Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Geczi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A und andere wegen des Vebrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1 StGB über die vom Angeklagten Karl A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. März 1983, GZ 3 b Vr 8792/82-79, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kurt Lux, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde neben einem ande ren Angeklagten der am 7. April 1954 geborene Taxifahrer Karl A des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1 (zu ergänzen: Abs. 2 Z 1), 128 Abs. 2, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er in der Nacht zum 12. August 1982 in Wien in Gesellschaft des Egon Franz B als Beteiligten (§ 12 StGB) versuchte, dem (Schmuckvertreter) Hans Peter C fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich Goldschmuck im Wert von ca acht Millionen Schilling, durch Einbruch in dessen PKW mit Bereicherungsvorsatz, wegzunehmen.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 9 lit a) und b) sowie 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
In Ausführung der Rechtsrüge nach dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund nimmt der Beschwerdeführer deswegen Straflosigkeit in Anspruch, weil der Versuch absolut untauglich gewesen wäre, wie sich aus der Beschreibung der Sicherheitsvorkehrungen des PKW durch den Zeugen Hans Peter C ergeben hätte. Das Gericht hat hiezu im Einklang mit der forensischen Erfahrung festgestellt (S 454), daß ein PKW der Marke Volvo 244 DL, wie ihn C verwendete, grundsätzlich durch Öffnen der Sperre (gemeint: Sicherungsknopf der Tür) mittels einer Drahtschlinge geöffnet werden kann. Wenn der Beschwerdeführer dagegen - im Rahmen der Rechtsrüge unzulässig - einwendet, die Öffnung sei nicht mit einer Drahtschlinge, sondern mit einem einfachen 'Kleiderhaken' versucht worden, so setzt er sich über die auf seiner eigenen Aussage beruhende Urteilsfeststellung (S 454) hinweg, daß die als Tatwerkzeug einzusetzende Drahtschlinge aus einem Drahtkleiderbügel hergestellt worden ist, was beiden Angeklagten, die sich auch mit einer eigens für den Einbruch gekauften Eisensäge ausgestattet hatten, als taugliches Werkzeug erschienen war. Auf den vom Erstgericht weiter festgestellten Umstand, daß der gegenständliche PKW mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet war, sodaß selbst das Öffnen der Verriegelung nicht genügt hätte, um in den Wagen einzudringen, kommt es entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht an:
Wie das Erstgericht richtig erkannte, ist die Tauglichkeit eines Versuchs ex ante (und nicht ex post) zu prüfen. Es kommt auf jenen Eindruck an, den das Tatverhalten auf einen mit Durchschnittswissen ausgestatteten Dritten machte, der den Tatplan und die für dessen Ausführung in bezug auf Tatobjekt und Tathandlung bedeutsamen (objektiven) Umstände kennt; hält er die Tatvollendung für geradezu unmöglich, so liegt untauglicher, ansonsten tauglicher Versuch vor (JBl 1983, 103; LSK 1982/151 = EvBl 1983/16 = JBl 1983, 50; Leukauf-Steininger 2 , RN 38 f zu § 15 StGB). Daß einem solchen objektiven Beobachter vorliegend die Tatvollendung durchaus möglich erscheinen mußte, hat das Erstgericht zutreffend ausgeführt. im übrigen ist der Versuch nur dann 'absolut' untauglich, wenn die Verwirklichung des Deliktstypus auf die vorgesehene Art auch bei einer generalisierenden Betrachtung, also unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles (hier: den besonderen Sicherheitsvorrichtungen des PKW) geradezu denkunmöglich ist, somit unter keinen Umständen erwartet werden kann. Selbst bei einer ex post-Beurteilung könnte im vorliegenden Fall nicht von einem absolut untauglichen Versuch gesprochen werden, ist doch das Öffnen eines PKW mittels einer Drahtschlinge eine vielfach erfolgreich angewendete Methode, der generelle Tauglichkeit (des Mittels) somit keineswegs abgesprochen werden kann (vgl EvBl 1981/192). Die besonderen Sicherheitsvorkehrungen an dem konkreten Diebstahlsobjekt gegen unbefugtes Eindringen haben dabei außer Ansatz zu bleiben. Von diesem, vom Erstgericht somit zu Recht als nur relativ untauglich gewerteten - und daher strafbaren - Versuch ist der Beschwerdeführer aber auch nicht etwa freiwillig zurückgetreten, wie er unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO darzutun versucht. Nach den Urteilsfeststellungen wurde der Beschwerdeführer noch während des (zweiten) Versuches, mittels der Drahtschlinge den Sperriegel hochzuziehen, von der Polizei überrascht, weshalb von einem freiwilligen Abstandnehmen von weiteren, zur Vollendung der Tat führenden Ausführungshandlungen, frei von psychischem oder physischem Zwang, keine Rede sein kann. Das auf die angebliche Aktenlage (in Wahrheit auf die vom Erstgericht ausdrücklich als unglaubwürdig abgelehnte - S 456 - Verantwortung der Angeklagten in der Hauptverhandlung), nicht aber auf die der Rechtsrüge zugrundezulegenden Urteilsfeststellungen gestützte Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte sich bei einer Besprechung mit seinem Komplizen, 'auch weil er sich beobachtet fühlte', entschlossen, von der Tat Abstand zu nehmen und den Tatort zu verlassen, wobei er von der Polizei betreten wurde, stellt daher keine gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge dar. Im übrigen ist diese Argumentation auch nicht zielführend, weil selbst nach dieser Verantwortung des Beschwerdeführers (Abstandnehmen von weiteren Versuchen, weil er sich beobachtet fühlte) von einem freiwilligen Rücktritt nicht die Rede sein könnte. In Wahrheit lag ein fehlgeschlagener, mißlungener Einbruchsversuch vor, von dem es schon begrifflich keinen Rücktritt mit strafaufhebender Wirkung gibt (EvBl 1981/77 = RZ 1980/66).
Rechtliche Beurteilung
Die weitere, sich gegen die Annahme der (Wert-)Qualifikation des § 128 Abs. 2 StGB durch das Erstgericht wendende, auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützte Rüge des Beschwerdeführers ist ebenfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie von den eindeutigen Urteilsfeststellungen, wonach er den Millionenwert des in dem PKW verwahrten Goldschmuckes kannte (S 453, 457) abweicht. Sollten die dagegen Stellung beziehenden und sich auf die eigene Verantwortung in der Hauptverhandlung (sh S 424 ff; vgl demgegenüber S 417) stützenden Ausführungen des Beschwerdeführers als Rüge dieser Urteilsfeststellung im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zu verstehen sein, so ist auch dieser Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig dargestellt, weil sich das Vorbringen in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, die auf die für glaubwürdig erachteten diesbezüglichen Aussagen des Erstangeklagten B (S 417) und die Angaben des Beschwerdeführers im Vorverfahren gegründet ist, erschöpft.
Die weitgehend nicht gesetzmäßig ausgeführte und im übrigen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Karl A nach § 128 Abs. 2 StGB unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. Februar 1983, AZ 1 c E Vr 3849/82, zu neun Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es sein Geständnis und die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist als mildernd, die Begehung während einer Probezeit und den hohen beabsichtigten Schaden dagegen als erschwerend.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafminderung und Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Zusätzliche Milderungsgründe werden nicht aufgezeigt. Von einer Anstiftung durch den Mitangeklagten B kann - dem Vorbringen in der Rechtsmittelschrift zuwider - nach dem Akteninhalt nicht die Rede sein. Daß aber die Initiative zur Tat vom genannten Mitangeklagten ausging, stellt den Milderungsgrund des § 34 Z 4 StGB nicht her. Es muß der Berufung zwar zugebilligt werden, daß die Begehung der Straftat innerhalb offener Probezeit zwar gewiß bei Bewertung der Schuld zu berücksichtigen ist (10 Os 150/80), aber keinen eigenen Erschwerungsgrund bildet (vgl Leukauf-Steininger StGB 2 RN 8 zu § 33; ÖJZ-LSK 1977/21). Auch bei den so korrigierten Strafzumessungsgründen entspricht die verhängte Strafe durchaus der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten, welcher bei der Durchführung der Tat aktiv beteiligt war und auch die Art der Ausführung der Tat vorgeschlagen hat. Sie nimmt auch auf die Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen gebührend Bedacht. Die Begehung dieser Straftat innerhalb der dem Berufungswerber im Verfahren zu AZ 1 c E Vr 1848/78 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gesetzten Probezeit spricht gegen die Annahme einer günstigen Zukunftsprognose iS des § 43 (1) StGB, sodaß die Gewährung bedingter Strafnachsicht aus Gründen der Spezialprävention nicht in Betracht kam.
Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E04667European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0120OS00106.83.1215.000Dokumentnummer
JJT_19831215_OGH0002_0120OS00106_8300000_000