TE OGH 1983/11/15 10Os162/83

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Veröffentlicht am 15.11.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. November 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Elmar A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 erster Fall und Abs.3 zweiter Satz StGB sowie eines anderen Deliktes über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen des Angeklagten sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 18. Jänner 1983, GZ 17 a Vr 142/82-122, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Verlesung der Rechtsmittelschrift, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Piffl-Lambert und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob - zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft (gegen den Schuldspruch laut Punkt 2. des Urteilssatzes) und jener des Angeklagten, soweit sie gegen den Schuldspruch laut Punkt 1. des Urteilssatzes gerichtet ist, wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil (zur Gänze) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen und mit seiner Berufung sowie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung werden auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Antiquitätenhändler Elmar A

(1.) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 (erster Fall) und Abs. 3 zweiter Satz (im Urteil irrig: zweiter Fall) StGB sowie (2.) des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB schuldig erkannt.

Darnach liegt ihm zur Last, (zu 1.) in der Zeit nach dem 23. November 1981 in Bregenz Sachen, die andere durch einen Einbruchsdiebstahl, also durch ein aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit fünf Jahren erreichender Freiheitsstrafe bedrohtes Verbrechen, erlangt hatten, und zwar zwei Mappen mit Kunstreproduktionen der Florentiner Uffiziensammlung sowie einen Tischspiegel aus Ebenholz mit Unterbau im Wert von zusammen 18.000 S, gekauft, an sich gebracht und verhandelt zu haben, wobei ihm die diese Strafdrohung begründenden Umstände bekannt gewesen seien, sowie (zu 2.) in der Zeit zwischen Mitte September 1981 und Jänner 1982 Sachen, die andere jeweils durch ein Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, fahrlässig gekauft und an sich gebracht zu haben, und zwar (a) den Korpus eines Wegkreuzes im Wert von ca 5.000 S, (b) ein Wohnzimmerbuffet im Wert von 35.000 S, (c) einen Bauernkasten im Wert von 9.000 S und (d) einen Küchenkasten (Schafreiti) im Wert von ca 25.000 S.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, mit der ersterer, gestützt auf Par 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit a StPO, beide Schuldsprüche, letztere hingegen mit Bezug auf Z 5 und 10 der vorerwähnten Verfahrensbestimmung nur jenen wegen (bloß) des Vergehens nach § 165 StGB anficht.

Rechtliche Beurteilung

Die Anklagebehörde ist mit ihrer Beschwerde im Recht. Hat sich doch das Erstgericht ersichtlich in der irrigen Meinung, zur Verwirklichung des Tatbestands der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB sei auf der subjektiven Tatseite - ebenso wie nach Z 3 und 4 dieser Strafbestimmung - Wissentlichkeit (§ 5 Abs. 3 StGB) erforderlich (US 8, 9), damit begnügt, lediglich festzustellen, daß dem Angeklagten in Ansehung des in den Punkten 2. a bis d des Urteilssatzes bezeichneten Diebsgutes ein derartiger Vorsatz nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden könne, ohne sich aber damit zu befassen, ob er nicht immerhin mit bedingtem Vorsatz (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB) gehandelt hat (Z 10).

Die Möglichkeit einer dahingehenden Beurteilung seines inneren Vorhabens wird auch nicht durch jene Konstatierungen ausgeschlossen, die der im Urteil vertretenen Ansicht zugrunde liegen, er habe 'ohne Zweifel fahrlässig' gehandelt (US 9). Denn eine eindeutige Feststellung bloß unbewußter Fahrlässigkeit des Angeklagten (§ 6 Abs. 1 StGB) ist den Entscheidungsgründen - wie die Staatsanwaltschaft zutreffend bemängelt (Z 5) - im Hinblick darauf, daß das Schöffengericht (zwar) einerseits annahm, es 'hätten' ihm Bedenken über die Herkunft der Sachen 'kommen müssen', anderseits aber (doch) zur überzeugung gelangte, daß er insoweit (tatsächlich) 'erhebliche Bedenken hatte' (US 5, 9), keinesfalls zu entnehmen. Die darnach möglicherweise aktuelle Wissenskomponente bewußter Fahrlässigkeit (§ 6 Abs. 2 StGB) aber könnte - je nachdem, ob der Angeklagte diesfalls den verpönten Erfolg nicht herbeiführen wollte oder sich mit dessen Eintritt abfand - Ausgangspunkt sowohl für bewußt fahrlässiges als auch für bedingt vorsätzliches Handeln sein; auch darüber läßt das Urteil jegliche Konstatierung vermissen.

Die von der Anklagebehörde aufgezeigten Feststellungs- (und Begründungs-) Mängel machen im Umfang der Urteilsfakten 2. a bis d eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, ohne daß es einer Erörterung des darauf bezogenen Beschwerdevorbringens des Angeklagten bedarf.

Zum Urteilsfaktum 1. hinwieder kommt dessen Mängelrüge (Z 5) insofern Berechtigung zu, als die im Urteil angeführten Beweismittel jene Feststellung, wonach ihm die Umstände des am 23. November 1981 im Schloß Mailath-Pokorny in Hohenems verübten Einbruchsdiebstahls soweit bekannt waren, daß er über die Herkunft der ihm von Norbert B und Arno C angebotenen Sachen, die aus diesem Diebstahl stammten, und zwar der Kunstreproduktionen und des Tischspiegels, bei deren Ankauf genau Bescheid gewußt habe (US 6, 7, 8), nicht zu tragen vermögen.

Der Urteilsbegründung (US 7) zuwider war nämlich der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme durch die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Vorarlberg keineswegs in diesem Sinn geständig gewesen. Er hatte dort lediglich zugegeben, den Spiegel und die beiden Mappen mit den Kunstreproduktionen an sich gebracht zu haben, doch seien ihm Bedenken hinsichtlich der Herkunft dieser Sachen, von denen C behauptet habe, sie seien schon lange in seinem Besitz, erst einige Zeit später bei einem Telefongespräch mit dem Genannten gekommen (vgl S 179 bis 181/II).

Gegenteiliges läßt sich auch aus seiner unmittelbar darauffolgenden allgemeinen Bemerkung, er sei über den betreffenden Einbruch infolge seiner Befragung hiezu durch die Gendarmerie schon am Tag nach der Tat 'gut informiert' gewesen, nicht entnehmen, zumal man bei den damit relevierten seinerzeitigen Ermittlungen das Hauptaugenmerk auf den Verbleib eines bei diesem Einbruch gleichfalls gestohlenen, dem Angeklagten aber erst bei dem vorerwähnten späteren Telefonat angebotenen Silberbestecks gerichtet habe (vgl S 349, 351/II). Ebensowenig kann aus den (im Urteil als weitere Beweisgrundlage angeführten) Angaben des B und des C vor der Gendarmerie (S 69, 135, 139/II), aus der (in diesem Belang nur Vermutungen zum Ausdruck bringenden) Aussage des C vor dem Untersuchungsrichter (S 626, 627/II), aus der Darstellung des Genannten in der Hauptverhandlung (S 114/II) oder aus der eigenen Verantwortung des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter (S 557/II) abgeleitet werden, daß der Beschwerdeführer schon zur Zeit der übernahme des nunmehr in Rede stehenden Diebsgutes (Tischspiegel und Kunstreproduktionen) über dessen Herkunft Bescheid wußte.

Jene Beweisergebnisse aber, die darauf hindeuten, daß letzterer von der Herkunft dieser Sachen nach ihrem Ankauf Kenntnis erlangte (vgl insbesondere S 69, 139/II, 114/III), bleiben im Urteil insoweit überhaupt unerörtert, sodaß das Erstgericht zu der dadurch aktuell gewordenen Frage (vgl Leukauf-Steininger, StGB 2 , RN 14 zu § 164), ob er Hehlerei etwa deshalb zu verantworten hat, weil er die gutgläubig an sich gebrachten Sachen (oder einen Teil davon) jedenfalls nach jenem Zeitpunkt vorsätzlich verheimlichte oder verhandelte (vgl hiezu insbesondere S 181/II), keinerlei Feststellungen getroffen hat.

Demgemäß war das angefochtene Urteil, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen des Angeklagten zu diesem Faktum eingegangen werden muß, teils in Stattgebung der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und teils in Stattgebung jener des Angeklagten zur Gänze aufzuheben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen; soweit der Angeklagte auch die Punkte 2. a bis d des Schuldspruchs bekämpft, war er ebenso wie mit seiner Berufung und die Staatsanwaltschaft mit der ihren auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird das Erstgericht auch mängel frei begründete Feststellungen über den Wert der vom Angeklagten an sich gebrachten und allenfalls verheimlichten oder verhandelten Gegenstände sowie über den von ihm dafür bezahlten Preis zu treffen und bei einem neuerlichen Schuldspruch sowohl nach § 164 als auch nach § 165 StGB - bei sonstiger Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 11 StPO) - zu beachten haben, daß diesfalls neben einer allfälligen Freiheitsstrafe kumulativ (§ 28 Abs. 2 StGB) auch eine Geldstrafe zu verhängen ist (vgl ÖJZ-LSK 1976/376).

Anmerkung

E04699

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00162.83.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19831115_OGH0002_0100OS00162_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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