TE OGH 1983/12/1 12Os145/83

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Veröffentlicht am 01.12.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ramschak-Heschgl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alexander Claus A wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und 2

(zweiter Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 15. September 1983, GZ 3 d Vr 2998/82- 41, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers, Dr. Auer, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 27. April 1953 geborene Kaufmann Alexander Claus A zu I./ des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2 (zweiter Fall) StGB und zu II./ des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien I./ ab 21. August 1979 ein ihm anvertrautes Gut in einem 100.000 S übersteigenden Wert, und zwar ihm von Werner B übergebene Edelsteine im Wert von ca 162.000 S, sich oder einem Dritten mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet hat; II./ im Jänner 1980, in zwei Angriffen, von den abgesondert Verfolgten Jakob C und Manfred D gestohlene Sachen, und zwar sechs Gewehre, drei Zielfernrohre und Munition im Gesamtwert von ca 220.000 S, um 27.000 S von Jakob C angekauft hat.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Das Schöffengericht erachtete die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers zu Punkt I/ des Schuldspruchs für widerlegt, wobei es hiezu ausführte, es habe keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Darstellung des Zeugen Werner B jun, zumal diese in wesentlichen Punkten durch die Aussage des Zeugen Paul E erhärtet erscheine (S 313); die Bekundungen des letztgenannten Zeugen seien für die Beweiswürdigung von entscheidender Bedeutung gewesen (S 315). In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer aber der Sache nach zu Recht einen Begründungsmangel in der Bedeutung des Par 281 Abs. 1 Z 5 StPO geltend. Hat doch das Erstgericht bei der Erörterung der Beweiskraft der Angaben des E beträchtliche Zweifel an dessen Wahrheitsliebe geäußert und festgehalten, daß sich der Zeuge von eindeutigen Aussagen zu drücken versuchte und insbesondere bestrebt war, den Beschwerdeführer nicht zu belasten, indem er 'bei seiner Aussage einen regelrechten ` Slalom` um Wahrheiten' zu machen getrachtet habe (vgl abermals S 315). Wenn das Gericht im Anschluß daran darauf verweist, daß E schließlich doch einräumen habe müssen, daß seine bereits am 17. September 1980 beim Sicherheitsbüro deponierte Aussage den Tatsachen entsprochen habe und es zutreffend sei, daß der Angeklagte den B immer wieder vertröstet habe, auf Grund welcher Beweisergebnisse erhärtet erscheine, daß der Angeklagte die Edelsteine des B dem Berechtigten vorenthalten hat, so bleibt es eine hinreichende Begründung dafür schuldig, aus welchen Erwägungen es - trotz der dargelegten beträchtlichen Zweifel an der Wahrheitsliebe des Zeugen E - letztlich dennoch dessen Angaben als tragfähige Beweisgrundlage ansehen zu können vermeint. Dieser Begründungsmangel ist deshalb relevant, weil das Schöffengericht - wie ausgeführt - der Aussage des E bei der Beweiswürdigung entscheidende Bedeutung beigemessen hat, während die Angaben des Zeugen B für sich allein - nach Auffassung des Schöffengerichts - offenbar nicht als zur überführung des Angeklagten hinreichend gewertet wurden.

Zum Schuldspruch laut Punkt II/ des Urteilssatzes stellte das Schöffengericht fest, daß der Beschwerdeführer die urteilsgegenständlichen (aus einem Einbruchsdiebstahl stammenden) Sachen in Kenntnis des Umstandes, daß es sich um Diebsgut handelte, gegen einen Kaufpreis von ungefähr 27.000 S erworben hat (S 317). Der Verantwortung des Angeklagten, keine Bedenken gehabt und die Sachen 'in gutem Glauben' erworben zu haben, schankte es keinen Glauben (S 319). Die bezüglichen Urteilsausführungen (und die hiefür angegebenen Gründe) decken zwar die Annahme, daß der Angeklagte die Herkunft der erworbenen Sachen aus einem Diebstahl ernstlich für möglich gehalten hat - auch wenn in den Entscheidungsgründen zum Teil nur von Bedenken gegen die Seriosität des Jakob C und von einem zwingenden Indiz für eine 'bedenkliche Ware' gesprochen wird (S 319) -, sie lassen aber nicht erkennen, ob sich der Angeklagte damit auch abgefunden hat und solcherart auch die Willenskomponente des bedingten Vorsatzes gegeben ist. Daß der Täter die Tatbildverwirklichung (ernstlich) für möglich hält, genügt für die Annahme bedingt vorsätzlichen Handelns nicht; entscheidend ist vielmehr die Fortsetzung des Willensbildungsprozesses, weil erst auf dieser Ebene bedingter Vorsatz von bewußter Fahrlässigkeit unterschieden werden kann. über die Fortsetzung des Willensbildungsprozesses enthält das angefochtene Urteil aber - wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend rügt - keine hinreichenden Konstatierungen, sodaß eine abschließende rechtliche Beurteilung des inkriminierten Tatverhaltens derzeit nicht möglich ist.

Es erweist sich demnach, daß zu beiden Punkten des Schuldspruchs eine Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz unumgänglich ist, sodaß - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht -

spruchgemäß zu entscheiden war.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die getroffene kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04786

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00145.83.1201.000

Dokumentnummer

JJT_19831201_OGH0002_0120OS00145_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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