Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Helige als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl Heinz A und eine andere Person wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karl Heinz A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 13. Oktober 1983, GZ 4 Vr 2.661/83-14, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil (zur Gänze) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Karl Heinz A auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 28. Juli 1967 geborene Hilfsarbeiter Karl Heinz A und die am 7. Mai 1941 geborene Hausbesorgerin Hildegard B des Vergehens des Diebstahles nach dem § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last, in Graz in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) am 17. Juni 1983 zwei Kinderdreiräder im Wert von 700 S und am 2. Juli 1983 16 Stofftiere im Wert von 2.200 S sowie eine blaue Kinderjacke im Wert von 200 S und einen braunen Kinderkunstledermantel im Wert von 400 S aus der kinderchirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses Graz gestohlen zu haben.
Dieses Urteil wird nur vom Angeklagten Karl Heinz A mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung angefochten.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.
Zutreffend bemängelt nämlich der Beschwerdeführer, daß sich der Schöffensenat zur Begründung seiner Feststellungen in der Schuldfrage auf Geständnisse der beiden Angeklagten berufen habe (S 57 d.A). Diese Wertung der Verantwortung des Angeklagten A stimmt mit der Aktenlage nicht überein. Vielmehr hat sich dieser Angeklagte in der Hauptverhandlung ausdrücklich nicht schuldig bekannt und vorgebracht, daß die Stofftiere von der Mitangeklagten in das Taxi gegeben worden seien, er aber die Kunstlederjacke allein deshalb mitgenommen habe, weil die Mitangeklagte ihm gesagt habe, es handle sich um ein ihrem Sohn gehörendes Kleidungsstück, das sie im Landeskrankenhaus vergessen habe. Ebenso stellte er eine Beteiligung an dem Diebstahl der Kinderdreiräder in Abrede (S 45 ff d.A). Auch nach dem Inhalt der Polizeianzeige - eine Niederschrift wurde von den Polizeiorganen mit den Tatverdächtigen nicht aufgenommen - stellte der Beschwerdeführer nach seiner Betretung ein strafrechtlich relevantes Verhalten in Abrede (S 14 d.A). Die solcherart aktenwidrige Bezugnahme auf ein Geständnis macht das Urteil nichtig nach dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO.
Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Auf das übrige Beschwerdevorbringen brauchte demnach nicht mehr eingegangen zu werden.
Wenngleich die Mitangeklagte Hildegard B das Urteil nicht bekämpfte, war ihr Schuldspruch gemäß den §§ 281 Abs 1 Z 5, 290 Abs 1 StPO in Beziehung auf § 127 Abs 2 Z 1 StGB aufzuheben, und zwar zur Gänze, weil wegen des engen Zusammenhanges eine Trennung nach dem § 289 StPO nicht möglich erschien.
Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht aber auch die näheren Umstände zu klären haben, unter denen die Polizeiorgane von dem unrechtmäßigen Besitz der Kinderdreiräder durch die Angeklagten in Kenntnis gesetzt und unter denen die Herausgabe dieser Gegenstände angeboten wurde, um verläßlich prüfen zu können, ob den Angeklagten allenfalls zu dieser Tat - unter der Voraussetzung des Fehlens eines einheitlichen Willensentschlusses (siehe hiezu Leukauf-Steininger 2 RN 21 zu § 167 StGB) - tätige Reue gemäß dem § 167 Abs 3 StGB zuzubilligen wäre (vgl EvBl 1977/23 = ÖJZ-LSK 1976/178, ÖJZ-LSK 1977/145).
Mit seiner durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte A auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E04464European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1983:0110OS00214.83.1221.000Dokumentnummer
JJT_19831221_OGH0002_0110OS00214_8300000_000