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L26009 Lehrer/innen Wien;Norm
LDG 1984 §26a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Faber, über die Beschwerde der ER in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 23. Oktober 2001, Zl. MDBLTG-0651/01, betreffend Feststellung gemäß § 26a Abs. 3 LDG 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Volksschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien. Sie wurde mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 für einen Zeitraum von drei Jahren und zehn Monaten auf die Planstelle eines Leiters der Verwendungsgruppe L2a2 an Volksschulen an der Volksschule Wien, R.- Gasse, ernannt.
Mit Schreiben vom 31. Mai 2001 erteilte der Landesschulinspektor der dienstältesten Lehrerin der genannten Volksschule die Weisung, ein Schulforum zur Erstellung eines Gutachtens gemäß § 26a Abs. 3 des Landeslehrer-Dientsrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984) - über die Frage der Nichtbewährung der Beschwerdeführerin als Schulleiterin dieser Schule - einzuberufen. Die daraufhin einberufene Sitzung des Schulforums (an der die Beschwerdeführerin nicht teilnahm) fand am 15. Juni 2001 statt. Das Schulforum erstellte ein aus zwei Teilen bestehendes, Gesetzwidrigkeiten und sonstige Vorwürfe auflistendes "Gutachten", wobei Teil 1 von Lehrerinnen und Teil 2 von Eltern des Schulforums dieser Schule verfasst wurde.
Mit Eingabe vom 21. Juni 2001 an den Stadtschulrat von Wien beantragte die Beschwerdeführerin Akteneinsicht und nahm zur Schulforumssitzung vom 15. Juni 2001 Stellung.
Am 22. Juni 2001 erstattete die Bezirksschulinspektorin S. als Schulbehörde erster Instanz über die Beschwerdeführerin ein (ausführlich begründetes) "Gutachten gemäß § 26a Abs. 3 LDG 1984 idF. BGBl. 329/1996 entsprechend dem Beurteilungskonzept für Leiterbewerbungen", in dem sie eine Weiterverwendung der Beschwerdeführerin als Schulleiterin nicht befürwortete.
Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2001 beantragte der Wiener Stadtschulrat unter Hinweis auf die erwähnten Gutachten bei der Wiener Landesregierung, diese möge gemäß § 26a Abs. 3 LDG 1984 die Nichtbewährung der Beschwerdeführerin auf ihrem Arbeitsplatz als Leiterin der genannten Volksschule aussprechen.
Im Zuge des Parteiengehörs teilte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 5. September 2001 mit, auch nach Akteneinsicht habe sich an ihrem Standpunkt nichts geändert. Sie werde sich nach Durchführung der beantragten Beweise ausführlich zu den Ergebnissen äußern.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Oktober 2001 stellte die Wiener Landesregierung gemäß § 26a Abs. 3 LDG 1984 fest, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrer Funktion als Schulleiterin der Volksschule in Wien, R.-Gasse, in welcher sie mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1999 ernannt worden sei, nicht bewährt habe (Spruchpunkt I.) und dass ihre Funktion als Schulleiterin dieser Schule mit Zustellung des Bescheides beendet sei (Spruchpunkt II.).
Begründend führte die belangte Behörde nach Auseinandersetzung mit den Themen des Verwaltungsverfahrens (Zuständigkeit zur Einberufung des Schulforums zwecks Beschlussfassung des Gutachtens und Befangenheit von Mitgliedern des Schulforums) aus, ihre Ermessensentscheidung sei anlässlich der Bestellung der Beschwerdeführerin zur Schulleiterin unter Berücksichtigung aller, die einzelnen Bewerber betreffenden Verhältnisse sowie auf Grund weiterer, im Gesetz nicht angeführter, sachbezogener Entscheidungselemente erfolgt (wie z. B. Leistungsbereitschaft, Motivation, Sensibilität, Selbstwert, Kontaktfähigkeit, Beziehungen/Vertrauen, Standfestigkeit, Entscheidungssicherheit, Problembewältigung, Konfliktstärke, Wissensorientierung, kommunikative Fähigkeiten, Administration und Organisation, pädagogische Fachkompetenz), die auch nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte für eine Entscheidung heranzuziehen seien, wodurch die im § 26 LDG 1984 angeführten Kriterien für die Auswahl der Bewerber in ihrer Bedeutung und Wertigkeit teilweise hintangesetzt werden müssten.
Auf Grund der schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten der Bezirksschulinspektorin S. und des Schulforums der genannten Volksschule stehe fest, dass die Beschwerdeführerin während ihrer Tätigkeit als Schulleiterin große Defizite in Administration und Organisation, pädagogischer Fachkompetenz, Kommunikationsfähigkeit und Konfliktbewältigungskompetenz aufgewiesen habe und somit für die Schulleiterfunktion essenzielle Voraussetzungen nicht erfülle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die Beschwerdeführerin erstattete unaufgefordert eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Sache ist vorweg auf die von der Beschwerdeführerin mangels (ausdrücklicher) Nennung eines Bescheidadressaten in Zweifel gezogene Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung einzugehen: Abgesehen davon, dass sich der Adressat eines Bescheides auch aus dessen Spruch ergeben kann (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 411/1) und dies im Beschwerdefall gegeben ist, stellt die Beschwerdeführerin auch in ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof gar nicht in Abrede, die vom Ausspruch der Nichtbewährung betroffene Schulleiterin der genannten Volksschule in Wien gewesen zu sein. Die angefochtene Erledigung ist daher als Bescheid zu qualifizieren; die Beschwerde ist zulässig.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, dass nicht festgestellt werde, sie hätte sich als Schulleiterin der in Rede stehenden Volksschule im Sinne des § 26a Abs. 3 LDG 1984 nicht bewährt, sodass zu Unrecht die zeitliche Begrenzung ihrer Ernennung zur Schulleiterin nicht entfalle, weiters in ihrem Recht darauf, dass ihre Funktion als Schulleiterin der genannten Volksschule jedenfalls nicht vor Ablauf des 31. Oktober 2002 entgegen § 26a Abs. 2 LDG 1984 ende.
§ 26a des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (kurz: LDG 1984), eingefügt durch die Novelle BGBl. Nr. 329/1996, lautet:
"Ernennung von Schulleitern:
(1) Vor der Reihung gemäß § 26 Abs. 7 sind die Bewerbungen der die Erfordernisse erfüllenden Bewerber dem Schulforum und/oder dem Schulgemeinschaftsausschuss der Schule, für die die Bewerbungen abgegeben wurden, zu übermitteln. Das Schulforum und/oder der Schulgemeinschaftsausschuss haben das Recht, binnen drei Wochen ab Erhalt der Bewerbungen eine begründete schriftliche Stellungnahme abzugeben.
(2) Ernennungen zu Schulleitern sind zunächst auf einen Zeitraum von vier Jahren wirksam. In diesen Zeitraum sind bis zu einem Höchstausmaß von zwei Jahren Zeiten der Betrauung mit der Funktion eines Schulleiters einzurechnen.
(3) Voraussetzung für den Entfall der zeitlichen Begrenzungen nach Abs. 2 ist die Bewährung als Schulleiter und die erfolgreiche Teilnahme am Schulmanagementkurs - Berufsbegleitender Weiterbildungslehrgang. Wird dem Inhaber der leitenden Funktion nicht spätestens drei Monate vor Ablauf des Zeitraumes gemäß Abs. 2 mitgeteilt, dass er sich auf seinem Arbeitsplatz nicht bewährt hat, entfällt die zeitliche Begrenzung aus dem Grund der Bewährung kraft Gesetzes. Ein Ausspruch der Nichtbewährung ist nur auf Grund von derartigen Gutachten sowohl zumindest der Schulbehörde erster Instanz als auch des Schulforums oder des Schulgemeinschaftsausschusses zulässig.
(4) Endet die Leitungsfunktion gemäß Abs. 1 (Anmerkung:
Zitierfehler, der durch die Dienstrechts-Novelle 2002 (in Kraft ab 29. Mai 2002 und damit nach Erlassung des angefochtenen Bescheides) korrigiert wurde: BGBl. I Nr. 87/2002, Art. 7 Z. 2; die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 1066 BlgNR XXII. GP, 63 sprechen von Zitatanpassung) und verbleibt deren Inhaber im Dienststand, so ist er kraft Gesetzes auf jene Planstelle übergeleitet, die er zuletzt vor der Ernennung unbefristet innehatte. In diesem Fall richtet sich seine Lehrverpflichtung nach seiner tatsächlichen Verwendung.
(5) Hatte der Inhaber der leitenden Funktion im betreffenden Dienstverhältnis zuvor keine andere Planstelle inne, so ist er mit dem Ende der Funktion kraft Gesetzes auf eine Planstelle eines Lehrers ohne Leitungsfunktion in jener Verwendungsgruppe übergeleitet, der er als Inhaber der Leitungsfunktion angehört hat.
(6) Ferner endet die Innehabung der leitenden Funktion im Falle eines diesbezüglichen Disziplinarerkenntnisses, bei Privatschulen auch im Falle der Abberufung durch den Privatschulerhalter."
Nach § 1 Abs. 1 des Wiener Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes 1978 (Wr. LDHG 1978), LGBl. für Wien Nr. 4/1979, obliegt die Ausübung der Diensthoheit des Landes Wien über die Landeslehrer der Landesregierung. § 1 Abs. 2 leg. cit. enthält eine (subsidiäre) Generalklausel zu Gunsten des Stadtschulrates zur Durchführung jener "Maßnahmen" zur Ausübung der Diensthoheit, die in den folgenden Bestimmungen nicht anderen Behörden vorbehalten sind.
Im § 2 des Wr. LDHG 1978 sind die in die Zuständigkeit der Landesregierung fallenden Angelegenheiten taxativ aufgezählt. § 2 Abs. 2 Wr. LDHG 1978 in der Fassung der 1. Novelle zu diesem Gesetz, LGBl. für Wien Nr. 37/1985, lautet auszugsweise:
"(2) Die Landesregierung entscheidet in folgenden Angelegenheiten auf Vorschlag des Kollegiums des Stadtschulrates für Wien:
1. Ernennungen,
..."
Auszugehen ist für den angefochtenen, noch im Jahr 2001 erlassenen Bescheid vom Ernennungsbegriff des § 2 Abs. 2 des Wr. LDHG 1978 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 37/1985. Dieser Begriff knüpft an den Ernennungsbegriff im LDG 1984 an, das hierunter (in seinen §§ 3 und 8) die Verleihung einer Planstelle versteht. An diesem Ernennungsbegriff könnte die Einfügung des § 26a LDG 1984 - mit der Novelle BGBl. Nr. 329/1996 -, ungeachtet seiner Überschrift "Ernennung von Schulleitern", nichts ändern (statische "Verweisung" auf das LDG 1984).
§ 26a Abs. 3 LDG 1984 regelt im Übrigen vom Ergebnis her gerade nicht die Verleihung einer Planstelle (und damit keine Ernennung), wie auch die Folge eines Ausspruches gemäß dem letzten Satz dieser Bestimmung zeigt, die in einer ex lege eintretenden Überleitung auf eine andere Planstelle nach den Abs. 4 und 5 leg. cit. besteht. Vielmehr führt der (fristgerechte) Ausspruch nach § 26a Abs. 3 letzter Satz LDG 1984 zur Beendigung der Leitungsfunktion und damit zum Verlust der damit verbundenen Planstelle.
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides findet sich im § 2 leg. cit. somit kein den Ausspruch nach § 26a Abs. 3 LDG 1984 umfassender Vorbehalt zu Gunsten der Landesregierung. Erst durch die 3. Novelle zum Wr. LDHG 1978, LGBl. für Wien Nr. 35/2002, wurde der Landesregierung nach Z. 2 des § 2 Abs. 3 leg. cit. die Entscheidung über den Ausspruch der Nichtbewährung gemäß § 26a Abs. 3 des LDG 1984 eingeräumt (Art. I Z. 3 der genannten Novelle, der nach ihrem Art. II Z. 1 mit dem der Kundmachung folgenden Tag, also erst am 11. September 2002, in Kraft getreten und daher im vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist).
Die Wiener Landesregierung war somit zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig, als Dienstbehörde erster Instanz einen Ausspruch nach § 26a Abs. 3 des LDG 1984 zu tätigen. In amtswegiger Wahrnehmung dieser Unzuständigkeit (§ 41 Abs. 1 VwGG) war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.
Inhaltlich ist anzumerken, dass ein Ausspruch der Nichtbewährung gemäß § 26a Abs. 3 LDG 1984 jedenfalls nach Ablauf der Befristung des § 26a Abs. 2 dieser Bestimmung, wie sie im Beschwerdefall bereits eingetreten ist, infolge Zeitablaufes nicht mehr nachgeholt werden kann. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Die Umrechnung des für die Gebühr noch verzeichneten Schillingbetrages gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am 31. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2001120253.X00Im RIS seit
14.07.2005Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010