TE OGH 1984/1/12 13Os210/83

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Veröffentlicht am 12.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Jänner 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführers in der Strafsache gegen Rudolf A wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengerichts vom 16.Juni 1983, GZ 18 Vr 1229/83-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lux und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Ersten Generalanwalts Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerd wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 25.Mai 1934 geborene beschäftigungslos gewesene Rudolf A wurde des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB

schuldig erkannt. Darnach hat er als Schuldner mehrerer Gläubiger etwa Mitte Juli 1982 in Anif sein vom Bezirksgericht Salzburg in zwei Exekutionsverfahren gepfändetes Klavier (Pianino) im Wert von ca. 13.000 S an Ing. Hermann H*** um 13.000 S verkauft und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelt und geschmälert. Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. In ihr führt er Begründungsmängel dahin aus, es sei nicht festgestellt, daß an dem Pianino keine Pfändungsmarken angebracht gewesen seien, die dem juristisch nicht gebildeten Angeklagten die Pfändung des Musikinstruments angezeigt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge versagt.

Zunächst steht laut Urteil fest, daß der Angeklagte während der Pfändungen zu Hause war, von der Pfändung des Klaviers Kenntnis hatte und darüber belehrt wurde, daß er die gepfändeten Gegenstände weder verkaufen noch verschenken oder beschädigen dürfe (S. 63, 64). Sodann ist aber auf den Tatbestand des § 156 StGB zu verweisen, der Pfändungen oder irgendwelche sonstigen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Täter nicht voraussetzt. Daraus folgt, daß das unter § 281 Abs 1 Z 5 StPO erstattete Vorbringen gar keine entscheidende Tatsache in der Bedeutung dieser Gesetzesstelle betrifft.

In seiner Rechtsrüge macht der Beschwerdeführer entschuldigenden Notstand (§ 10 StGB) geltend; er habe einerseits die Tatsache der Pfändung nicht erkennen können und sich andererseits in einer Notlage befunden, in der er gezwungen gewesen sei, das Pianino für den eigenen und den Lebensunterhalt seines zwölfjährigen Sohns zu verkaufen.

Die Pfändung des Musikinstruments war dem Beschwerdeführer festgestelltermaßen bekannt (siehe vorher). Soweit er diesen Umstand in Zweifel zieht, entfernt er sich vom Urteilssachverhalt und führt die Nichtigkeitsbeschwerde nicht dem Gesetz entsprechend aus. Entschuldigender Notstand kann dem Täter nicht zugebilligt werden. Notstand ist die Abwehr eines unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteils von sich oder einem anderen, wenn sich in dieser Lage ein mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch nicht anders verhielte und wenn der aus der Tat zu befürchtende Schaden nicht unverhältnismäßig schwerer wiegt als der abzuwendende Nachteil (§ 10 Abs 1 StGB). Auch darf sich der Handelnde der Gefahr nicht ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund bewußt ausgesetzt haben (§ 10 Abs 2 StGB). Ein entschuldigender Notstand kommt darum nicht in Betracht, wenn nicht einmal versucht wurde, auf eine rechtmäßige Art für die Befriedigung der vom Täter vorhersehbaren dringenden Bedürfnisse zu sorgen (13 Os 82/81). Daß sich der Beschwerdeführer rechtzeitig um eine ihm zumutbare Arbeit oder um sonstige Hilfe in seiner mißlichen Situation bemüht hätte, wurde von ihm nicht einmal behauptet. Vor allem aber sind die Bestimmungen des Lohnpfändungsgesetzes über den unpfändbaren Teil des Arbeitseinkommens, die Vorschriften des § 251 Exekutionsordnung betreffend die unpfändbaren Gegenstände und diejenigen des § 5 KO. hinsichtlich des Unterhalts des Gemeinschuldners und seiner Familie ausreichende Vorkehrungen gegen die Vernichtung der physischen Existenz des Verpflichteten. Selbst eine derartige Vernichtungsangst könnte darum, von Ausnahmsfällen abgesehen, keinen Notstand begründen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 156 Abs 1 und 41 StGB eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten, die es gemäß § 43 Abs 1

StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Dabei waren erschwerend die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall, mildernd hingegen eine gewisse Notlage, das Geständnis der dem Schuldspruch unterzogenen Tatumstände sowie die Schuldform des bloß bedingten Vorsatzes.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes an. Er findet, daß die Milderungsumstände nicht hinreichend gewürdigt worden seien und reklamiert, daß ihm nur eine 'gewisse' Notlage, nicht aber eine 'Notlage schlechthin' zugute gehalten worden sei.

Auch die Berufung versagt, weil der Angeklagte selbst, abgesehen von einer unwägbaren Nuancierung, konkret nichts vorzubringen vermag, was zu einer Reduzierung des Strafmaßes herangezogen werden könnte und s%lche Gesichtspunkte auch nicht gefunden werden. Es hat daher bei der vom Erstgericht geschöpften, punkto Schuld und Unrecht ausgewogenen Strafe zu bleiben.

Anmerkung

E04647

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00210.83.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19840112_OGH0002_0130OS00210_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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