TE OGH 1983/12/1 13Os150/83

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Veröffentlicht am 01.12.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Dezember 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Puschnig als Schriftführerin in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Vergehens der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB. über die von der Staatsanwaltschaft und vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Ried im Innkreis als Schöffengerichts vom 10.März 1983, GZ. 6 Vr 952/82-49, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Felzmann, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Piffl-Lambert und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

I. Den Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, zum Teil auch gemäß § 290 Abs. 1 StPO., zur Gänze (§ 289 StPO.) aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. wird in der Sache selbst erkannt:

Rudolf A ist schuldig, er hat sich am 7. und 8.März 1979 in Riedau fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und im Rausch dadurch, daß er 1. ein Benzingemisch in die Wohnung der Margit A schüttete und den dort anwesenden Karl B damit übergoß, wobei sich das Gemisch explosionsartig entzündete, a) versucht, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, b) vorsätzlich Karl B am Körper schwer verletzt, 2. vorsätzlich eine zu den Amtsräumen des Gendarmeriepostens führende Glastür eintrat, eine fremde bewegliche Sache beschädigt (Schaden 921,58 S), somit Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB. (1 a), als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. (1 b) und als Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. (2) zugerechnet würden.

Er hat hiedurch das Vergehen der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen im Zustand der vollen Berauschung nach § 287 Abs. 1 (§§ 15, 169 Abs. 1; 83 Abs. 1, 84 Abs. 1;

125) StGB. begangen und wird hiefür nach § 287 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf die Urteile des Amtsgerichts München vom 27.Februar 1980, 456 Js 161.975/80, und des Schöffengerichts beim Amtsgericht München vom 11.Oktober 1982, 333 Js 15.140/82, zu einer Zusatzstrafe von 20 (zwanzig) Monaten und 15 (fünfzehn) Tagen und gemäß § 389 StPO. zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB. wird die Vorhaft ab 29.Juni 1982, 12 Uhr, bis zum 10.März 1983, 9,30 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

II. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten verworfen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die vorstehende Entscheidung verwiesen.

IV. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wird zurückgewiesen.

V. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.Jänner 1952 geborene Spenglergehilfe Rudolf A des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs. 1 StGB in Verbindung mit §§ 15, 169 Abs 1; 15, 83 Abs 1, 84 Abs. 1; 125; 115 Abs. 1, 117 Abs. 2 StGB. schuldig erkannt und hiefür nach § 287 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme auf das Urteil des Amtsgerichts München vom 27.Februar 1980, 456 Js 161.975/80, zu einer Zusatzstrafe in der Dauer von 2 1/2 Jahren verurteilt. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB. wurde dem Angeklagten A die Vorhaft vom 11. Oktober 1982, 7 Uhr, bis 10.März 1983, 9,30 Uhr, auf diese Freiheitsstrafe angerechnet.

Unter Einbeziehung der Urteilsgründe liegt dem Angeklagten zur Last, sich am 7.März 1979 und in der Nacht zum 8.März 1979 in Riedau, Bezirk Schärding, fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt zu haben. In diesem Rausch hat er ein Benzingemisch mit dem Vorhaben, es anzuzünden, in der in einem einstöckigen Wohnhaus in Riedau gelegenen Wohnung seiner Schwester Margit A ausgeschüttet und auch den dort anwesenden Karl B mit dem Benzingemisch übergossen. Dabei kam es, vermutlich durch einen elektrischen Funken, explosionsartig zu einem (von einem Nachbarn vor Eintreffen der Feuerwehr wieder gelöschten) Brand, durch den Karl B sehr schwere Verletzungen (Verbrennungen zweiten und dritten Grades mit einer 24 Tage weit überschreitenden Gesundheitsstörung) erlitt. Weiters liegt dem Angeklagten zur Last, sich hierauf zum Gendarmerieposten Riedau begeben zu haben, wo er die Glasfüllung der zum Gendarmerieposten Riedau führenden Tür eintrat und den Gendarmeriebeamten Karl C öffentlich beleidigte. Er habe somit Handlungen begangen, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1

StGB., (als Vergehen) der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, (als Vergehen) der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und (als Vergehen) der Beleidigung nach §§ 115 Abs 1, 117 Abs 2 StGB zugerechnet würden.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer teilweise zugunsten des Angeklagten ausgeführten, die Z. 3, 10, 11 des § 281 Abs. 1 StPO. reklamierenden und der Angeklagte mit einer auf die Z. 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Beiden Beschwerden kommt zum Teil Berechtigung zu.

Zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft:

Dem Vorbringen (zugunsten des Angeklagten) unter dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO. ist zwar einzuräumen, daß im Urteilsspruch die Tatbestandsmerkmale der einzelnen (verdeckten) Rauschtaten nur summarisch angeführt werden. Jedoch bildet dieser Formmangel noch keinen unter Nichtigkeitssanktion stehenden Verstoß gegen die Vorschriften des § 260 Abs. 1 StPO., weil - dem Beschwerdeeinwand zuwider - sich dem Urteilsspruch die zur Individualisierung der im Vollrausch verübten Taten erforderlichen Beschreibungen der tatsächlichen Verhaltensweisen noch mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen lassen. Der Gesetzgeber verlangt mit der den notwendigen Inhalt eines Strafurteils normierenden Vorschrift des § 260 Abs. 1 StPO. nicht, daß die Tat(en) im Urteilssatz erschöpfend geschildert wird (werden); es genügt vielmehr, daß sie dort mittels der Aufzählung von Elementen des festgestellten Sachverhalts in einer eine Verwechslung ausschließenden Form umschrieben wird (werden) und die im Urteilsspruch fehlenden Tatbestandsmerkmale wenigstens den Entscheidungsgründen zu entnehmen sind (LSK. 1976/357, EvBl. 1952

Nr. 334, 1959 Nr. 105, 1973 Nr. 109 u.v.a.). Diesem Mindesterfordernis entspricht das angefochtene Urteil, wenn auch grenznah. Darnach kam die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung (§ 288 Abs. 2 Z. 1 StPO.) nicht in Frage und der Oberste Gerichtshof konnte bei der - wie noch darzulegen sein wird - aus anderen Gründen erforderlichen Entscheidung in der Sache selbst (§ 288 Abs. 2 Z. 3 StPO.) die in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen der Neufassung des Urteilsspruchs zugrundelegen.

Hingegen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft insoweit Berechtigung zu, als unter der Z. 10

des § 281 Abs. 1 StPO. (vgl. hiezu SSt. 47/35, EvBl. 1983/51) zum Nachteil des Angeklagten geltend gemacht wird, Rudolf A habe im Hinblick darauf, daß der von ihm angestrebte Verletzungserfolg bei Karl B tatsächlich eingetreten ist, in bezug auf diese Rauschtat vollendete schwere Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. zu vertreten. Das Erstgericht habe rechtsirrtümlich nur Versuch angenommen, weil es zu einer Vollendung durch den Angeklagten selbst nicht mehr gekommen sei; denn er konnte das in seinem Vorhaben gelegene Anzünden des Benzingemischs nicht mehr verwirklichen und der Erfolgseintritt sei daher auf (andere) äußere Einflüsse zurückzuführen (S. 271).

Dieses von der Staatsanwaltschaft aufgeworfene Rechtsproblem betrifft allerdings nicht die (empirische) Frage der Kausalität im Sinn der herrschenden Äquivalenztheorie, stellen doch das Ausschütten des Benzingemischs in der Wohnküche und das übergießen des Karl B mit einer leicht entflammbaren Flüssigkeit Handlungen dar, die conditio sine qua non der infolge der Verbrennungen bei Karl B eingetretenen Körperverletzung und somit des vom Angeklagten angestrebten Erfolgs waren; denn ohne das Ausschütten des Benzingemischs durch den Angeklagten wäre der Verletzungserfolg in seiner konkreten Gestalt nicht eingetreten. Vielmehr betrifft die von der Anklagebehörde aufgeworfene Frage, ob dem Angeklagten die an Karl B begangene Rauschtat als vollendete schwere Körperverletzung anzulasten sei, das Problem der objektiven Erfolgszurechnung. Erste Voraussetzung für diese Zurechnung ist, daß der Kausalverlauf innerhalb der gewöhnlichen Erfahrung liegt. Ein außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegender Kausalverlauf würde die Zurechnung des Erfolgs ausschließen (LSK. 1976/39, EvBl. 1976 Nr. 201 u.a.). Demnach genügt für die objektive Erfolgszurechnung die Voraussehbarkeit des Erfolgs. Davon ausgehend kann aber nicht gesagt werden, daß mit Rücksicht auf die Tatumstände (Ausschütten und übergießen des B mit einem Benzingemisch) der vom Angeklagten herbeigeführte, von seinem Vorsatz umfaßte Erfolg, nämlich eine Verbrennung des B nach einer Entzündung der leicht brennbaren Flüssigkeit, außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. Muß doch dem Täter angelastet werden, daß nach dem Wissensstandard eines erwachsenen Durchschnittsmenschen die Vorhersehbarkeit der Entzündung des ausgeschütteten Benzins und des entstandenen leicht entflammbaren Benzin-Luft-Gemischs vor allem deshalb gegeben war, weil in der mit elektrischem Licht und Elektrogeräten (hier mit einem im Betrieb befindlichen Kühlschrank) ausgestatteten Wohnung eine Explosion durch einen elektrischen Funken sogar im nahen Bereich des Möglichen lag.

Zweite Voraussetzung für die objektive Erfolgszurechnung ist der Risikozusammenhang. Er ist hier gleichfalls zu bejahen: Der Verletzungserfolg manifestiert sich als Verwirklichung gerade derjenigen Gefahr, der die übertretene allgemeine Sorgfaltsnorm, die aus den mannigfachen Bestimmungen zum Schutz von Leib und Leben hervorgeht, einen Bestandteil jeglicher zivilisierten Gemeinschaftsordnung bildet und darum für jedermann leicht erkennbar ist, gezielt entgegenwirken soll (vgl. RiZ. 1981

Nr. 35 S. 134 f. mit Anmerkung von Kienapfel; ferner 13 Os 23/83 u. v.a.).

Da nach den Urteilsannahmen der Verletzungserfolg vom Vorsatz (im Urteil unrichtig: 'Absicht') des Angeklagten (§ 83 Abs. 1 StGB.) erfaßt war (S. 271), ist der Erfolg auch subjektiv zuzurechnen, zumal dessen Vorhersehbarkeit im Rahmen der aktenkundigen individuellen Verhältnisse des Angeklagten keinem Zweifel ausgesetzt ist (siehe eingangs und oben; vgl. RiZ. 1983/48). Für die Zurechnung des schweren Verletzungserfolgs greift im übrigen die Regelung des § 7 Abs. 2 StGB. Platz, wonach eine an eine besondere Tatfolge geknüpfte schwerere Strafe den Täter dann trifft, wenn er diese Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat. Auch hiefür gelten die vorstehenden Ausführungen betreffend den Bedingungs- und den Risikozusammenhang.

Somit erweist sich die Rechtsrüge der Staatsanwaltschaft im Ergebnis als zutreffend, weshalb dem Angeklagten die schwere Körperverletzung des Karl B als das in voller Berauschung (§ 287 StGB.) begangene Vergehen der vollendeten schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB. zuzurechnen war.

Zur Beschwerde des Angeklagten:

Sie erweist sich als nicht begründet, soweit der Angeklagte einerseits in der Urteilsannahme, er habe beim Ausschütten des leicht brennbaren Kanisterinhalts 'absichtlich' gehandelt (S. 269), und in der andererseits getroffenen Feststellung, zu diesem Zeitpunkt sei seine Dispositionsfähigkeit (infolge starker Alkoholisierung) aufgehoben gewesen (S. 269 oben), einen inneren Widerspruch (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) erblickt. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß sich auch beim Vergehen nach § 287 Abs. 1 StGB. die sogenannte 'Rauschtat' als Betätigung eines auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolgs gerichteten Willens darstellen und darum alle subjektiven Merkmale des betreffenden Tatbestands verkörpern muß. Unter Vorsatz ist dabei nichts anderes als das natürliche Wissen und Wollen der Tat (das auch bei einem Vollberauschten vorhanden ist) zu verstehen (EvBl. 1980/183 u.v.a.). Dem Volltrunkenen fehlt bloß die Fähigkeit, das Unrecht seiner Tat einzusehen (Diskretionsfähigkeit) und/oder nach dieser Einsicht zu handeln (Dispositionsfähigkeit). Darnach bildet die Urteilsannahme, A habe im Zustand der vollen Berauschung seinen Willen jeweils folgerichtig zwecks Herbeiführung eines bestimmten strafgesetzwidrigen Erfolgs betätigt, keineswegs einen inneren Widerspruch mit der Konstatierung der die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Volltrunkenheit.

Als verfehlt erweist sich aber auch die Rechtsrüge des Angeklagten (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.), wenn sie eine Feststellung vermißt, daß er sich schuldhaft (sei es fahrlässig oder vorsätzlich) in den seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt habe. Wie schon aus dem Urteilsspruch hervorgeht, macht nämlich das Gericht dem Angeklagten insoweit ein fahrlässiges Verhalten zum Vorwurf. Es begründet diesen Vorwurf mängelfrei und denkrichtig mit dem Hinweis auf eine einschlägige Vorstrafe wegen selbstverschuldeter voller Berauschung nach § 523 StG. und mit dem Wissen A, daß übermäßiger Alkoholkonsum - der Beschwerdeführer spricht selbst von einer 'Sauftour', auf der er sich am 7.März 1979 und in der Nacht zum 8.März 1979 befunden habe (S. 176) - bei ihm zu einer vollen Berauschung führt und er in diesem Zustand zur Begehung von strafbaren Handlungen neigt (S. 271).

Zutreffend macht aber der Angeklagte (ebenso wie die Staatsanwaltschaft zu seinen Gunsten) den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO. geltend. Damit zeigt er erstens eine Verletzung des § 38 Abs. 1 Z. 2 StGB. infolge Nichtberücksichtigung einer von ihm in der Bundesrepublik Deutschland vom 29.Juni 1982 (ON. 18) bis zum 11.Oktober 1982 wegen anderer, dort verübter Straftaten zugebrachten Vorhaft und zweitens - was das Erstgericht selbst einräumt (S. 272, 273) - eine überschreitung der Grenzen der nach § 287 Abs. 1

StGB. in Verbindung mit § 31 StGB. eingeräumten, unter Berücksichtigung der österreichischen Strafdrohungen für die in der Bundesrepublik abgeurteilten Straftaten nicht ausgedehnten Strafbefugnis (Obergrenze 3 Jahre Freiheitsstrafe) auf. Es wurde nämlich auf die wegen der vorerwähnten Straftaten des Angeklagten in der Bundsrepublik Deutschland vom Schöffengericht beim Amtsgericht München mit Urteil vom 11.Oktober 1982, 333 Js 15.140/82, über Rudolf A unter anderem wegen vorsätzlicher Körperverletzung und des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln ausgesprochene (zur Bewährung ausgesetzte) Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten entgegen den Vorschriften der §§ 31 Abs. 1 und 2, 40 StGB. nicht Bedacht genommen.

Dieses richtige Beschwerdevorbringen wurde bei der Strafneubemessung

berücksichtigt.

Zur Maßnahme nach § 290 Abs. 1 StPO.:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden war von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil, soweit darin dem Angeklagten u.a. eine in der Nacht zum 8.März 1979 in Riedau im Zustand der vollen Berauschung dem Gendarmeriebeamten Karl C zugefügte Beleidigung (§§ 115 Abs. 1, 117

Abs. 2, 287 StGB.) vorgeworfen wird, mit einer ungerügten Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. zum Nachteil des Angeklagten behaftet ist. Wegen dieser Beschimpfungen des Gendarmeriebeamten war eine Verfolgung durch den öffentlichen Ankläger nur innerhalb der sonst dem Verletzten für das Verlangen nach Strafverfolgung offenstehenden Frist zulässig (§ 117 Abs. 2 StGB.). Sonach war vom öffentlichen Ankläger die sechswöchige Frist des § 46 Abs. 1 StPO. zu beachten. Diese Frist begann mit der Kenntnis von Tat und Täter durch den Verletzten (C) zu laufen; die Kenntnisnahme seitens des Staatsanwalts war hingegen ohne Belang (Foregger-Serini2, Anm. III zu § 117 StGB.).

Der Lauf der sechswöchigen Frist setzte demnach bereits am 8.März 1979 ein und endete mit dem Ablauf des 19.April 1979. Der erste Verfolgungsantrag wegen der Beleidigung des Gendarmeriebeamten C wurde seitens des öffentlichen Anklägers aber erst am 24.April 1979 gestellt (S. 1 des Antrags- und Verfügungsbogens sowie S. 40 in ON. 3), also außerhalb der sechswöchigen Frist des § 117 Abs. 2 StGB. (§ 46 Abs. 1 StPO.). Diese ist zufolge der Vorschrift des § 287 Abs. 2 StGB. auch hinsichtlich der sogenannten 'Rauschtat' zu beachten. Dem Angeklagten kommt daher in bezug auf das Vergehen nach § 115 StGB. subjektive Verjährung zustatten.

Es war daher beiden Nichtigkeitsbeschwerden im aufgezeigten Umfang Berechtigung zuzuerkennen, darüber hinaus von Amts wegen der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. bezüglich des Schuldspruchs wegen § 287 Abs. 1 StGB. im Grund der §§ 115 Abs. 1, 117 Abs. 2 StGB. wahrzunehmen, unter Heranziehung der Ermessensnorm des § 289 StPO. das angefochtene Urteil zur Gänze aufzuheben und spruchgemäß in der Sache selbst zu erkennen.

Zur Strafneubemessung:

Bei der nach § 287 Abs. 1 StGB. vorzunehmenden Neubemessung der Strafe wurden als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Begehung dreier strafbarer Handlungen im Rauschzustand, das Zusammentreffen mit weiteren (im Verhältnis des § 31 Abs. 1 und 2

StGB. stehenden) Straftaten und die zweifache Qualifikation der schweren Körperverletzung des Karl B (an sich schwer und monatelange Gesundheitsstörung) gewertet.

Mildernd waren hingegen das Geständnis, die eigene schwere Verletzung des Angeklagten und der Umstand, daß die Brandstiftung nur beim Versuch geblieben ist.

Auf der Grundlage dieser Strafzumessungsgründe erscheint dem Obersten Gerichtshof (abermals) eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren tat- und tätergerecht.

Im Hinblick auf die gemäß § 31 StGB. erforderliche Bedachtnahme auf die Urteile des Amtsgerichts München vom 27.Februar 1980, 456 Js 161.975/80 (Geldstrafe von 15 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), und des Schöffengerichts beim Amtsgericht München vom 11.Oktober 1982, 333 Js 15.140/82 (9 Monate Gesamtfreiheitsstrafe), war die Zusatzfreiheitsstrafe in Befolgung der Vorschrift des § 40 StGB. mit 20 Monaten und 15 Tagen zu bestimmen.

Bei der Vorhaftanrechnung war - wie ebenfalls bereits ausgeführt - gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 StGB. die in dem zum gegenständlichen Verfahren im Verhältnis des § 56 StPO. stehenden Strafverfahren 333 Js 15.140/82 des Amtsgerichts München erlittene Vorhaft ab 29.Juni 1982

einzubeziehen, wobei mangels Feststellbarkeit des Beginns der ausländischen Haft von der Mittagsstunde dieses Tags auszugehen war (siehe 13 Os 117/83 m.w.N.).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen, während die von der Staatsanwaltschaft ohne Angabe von Beschwerdepunkten angemeldete (S. 275), nach Urteilszustellung nicht ausgeführte Berufung gemäß §§ 296 Abs. 2 und 3, 294 Abs. 4 StPO. zurückzuweisen war.

Anmerkung

E04405

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00150.83.1201.000

Dokumentnummer

JJT_19831201_OGH0002_0130OS00150_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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