TE OGH 1983/12/21 11Os198/83

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Veröffentlicht am 21.12.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Helige als Schriftführers in der Strafsache gegen Leopold A und einen anderen wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB über die vom Angeklagten Leopold A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 23. August 1983, GZ 3 b Vr 1888/83-46, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hämmerle und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem das Einsteigen des Angeklagten Leopold A in einen Lagerplatz betreffenden Ausspruch, in der rechtlichen Unterstellung des dem Angeklagten angelasteten Tatverhaltens (auch) unter die Bestimmung des § 129 Z 1 StGB und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Leopold A wird für das Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 129 Z 2 StGB nach dem § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten verurteilt.

Der Kostenausspruch und die Entscheidung über die Anrechnung der Vorhaftzeiten werden aus dem angefochtenen Urteil übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 30. Jänner 1949 geborene (beschäftigungslose) Leopold A (im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, daß er am 12. Februar 1983 in Wien in Gesellschaft des Heinz B (gegen den das Verfahren in der Hauptverhandlung vom 23. August 1983 gemäß dem § 57 StPO ausgeschieden wurde) als Beteiligter versuchte, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Bargeld, durch Einsteigen in einen Lagerplatz des Supermarktes 'Für Sie' und durch Aufbrechen eines Behältnisses, nämlich der Kassen zweier Kinderschaukeltiere, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er über den Absperrzaun dieser Firma kletterte, wobei ihm Heinz B die 'Räuberleiter' machte.

Rechtliche Beurteilung

Leopold A bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Seine in Ausführung des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes aufgestellte Behauptung, die Urteilsbegründung sei offenbar unzureichend und stehe zum Teil auch in erheblichem Widerspruch zum Inhalt des Verhandlungsprotokolls, ist unzutreffend. Das Erstgericht setzte sich ausführlich mit der Verantwortung des Angeklagten und mit dessen Chancen, die Tat unbemerkt ausführen zu können, auseinander und begründete die bemängelte Feststellung (nämlich, daß der Angeklagte das Eisengitter zu einem vor dem 'Für Sie' Verbrauchermarkt gelegenen Vorplatz überstieg, um mit einem in seinem Besitz befindlichen Messer die Geldkassen von zwei auf dem Vorplatz befindlichen Schaukeltieren aufzubrechen und sich das darin befindliche Bargeld anzueignen) sorgfältig und den Denkgesetzen entsprechend (vgl. S. 206 ff). Die Zeugin Hedwig H*** erklärte in der Hauptverhandlung zwar: 'Es war überhaupt nichts heraußen, es war Winter und da ist nie etwas heraussen' (S. 194), doch bezog sich diese Aussage - wie sich sowohl aus der vorangegangenen Fragenstellung des Vorsitzenden als auch aus dem weiteren Verlauf der Vernehmung (vgl. insbesondere S. 196) ergibt - ersichtlich auf die Lagerung von Waren und nicht auf das Vorhandensein der Schaukeltiere, die nach den eindeutigen (sich der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider nicht nur auf den Sommer 1983

beziehenden) Angaben der Zeugin Erika C immer auf dem Vorplatz stehen (S. 195).

Der Beschwerdeführer geht aber auch mit seiner Rechtsrüge fehl. Seiner sich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 (der Sache nach allerdings Z 9 lit a) StPO berufenden Behauptung, im übersteigen der Umzäunung zu dem erwähnten Vorplatz sei noch nicht der (strafbare) Versuch des Aufbrechens von Geldkassetten zu erblicken, kann nicht gefolgt werden. Denn das ihm angelastete Verhalten - das nicht isoliert für sich allein, sondern unter Bedachtnahme auf sämtliche Begleitumstände und im Rahmen des Handlungsplanes des Täters zu betrachten ist (vgl. SSt 46/24 u.a.) - stand bei Berücksichtigung der Gesamtheit der Urteilsfeststellungen mit der geplanten Tat in einem derart sinnfälligen Zusammenhang, daß es direkt auf diese (Tat) ausgerichtet war und nach den Zielvorstellungen des Täters in unmittelbarer Folge (ohne ins Gewicht fallende Zwischenstufen) in die Ausführung übergehen sollte. Das Vorgehen des Angeklagten war der Ausführung nicht nur aktionsmäßig unmittelbar vorgelagert, sondern auch zeitlich nahe, wobei unter Berücksichtigung des hier in Frage kommenden Deliktstypus (§ 127 StGB) darüberhinaus angenommen werden muß, daß die Tathandlung - objektiv - zumindest im unmittelbaren Vorfeld der Tatbildverwirklichung lag und daß - subjektiv - das verbrecherische Tätervorhaben bereits in ein Stadium getreten war, in dem der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung schon überwunden hatte.

Da das dem Beschwerdeführer angelastete Tatverhalten demnach zutreffend als Diebstahlsversuch beurteilt wurde, scheidet die in der Beschwerde angestrebte Qualifikation des Geschehens als das Ermächtigungsdelikt des (einfachen) Hausfriedensbruchs nach dem § 109 Abs 1 StGB schon aus diesem Grund aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Leopold A war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß dem § 290 Abs 1

(erster Fall) StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das angefochtene Urteil deshalb mit einer vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 10 StPO behaftet ist, weil das Erstgericht annahm, daß der Angeklagte in einen 'Lagerplatz' einstieg und ihm deshalb (neben der Qualifikation des § 129 Z 2 StGB auch) die Qualifikation des § 129 Z 1

StGB anlastete. Das Erstgericht leitete die Lagerplatzeigenschaft des Tatortes daraus ab, daß der erwähnte Vorplatz die Schaukeltiere mitsamt den daran befindlichen Geldkassen und deren Inhalt als diebstahlsfähige Objekte, aber auch die zahlreichen auf dem Vorplatz stehenden Einkaufswagen als denkmögliches Objekt mißbräuchlichen Gebrauches und allfälliger mutwilliger Beschädigung in Ansehung von Bubenstreichen schützen sollte. Demgegenüber kann jedoch von einem Lagerplatz im Sinn des § 129 Z 1 StGB nur gesprochen werden, wenn die Örtlichkeit erkennbar der Aufbewahrung von Waren (und nicht bloß von Betriebsmitteln) dient (vgl. 12 0s 41/83), was im Urteil nicht festgestellt wurde und nach der Aktenlage (vgl. die oben erwähnte Aussage der Zeugin Hedwig D) zumindest für die Tatzeit (Winter) auch nicht festgestellt werden konnte.

Da das Erstgericht somit irrig davon ausging, daß sowohl die Qualifikation des § 129 Z 1 als auch jene nach dem § 129 Z 2 StGB vorliege (und die beiden rechtlich an sich gleichwertigen Qualifikationsnormen nicht etwa nur vertauschte), wirkte sich die ungerechtfertigte (zusätzliche) Annahme der erstgenannten Qualifikation zum Nachteil des Angeklagten aus (vgl. ÖJZ-LSK. 1979/212 = EvBl 1979/236).

Aus Anlaß der ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde war das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, daher in seinem das Einsteigen des Angeklagten Leopold A in einen Lagerplatz betreffenden Ausspruch, in der rechtlichen Unterstellung des dem Angeklagten angelasteten Tatverhaltens (auch) unter die Bestimmung des § 129 Z 1 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und mit Strafneubemessung vorzugehen.

In Anbetracht der milderen materiellrechtlichen Beurteilung der vom Angeklagten zu verantwortenden Tathandlung erachtete der Oberste Gerichtshof hiebei - im wesentlichen in Beibehaltung der bisher gefundenen Strafzumessungsgründe - eine achtmonatige - somit gegenüber dem Ersturteil um einen Monat reduzierte - Freiheitsstrafe als dem Gewicht des Tatunrechts sowie der Schuld und der Täterpersönlichkeit des einschlägig vorbestraften Leopold A entsprechend.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04706

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00198.83.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19831221_OGH0002_0110OS00198_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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