TE OGH 1984/1/11 11Os1/84

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Veröffentlicht am 11.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Geczi als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter Franz A wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 (2. Deliktsfall) StGB und anderer Delikte nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 7. November 1983, GZ 12 a Vr 1.586/ 83-10, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15. März 1951 geborene kaufmännische Angestellte Walter Franz A der Verbrechen der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 (zweiter Deliktsfall) StGB (Punkt 1 des Schuldspruches), der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 (zweiter Deliktsfall) StGB (Punkt 2 des Schuldspruches) und des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs 1 StGB (Punkt 3 des Schuldspruches) schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat er in den Jahren 1979 bis 1982

in Brand 1.) die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Gemeinde Brand zu verfügen, wissentlich mißbraucht, indem er dem Giro-Konto Nr 0300-035144 der B der STADT B*** durch 19

Barabhebungen insgesamt 340.000 S entnahm und sich zueignete, und dadurch der Gemeinde Brand einen Vermögensnachteil zugefügt, wobei der Schaden 100.000 S übersteigt; 2.) ein Gut, das ihm anvertraut war und dessen Gesamtwert 100.000

S übersteigt, nämlich durch Private besorgte Bareinzahlungen an die Gemeindekassa von insgesamt 245.221,61 S, von ihm übernommene Erlöse aus Barverkäufen des Verkehrsamtes Brand in der Höhe von 67.297 S, Erlöse aus dem Verkauf von Verwaltungsmarken von insgesamt 8.570,50

S sowie weitere ihm von der Gemeinde Brand zur Verwahrung in der Gemeindekassa anvertraute Gelder von insgesamt 375.445,61 S sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern; 3.) durch die zu 1. und 2. geschilderten Handlungen in echter Idealkonkkurenz als Beamter, nämlich als mit den Aufgaben der Gemeindeverwaltung betrauter Sekretär und Kassier der Gemeinde Brand, mit dem Vorsatz, dadurch die Gemeinde an ihren Vermögensrechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen dieser Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Zutreffend macht nämlich der Beschwerdeführer das Fehlen hinreichender Feststellungen zum Schuldspruchfaktum 3 geltend. Das Erstgericht erachtete durch die in den Punkten 1 und 2 des Schuldspruches erfaßten Tathandlungen insgesamt auch den Tatbestand des § 302 Abs 1 StGB für erfüllt.

Möglicherweise infolge rechtsirrtümlicher Auslegung des Tatbestandsmerkmales 'in Vollziehung der Gesetze' setzte es sich aber nicht mit der Frage auseinander, aus welchen Einnahmensquellen der Gemeinde die den Gegenstand der Untreue bzw Veruntreuung bildenden Geldbeträge stammten und wofür sie verwendet hätten werden sollen. Diese Unterlassung ist aber deshalb rechtlich bedeutsam, weil das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt hier nur insoweit vorliegen kann, als die Malversationen des Angeklagten Mittel betrafen, die der Gemeinde Brand im Rahmen der Hoheitsverwaltung zugeflossen (bzw für diesen Bereich gewidmet) waren (vgl Foregger-Serini 2 , Erl II zu § 302 StGB; Leukauf-Steininger 2 , RN 9 ff zu § 302 StGB). Das wird etwa - schon allein nach dem Urteilsspruch - bei den Erlösen aus Barverkäufen des Verkehrsamtes Brand (67.297 S) nicht ohne weiteres anzunehmen sein.

Dieser Feststellungsmangel läßt somit das Urteil mit (materieller) Nichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO behaftet erscheinen. Wenngleich von diesem Mangel an sich nur das Schuldspruchfaktum 3 betroffen ist, war eine Trennung im Sinn des § 289 StPO wegen des engen Zusammenhanges (Idealkonkurrenz) und der betragsmäßig globalen Fassung der Punkte 1 und 2 des Schuldspruches nicht tunlich. Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Auf das übrige Beschwerdevorbringen brauchte demnach nicht mehr näher eingegangen zu werden.

Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht aber auch zu prüfen haben, ob - worauf in der Beschwerdeschrift gleichfalls hingewiesen wird - in Ansehung der Schuldspruchfakten 1 und 2 die Voraussetzungen tätiger Reue (insbesondere nach dem § 167 Abs 2 Z 2 StGB) vorliegen. Anhaltspunkte in dieser Richtung sind - auch hierin ist dem Beschwerdeführer beizupflichten - der Aussage des Zeugen Josef C in der Hauptverhandlung zu entnehmen (S 179 d.A). Mit seiner durch die Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04649

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00001.84.0111.000

Dokumentnummer

JJT_19840111_OGH0002_0110OS00001_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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