TE OGH 1984/1/12 12Os163/83

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Veröffentlicht am 12.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Jänner 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Geczi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. August 1983, GZ 6 b Vr 5940/83-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Smetana und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil - das im von Punkt A des Urteilssatzes erfaßten Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG, wie auch im Ausspruch über den Verfall gemäß § 12 Abs. 3 SuchtgiftG und die (Verfallsersatz-) Geldstrafe gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG unberührt bleibt - in den Schuldsprüchen wegen der Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z 2 (dritter und vierter Fall) SuchtgiftG und § 165 StGB (Punkte B und C) sowie demgemäß im übrigen Strafausspruch (Verhängung einer Freiheitsstrafe einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Die Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld wird zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 22jährige Gerhard A des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG, § 15 StGB (Punkt A des Urteilssatzes) sowie der Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z 2 (dritter und vierter Fall) SuchtgiftG (Punkt B) und des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach § 165

StGB (Punkt C) schuldig erkannt, weil er in Wien (zu A) vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen in Verkehr setzte bzw in Verkehr zu setzen versuchte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte bzw hätte entstehen können, indem er

1. in der Zeit von März bis Mai 1983 insgesamt ein Gramm Heroin dem abgesondert verfolgten Heinz B verkaufte;

2. in der Zeit von März bis Mai 1983 insgesamt rund 20 Gramm Heroin dem abgesondert verfolgten Wolfgang C sowie Unbekannten verkaufte;

3. im Mai 1983 rund vier Gramm Heroin zum Zwecke des Weiterverkaufs mit sich führte;

(zu B) 'von März 1983 bis 11. Mai 1983 wiederholt unberechtigt Suchtgift erworben und besessen hat' und (zu C) während eines nicht mehr genau feststellbaren Zeitraumes zwischen März 1983 und dem 11. Mai 1983 einen von einem unbekannten Täter einem nicht ausgeforschten Geschädigten gestohlenen Radiorecorder, mithin eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, dadurch, daß er das Gerät von Wolfgang C gegen Heroin im Wert von 1.000 S eintauschte, ohne sich nach der Herkunft zu erkundigen, fahrlässig an sich brachte. Das Schöffengericht verurteilte ihn hiefür nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, sprach gemäß § 12 Abs. 3 SuchtgiftG den Verfall des sichergestellten Suchtgiftes (rund 4,2 Gramm Heroin) aus und erkannte (an Stelle des nicht mehr vollziehbaren Verfalls von weiteren 21 Gramm Heroin) nach § 12 Abs. 4 SuchtgiftG auf eine (Verfallsersatz-) Geldstrafe von 63.000 S, im Nichteinbringlichkeitsfall 6 Wochen (Ersatz-) Freiheitsstrafe. Entgegen der einleitenden Erklärung (S 116) in der Rechtsmittelschrift, das Urteil 'seinem gesamten Inhalt nach' anzufechten, bekämpft der Angeklagte der Sache nach nur die Schuldsprüche laut Punkt B und C des Urteilssatzes mit der auf die Z 5, 9 lit a und 10 sowie in Ansehung der Höhe der (Verfallsersatz-) Geldstrafe auf die Z 11 des Par 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Die außerdem erhobene, jedoch zur Bekämpfung schöffengerichtlicher Urteile vom Gesetz nicht vorgesehene Schuldberufung des Angeklagten war sofort zurückzuweisen (§§ 283 Abs. 1, 296 Abs. 2, 294 Abs. 4 StPO).

Den Schuldspruch wegen Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG (Punkt B) bekämpft der Beschwerdeführer im Rahmen der Rechtsrüge (Z 10) mit dem Argument, der bezügliche Sachverhalt sei vom Erstgericht rechtsirrig neben dem Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG auch (noch) als das bezeichnete Vergehen beurteilt worden, wiewohl echte Idealkonkurrenz zwischen beiden Tatbildern nicht möglich sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rüge kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Das angefochtene Urteil ist nämlich insofern mit Feststellungsmängel behaftet, als weder im Spruch - der ohne Individualisierung der Tat lediglich den Gesetzestext (§ 16 Abs. 1 Z 2 dritter und vierter Fall SuchtgiftG) wiedergibt und nicht einmal die Art des in Rede stehenden, vom Angeklagten erworbenen und besessenen Suchtgiftes erkennen läßt - noch in den Gründen (vgl S 100) Feststellungen enthalten sind, die eine überprüfung der rechtlichen Beurteilung vor allem in bezug auf die Abgrenzung zu der als Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG erfaßten Tat (Punkt A) ermöglichen.

Die vom Beschwerdeführer insoweit (primär) angestrebte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst kann jedoch noch nicht eintreten. Zwar kann dem Beschwerdeführer, wie er zutreffend ausführt, der den Tatbestand des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG verwirklichende Sachverhalt zufolge der Subsidiaritätsklausel des § 16 Abs. 2 erster Satz SuchtgiftG bei Tatidentität nicht auch nach § 16 Abs. 1 Z 2 dieses Gesetzes angelastet werden (vgl JBl 1982, 160). Wie dem Urteil entnommen werden kann (vgl S 98) hat er aber 30 Gramm Heroin erworben und davon, nach teilweiser Streckung mit Milchzucker, (nur) rund 25 Gramm in einer den Tatbestand des Verbrechens nach § 12 Abs. 1

SuchtgiftG verwirklichenden Weise in Verkehr gesetzt oder zu setzen versucht. Weitere (mindestens) 5 Gramm Heroin hat er seinen Angaben (siehe S 90; 49) zufolge zurückbehalten und selbst verbraucht. Demgemäß hat das Erstgericht - an sich richtig (vgl § 16 Abs. 3 SuchtgiftG) - eine (Verfallsersatz-) Geldstrafe nur in Ansehung von 21 Gramm Heroin verhängt und nicht auch für die weitere gleichfalls nicht ergriffene Suchtgiftmenge von zumindest 5 Gramm Heroin. Der Besitz (auch) dieser Suchtgiftmenge kann aber unter Umständen - allerdings nicht bei bloßer Verwahrung von (Teil-)Mengen oder im Falle der Vornahme von Qualitätsproben in Ansehung des schon durch den Schuldspruch nach dem § 12 Abs. 1

SuchtgiftG erfaßten Suchtgiftes - dem Tatbestand des Par 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG unterstellt werden (vgl neuerlich JBl 1982, 160, ferner ÖJZ-LSK 1978/257, SSt 47/80).

Eine abschließende Beurteilung in dieser Beziehung scheitert aber vorliegend noch am Fehlen jeglicher Feststellungen über die konkreten Tathandlungen sowie über Art und Menge des dem Schuldspruch zu Punkt B zugrundeliegenden Suchtgiftes. Gleichfalls berechtigt ist die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Schuldspruch wegen Vergehens nach § 165

StGB (Punkt C) wendet. Denn das Erstgericht stellte zwar fest, daß der Beschwerdeführer von Wolfgang C als Gegenleistung für die überlassung von Heroin im Wert von 1.000 S einen 'gestohlenen' Autoradiorecorder an sich brachte; es stützte diese Feststellung hinsichtlich der für das Tatbild nach § 165 StGB essentiellen (tatsächlichen) Herkunft der verhehlten Sache aus einem Verbrechen, einem Vergehen gegen fremdes Vermögen oder einem solchen nach den §§ 304-311 StGB als Vortat (siehe § 164 StGB idF BGBl 1982/205) jedoch lediglich auf die von der Polizei in Berichtsform festgehaltenen Angaben des Angeklagten über seine Ansicht, 'daß dieses Gerät von einem Autoeinbruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit stammt' (S 25) sowie auf den Zustand des mit abgeschnittenen Kabeln sichergestellten Recorders (S 99). Weitere Beweisunterlagen, insbesondere Angaben des Wolfgang C, wie dieser selbst in den Besitz des Gerätes gelangt war, sind der Aktenlage - möglicherweise infolge mangelhafter Erfassung von insoweit relevanten Aktenstücken bei Anlegung des 'neuen Aktes' (vgl ON 1) -

derzeit nicht zu entnehmen. Mit Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß nicht schon die in den Vorsatz des Hehlers aufgenommene Mööglichkeit, die verhehlte Sache stamme aus einer der oben - als 'Vortat' - genannten strafbaren Handlungen zur Herstellung des Tatbestandes nach § 165 StGB genügt, sondern daß diese Herkunft vielmehr beweismäßig auch objektiviert sein muß (vgl 11 Os 145/83; Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 165 RN 2).

Die aufgezeigten Begründungs- und Feststellungsmängel erfordern die Aufhebung der davon betroffenen Schuldsprüche (B und C). Dies zwingt auch zur Aufhebung des erstinstanzlichen Strafausspruches, allerdings mit Ausnahme der auf den weiterhin aufrecht bleibenden Schuldspruch nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG (Punkt A) basierenden Verfallsersatzgeldstrafe gemäß § 12 Abs. 4

SuchtgiftG.

Unberechtigt ist nämlich die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie gestützt auf die Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO die Höhe der gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG verhängten (Verfallsersatz-)Geldstrafe - deren Festsetzung keinen Ermessensspielraum gewährt und daher insoweit (anders als die Aufteilung auf mehrere Tatbeteiligte) nur mit diesem Nichtigkeitsgrund (Z 11) und nicht auch mit Berufung angefochten werden kann - mit dem Argument bekämpft, die Bemessung sei nach dem Verkaufspreis (von 3.000 S je Gramm) des Suchtgiftes anstatt richtig nach dem vom Angeklagten erzielten Nutzen (von 800 S je Gramm) erfolgt.

Der Beschwerdeführer verwechselt hiebei offensichtlich die hier nach § 12 Abs.Ö4 SuchtgiftG verhängte (Verfallsersatz-)Geldstrafe mit der im § 12 Abs.Ö1

SuchtgiftG neben der Freiheitsstrafe fakultativ angedrohten Geldstrafe, welche nach dem 2. Absatz dieser Gesetzesstelle allerdings unter Bedachtnahme auf den durch die strafbare Handlung erzielten Nutzen (und zwar so, daß sie diesen übersteigt) zu bemessen ist. Von dieser Möglichkeit einer zusätzlichen Geldstrafensanktion (nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG) hat das Erstgericht indes vorliegendenfalls gar keinen Gebrauch gemacht. Die anstelle des nicht ergriffenen Suchtgiftes zwingend tretende (Verfallsersatz-) Geldstrafe nach § 12 Abs.4

SuchtgiftG hinwieder ist in der Höhe des Wertes dieser Sachen oder ihres Erlöses zu bestimmen, welche letzteren (vgl 10 Os 16/81; 13 Os 74/82) das Erstgericht - zutreffend - mit dem hier erzielten und vom Beschwerdeführer selbst auch gar nicht in Abrede gestellten Verkaufspreis von 3.000 S pro Gramm Heroin annahm; für Billigkeitserwägungen bietet § 12 Abs. 4

SuchtgiftG insoweit keinen Raum (ÖJZ-LSK 1981/16).

Nur der Vollständigkeit halber sei noch hinzugefügt, daß das Erstgericht im zweiten Rechtsgang bei einem neuerlichen Schuldspruch nach § 165 StGB zu beachten haben wird, daß diesfalls neben einer allfälligen Freiheitsstrafe kumulativ (§ 28 Abs. 2 StGB) auch eine Geldstrafe zu verhängen ist (vgl ÖJZLSK 1976/376), wobei als obere Grenze für die gleichfalls auszusprechende Ersatzfreiheitsstrafe sowie für die (nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG) zu verhängende Freiheitsstrafe nur die Höhe der im Ersturteil ausgesprochenen Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr in Betracht kommt (vgl 9 Os 123/78).

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E04470

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00163.83.0112.000

Dokumentnummer

JJT_19840112_OGH0002_0120OS00163_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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