Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführers in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 f. StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 18.August 1983, GZ 3 e Vr 6683/83-27, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufungen wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht erkannte den Tischlergesellen Friedrich A des Verbrechens des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, 128 Abs 2 StGB
(I) und des Vergehens der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB (II) schuldig.
Darnach hat er anderen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar am 21.September 1982 in Wien der Firma B Ges.m.b.H. deren Personenkraftwagen VW-Golf C im Wert von 116.924 S (I 1), am 9.März 1983 in Wien der Firma D 6 Leergutkisten 'Gösser Bier' im Wert von 420 S (I 2), am 17.März 1983 in Wien der Brigitte E deren Kennzeichentafeln im Wert von ca. 100 S (I 3) und zwischen Anfang Mai 1983 und dem 3.Juni 1983 in Vösendorf in vier Angriffen der Firma 'SCHARTNER-FEIN' 32 Leerkisten im Gesamtwert von 2.816 S (I 4). Außerdem hat er auf dem gestohlenen Personenkraftwagen (I 1) nicht für diesen ausgegebene Kennzeichentafeln montiert und damit am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen (II) und zwar vom 21. September 1982 bis 17.März 1983 mit den Kennzeichentafeln W
361.835 (II 1) und vom 17.März 1983 bis 3.Juni 1983 mit den Kennzeichentafeln W 684.427
(II 2).
Die Schuldsprüche wegen des Diebstahls des Kraftfahrzeugs (I 1) und der Kennzeichentafeln (I 3) ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. Zu beiden Schuldsprüchen bekämpft er die Urteilsannahme des Bereicherungsvorsatzes.
Rechtliche Beurteilung
Der Vorwurf der Mängelrüge, das Gericht sei für die Konstatierung des Bereicherungsvorsatzes jegliche Begründung schuldig geblieben, trifft nicht zu. Wie die Beschwerde selbst einräumt, hat sich der Angeklagte im Sinn der ihm zu den angefochtenen Fakten Diebstahl anlastenden Anklage (S. 193 bis 196) 'voll ... schuldig' bekannt (S. 263). Zum Diebstahl des Personenkraftwagens (I 1) hat er insbesondere ausgeführt, daß er mit diesem nur eine Zeitlang fahren wollte, bis er das Geld für den Ankauf eines Kraftwagens beisammen habe;
konkret: er wollte das Fahrzeug nur benützen, aber sich nicht bereichern. Die Frage, ob er durch die Benützung des Fahrzeugs durch längere Zeit einen wirtschaftlichen Gewinn gehabt habe, hat der Angeklagte allerdings bejaht und präzisiert, daß er sich sonst (nämlich ohne Verfügungsgewalt über den gegenständlichen Kraftwagen) hätte ein Auto kaufen müssen, weil er es 'für die Firma' gebraucht habe (S. 264). Damit hat der Angeklagte einen Sachverhalt zugegeben, aus dem das Schöffengericht ungeachtet dessen, daß der Beschwerdeführer einen Bereicherungsvorsatz ausdrücklich in Abrede gestellt hat, in rechtlicher Beurteilung der eingestandenen Tatsachen einen solchen mängelfrei ableiten konnte. Dieser daher vom Geständnis umfaßte Bereicherungsvorsatz ist auch hinsichtlich der Kennzeichentafeln (I 3) durch die Verantwortung des Angeklagten, daß er nach der Abnahme der für seinen eigenen, jedoch betriebsuntauglichen Personenkraftwagen ausgegebenen und auf dem entfremdeten Fahrzeug montiert gewesenen Kennzeichentafeln durch die Polizei 'neue Nummern gebraucht habe' (S. 265), gedeckt. In seiner Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) reklamiert der Angeklagte eine Beurteilung der den Kraftwagen betreffenden Tat (I 1) als unbefugten Gebrauch von Fahrzeugen nach § 136 StGB und den Entzug der Kennzeichentafeln (I 3) 'bestenfalls' als dauernde Sachentziehung nach § 135
StGB, weil der Bereicherungsvorsatz fehle. Dabei geht er jedoch, wie dargelegt, nicht von den gegenteiligen Urteilsfeststellungen (S. 274 unten) aus. Darnach hat der Angeklagte 'bereits zum Zeitpunkt der Wegnahme des Fahrzeuges ... die Absicht (gehabt), dieses Fahrzeug für einen längeren Zeitraum zu benützen, wobei ihm klar war, daß er sich damit unrechtmäßig bereichert, indem er sich die Reparatur seines eigenen Fahrzeuges bzw. die Neuanschaffung eines Fahrzeuges ersparte' (S. 277 und S. 278); auch bei Wegnahme der Kennzeichentafeln hat er gleichfalls mit dem Vorsatz gehandelt, 'sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern' (S. 278). Gleiches gilt vom weiteren materiellrechtlichen Einwand (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO, teilweise schon unter Z 10 erhoben), daß die Aneignung der Kennzeichentafeln überhaupt straflos wäre, weil der Bereicherungsvorsatz fehle. Der Behauptung, solche Kennzeichen hätten keinen 'Handels- bzw. Verkehrswert', widerspricht die Beschwerde selbst, die einräumt, daß die beiden Kennzeichentafeln 'durchaus ... einen Metallwert von 100 S repräsentieren mögen' (S. 297). Damit ist diesem Einwand vom Beschwerdeführer selbst der Boden entzogen worden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Zur Verhandlung und Entscheidung über die gegen den Strafausspruch ergriffenen Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E04791European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00215.83.0112.000Dokumentnummer
JJT_19840112_OGH0002_0130OS00215_8300000_000