers am 7. Jänner 1981 gemäß § 53 (Abs. 1 und 2) StGB. dahingehend Beschluß, daß die in diesem Verfahren gewährte bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe nicht widerrufen, jedoch die Probezeit auf fünf Jahre verlängert werde (ON. 18 des Aktes 20 U 702/79).

IV./ Dieser letztgenannte, ebenfalls in Rechtskraft erwachsene Beschluß steht mit dem Gesetz nicht im Einklang, weil der Jugendgerichtshof Wien irrigerweise davon ausging, daß eine der Taten, auf die sich der Schuldspruch im Verfahren 3 a Vr 891/80 bezieht, nämlich das bereits erwähnte Faktum A II 2, am 24. Februar 1980, sohin innerhalb der mit dem Urteil vom 28. Jänner 1980 (oben Punkt I./ 1./) gewährten Probezeit, begangen wurde (vgl. S. 79 f der Akten 20 U 702/79).

Tatsächlich aber war, in welchem Sinne, wie erwähnt, die Urteilsausfertigung in der Zwischenzeit berichtigt wurde, die Tatzeit aber der 24. Jänner 1980.

Rechtliche Beurteilung

Da mithin sämtliche von der letzten Verurteilung erfaßten Taten schon vor der ersten Verurteilung verübt worden waren und sonach hinsichtlich aller Straftaten des Angeklagten eine gemeinsame Verfahrensführung gemäß § 56 StPO

möglich gewesen wäre, kam weder ein Widerruf wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung gemäß § 53 Abs. 1 StGB., noch eine Verlängerung der Probezeit bei Absehen von einem solchen Widerruf nach § 53 Abs. 2

StGB. in Betracht. Vielmehr hätte der Jugendgerichtshof Wien (erneut) im Sinne der Vorschrift des § 55 Abs. 1 StGB. über die Frage des Widerrufes bei nachträglicher Verurteilung, nämlich dahin zu befinden gehabt, ob die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafen bei gemeinsamer Aburteilung aller Gegenstand der drei Strafverfahren bildenden Taten gewährt worden wäre oder nicht. Erfolgte in diesem Falle - wie dies im Ergebnis geschehen ist - kein Widerruf, so galt bei der aktenkundigen Sachlage gemäß § 55 Abs. 3 StGB. für alle drei Verurteilungen die zuletzt - also mit Ablauf des 1. September 1983 - endende Probezeit.

V./ In Stattgebung der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E04423

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00169.83.1108.000

Dokumentnummer

JJT_19831108_OGH0002_0090OS00169_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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