Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Jänner 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini (Berichterstatter), Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter sowie in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 6. September 1983, GZ 11 b Vr 1582/82-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Tauchner zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. April 1947 geborene Steinmetzgehilfe Karl A im zweiten Rechtsgang (neuerlich) des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er am 2. August 1982 in Pottendorf den Gendarmeriebeamten Josef B durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme und Eskortierung zum Posten gehindert hatte, indem er sagte: 'Wennst nicht losläßt, kriegst ane, daß` d liegst'.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch aus der Z 5 und 9 lit a und b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde - in der er allerdings der Sache nach überhaupt keinen Begründungsmangel im Sinne der erstgenannten Gesetzesstelle behauptet, sondern ausschließlich eine Rechtsrüge zur Darstellung bringt - kommt keine Berechtigung zu.
Mit dem formal zunächst in der Mängelrüge erhobenen und sodann in den Ausführungen zur Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO wiederholten Vorwurf, das Erstgericht habe nicht festgestellt, daß die dem einschreitenden Beamten B gegenüber ausgesprochene Drohung ernst gemeint war, wird die Beschwerde nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Denn insoweit übergeht sie sämtliche im Urteil enthaltenen Konstatierungen (samt der hiefür gegebenen Begründung), wonach der Angeklagte - diesbezüglich unterstützt von seinen drohend herumstehenden Zechkumpanen und seinem gegen den Gendarmen aggressiv werdenden Vater - durch die gegenständliche Drohung, während deren er sich gewaltsam losriß, deutlich genug zum Ausdruck brachte, daß es seiner Absicht entsprach, den Beamten durch die Androhung von Tätlichkeiten wirklich an der Amtshandlung, nämlich seiner Festnahme und Eskortierung zu hindern.
Der in der Rechtsrüge monierten weiteren Feststellungen aber, er habe den intervenierenden Gendarmen tatsächlich mißhandeln wollen, bedurfte es hingegen nicht, weil es rechtlich unerheblich ist, ob der Täter seine Drohung auch tatsächlich zu verwirklichen gedenkt; maßgeblich ist lediglich, daß der Bedrohte bei unbefangener Betrachtung der Situation die Verwirklichung des angedrohten übels erwarten, das heißt, den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei in der Lage und willens, seine Drohung wahrzumachen (vgl dazu Leukauf-Steininger 2
RN 18 zu § 74, RN 6 § 105, RN 5 zu § 144 sowie RN 12 zu § 269; Kienapfel BT I RN 803 zu § 105). Das aber hat das Erstgericht ohnedies angenommen, indem es ausdrücklich festgestellt hat, der Gendarmeriebeamte B habe erkannt, daß er unter den gegebenen Umständen die ausgesprochene Festnahme durch bloße Anwendung von Körperkraft (gegen den zu erwartenden Widerstand) nicht durchsetzen könne und habe deswegen Assistenz anfordern wollen.
Der Ansicht wieder, die von ihm geäußerte Drohung sei objektiv nicht geeignet gewesen, begründete Besorgnisse einzuflößen, kann nicht gefolgt werden. Diese Eignung hat das Erstgericht vielmehr vorliegend mit Rücksicht auf den Umstand, daß der Angeklagte auf Grund der vorangegangenen Auseinandersetzungen und Tätlichkeiten sowie zufolge des nicht unerheblichen Alkoholkonsums erregt und dem Gendarmeriebeamten überdies aus früheren Amtshandlungen auch als gewalttätig bekannt war, im Zusammenhalt mit der gegebenen Situation am Tatort zutreffend bejaht; von einer bloßen Unmutsäußerung kann hier nicht die Rede sein. In diesem Zusammenhang muß freilich bemerkt werden, daß entgegen der Meinung des Erstgerichts die vorliegende Drohung nicht als 'gefährliche Drohung' im Rechtssinne des § 269 Abs 1 (§ 74 Z 5) StGB angesehen werden könnte, wenn man darin - wie dies das Erstgericht anscheinend tut (S 258) - bloß eine Drohung mit dem Erleiden 'körperlichen Ungemachs' sieht. Eine solche Drohung könnte nämlich nicht als Drohung mit einer Verletzung am Körper gewertet werden, weil dazu die Drohung zumindest mit einer Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB (und nicht etwa nur mit einer Mißhandlung) erforderlich ist (vgl Leukauf-Steininger 2 RN 19 zu § 74).
Allerdings stellt die Drohung, einen in Ausübung seines Dienstes befindlichen Gendarmeriebeamten bei Fortsetzung seiner Amtshandlung vor mehreren Personen niederzuschlagen, jedenfalls die Ankündigung einer (seine Wertschätzung in den Augen der für ihn maßgeblichen Gesellschaftskreisen mindernden und daher) beleidigenden Mißhandlung dar, die demnach als Drohung mit einer (ebenfalls tatbestandsmäßigen) Verletzung der Ehre zu qualifizieren ist (Leukauf-Steininger 2 , RN 19 zu § 74 Z 5 StGB). Im Ergebnis hat das Erstgericht daher ohne Rechtsirrtum der geäußerten Drohung den Charakter einer solchen im Sinne des § 74 Z 5 StGB und damit auch im Sinne des § 269 Abs 1 StGB zuerkannt. Rechtlich ohne Belang hingegen ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers der Umstand, ob sich der Bedrohte im konkreten Fall auch tatsächlich vor der Drohung gefürchtet hat, das heißt, ob diese über ihre objektive Eignung zur Herbeiführung gegründeter Besorgnisse hinaus auch gerade bei ihm derartige Besorgnisse tatsächlich erweckt hat. Es könnte daher für den Standpunkt des Beschwerdeführers auch dann nichts gewonnen werden, wenn das Erstgericht, der in der Beschwerdeausführung zitierten Aussage des Zeugen B in der Hauptverhandlung (S 236 unten) folgend, diesbezüglich eine Furcht verneinende Feststellung getroffen hätte. Insoweit der Beschwerdeführer schließlich unter Heranziehung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit b des Par 281 Abs 1 StPO ein Handeln mit (bedingtem) bösem Vorsatz wegen vorliegender Zurechnungsunfähigkeit zur Tatzeit bestreitet, geht er nicht von den anderslautenden Urteilsannahmen aus. Seine Einwände gegen die rechtliche Annahme der Zurechnungsfähigkeit durch das Erstgericht hat er hingegen nicht substantiiert. Diesbezüglich wird die Beschwerde sohin gleichfalls nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach zur Gänze als unbegründet, weshalb sie zu verwerfen war.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten für das oben bezeichnete Delikt und für das Vergehen nach § 83 Abs 1 StGB (aus dem unberührt gebliebenen Schuldspruch des Erstgerichtes vom 21. Februar 1983, ON 18) nach §§ 28, 269 Abs 1 erster Strafsatz StGB zu acht Monaten Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen verschiedener Art, die über die 'Rückfallsqualifikation' hinausreichenden einschlägigen Vorstrafen und die Tatbegehung während einer Haftunterbrechung als erschwerend, als mildernd hingegen ein teilweises Geständnis hinsichtlich des Vergehens nach § 83 Abs 1 StGB.
Die Berufung des Angeklagten, mit der er vor allem unter Hinweis auf seine alkoholbedingte Erregung zur Tatzeit eine Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 StGB anstrebt, ist nicht begründet.
Das Erstgericht hat vorliegend von der fakultativen Möglichkeit einer Strafschärfung bei Rückfall im Sinne des § 39 StGB trotz Vorliegens der Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle keinen Gebrauch gemacht, sondern eine Strafe im gesetzlichen Strafrahmen ausgemessen, weshalb sämtliche wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten erfolgten Verurteilungen erschwerend sind. Im übrigen hat es die Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend und vollständig festgestellt und ein Strafmaß gefunden, das (angesichts des einschlägig schwer getrübten Vorlebens des Angeklagten) keineswegs als überhöht angesehen werden kann. Zu einer Herabsetzung des Strafmaßes sah sich der Oberste Gerichtshof daher nicht veranlaßt.
Für eine bedingte Strafnachsicht hingegen fehlt es bei dem 16mal einschlägig vorbestraften Angeklagten an sämtlichen gesetzlichen Voraussetzungen. Er selbst war auch nicht in der Lage, zu diesem Teil des Berufungsantrages in der Rechtsmittelschrift auch nur irgend etwas vorzubringen.
Es mußte daher auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
E04461European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00207.83.0110.000Dokumentnummer
JJT_19840110_OGH0002_0100OS00207_8300000_000