TE OGH 1984/1/25 3Ob139/83 (3Ob140/83)

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Veröffentlicht am 25.01.1984
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Norm

EO §139
EO §154

Kopf

SZ 57/21

Spruch

Der Beitritt zum anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren ist auch noch nach bewilligter Wiederversteigerung zulässig

OGH 25. 1. 1984, 3 Ob 139, 140/83 (KG St. Pölten R 214, 215/83; BG Waidhofen an der Ybbs E 4038/82)

Text

Zugunsten der betreibenden Partei F GesmbH wurde zur Hereinbringung von 150 000 S sA die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 94 KG H bewilligt. Zugunsten der betreibenden Partei G-Bank AG wurde zur Hereinbringung von 876 022.52 S sA die Zwangsversteigerung durch Beitritt zum erstgenannten Versteigerungsverfahren bewilligt.

Bei der Tagsatzung zur Versteigerung der Liegenschaft am 15. 12. 1981 erstand die betreibende Partei F GesmbH die Liegenschaft um das Meistbot von 1 093 000 S; ihr wurde auch der Zuschlag erteilt. Der Beschluß auf Zuschlagserteilung wurde allen Beteiligten am 8. 1. 1982 zugestellt und erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.

Da die Ersteherin (ident mit der betreibenden Partei des führenden Zwangsversteigerungsverfahrens) das Meistbot nicht erlegte, wurde auf Antrag der G-Bank AG (beigetretene betreibende Partei) die Wiederversteigerung bewilligt. Der Wiederversteigerungstermin wurde für den 1. 12. 1982 angesetzt.

Am 3. 11. 1982 langte beim Erstgericht ein Antrag der Republik Österreich ein, ihr zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Steuerforderung von 906 778.30 S die Zwangsversteigerung durch Beitritt zum anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte den Beitritt mit Beschluß vom 4. 11. 1983.

Gegen diesen Beschluß erhoben der Verpflichtete und die führende betreibende Partei Rekurs. Der Rekurs des Verpflichteten wurde diesem mit Beschluß vom 2. 3. 1983 zur Verbesserung binnen 8 Tagen zurückgestellt und nicht mehr vorgelegt.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der führenden betreibenden Partei Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Zwangsversteigerungsantrag der Republik Österreich abgewiesen wurde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beitrittsgläubigerin Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es gibt zur Frage des Wesens der Wiederversteigerung sehr viele und unterschiedliche Auffassungen (vgl. dazu etwa die Darstellung bei Heller-Berger-Stix 1211 ff.); es wird auch verschiedentlich der Standpunkt vertreten, daß ein "Beitritt zu einem Wiederversteigerungsverfahren" nicht möglich sei (vgl. Heller-Berger-Stix 1225; ähnlich besonders auch Karnert in AÖGZ 1900, 355; Lehmann, Die Zwangsversteigerung 317, kann hingegen entgegen Heller-Berger-Stix 1225 Anm. 1 nicht als Belegstelle für diese Ansicht dienen, denn er führt zwar aus, es gebe keinen Beitritt "zur Wiederversteigerung", setzt aber fort, es gebe auch nach Bewilligung der Wiederversteigerung einen Beitritt "zum ursprünglich eingeleiteten Versteigerungsverfahren"). Der erkennende Senat tritt jedoch aus folgenden Gründen der Rechtsansicht der zweiten Instanz nicht bei: Folgt man der vor allem von Hölzl (JBl. 1904, 325) und Lehmann (aaO) vertretenen Auffassung, daß das Wiederversteigerungsverfahren nur eine Fortsetzung des ursprünglich eingeleiteten Versteigerungsverfahrens ist, liegt die Zulässigkeit eines solchen Beitrittes auch nach Bewilligung der Wiederversteigerung auf der Hand. Aber auch wenn man in der Wiederversteigerung ein Versteigerungsverfahren besonderer Art erblickt, das sich nicht mehr allein gegen den Verpflichteten richtet, sondern auch Elemente einer Exekution gegen den säumigen Ersteher enthält (Heller-Berger-Stix 1211 ff.), kann ein Beitritt zu diesem besonderen Versteigerungsverfahren aus gutem Grund als zulässig angesehen werden. Gemäß § 154 Abs. 2 EO verliert die erste Versteigerung mit der Rechtskraft der Bewilligung der Wiederversteigerung jedenfalls ihre Wirksamkeit, sofern die Wiederversteigerung nicht deshalb unterbleibt, weil der säumige Ersteher vor Ablauf der Frist zum Rekurs gegen die Bewilligung der Versteigerung die rückständigen Meistbotraten samt Zinsen erlegt. Gemäß § 154 Abs. 3 EO ist die Wiederversteigerung unter entsprechender Anwendung der für die erste Versteigerung geltenden Vorschriften durchzuführen. Die Erträgnisse vom Tage der Erteilung des Zuschlages auf Grund der ersten Versteigerung bis zum Tage der Erteilung des Zuschlages auf Grund der Wiederversteigerung stehen gemäß § 157 Abs. 1 EO nicht dem säumigen Ersteher zu. Sie gebühren gemäß § 157 Abs. 2, § 159 Z 4 EO zwar auch nicht unmittelbar dem Verpflichteten, sondern fallen in die Verteilungsmasse. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, daß die Liegenschaft selbst nicht mehr dem Vermögen des Verpflichteten zugerechnet werden kann, sondern sozusagen in das Eigentum der dann als selbständiges Rechtssubjekt zu denkenden Verteilungsmasse übergegangen wäre; nur bei Bejahung dieser dem Sachenrecht eindeutig widersprechenden Konstruktion könnte auf Grund eines gegen den Verpflichteten gerichteten Exekutionstitels nicht auf das "nicht mehr im Eigentum des Verpflichteten stehende" Vermögen gegriffen werden. Einen Gläubiger des Verpflichteten nur auf das Recht zu verweisen, auf den bei einer allfälligen späteren Verteilung zugunsten des Verpflichteten verbleibenden Überrest Exekution führen zu können, erschiene außerdem unbillig und nicht zweckentsprechend. Nach Aufhebung des ursprünglichen Zuschlages infolge bewilligter Wiederversteigerung ist daher wieder ein Beitritt zum noch nicht beendeten Versteigerungsverfahren gegen den Verpflichteten möglich. Der später hinzukommende Gläubiger muß das Verfahren allerdings gemäß § 139 Abs. 2 EO in der Lage annehmen, in der es sich zur Zeit seines Beitrittes befindet.

Anmerkung

Z57021

Schlagworte

Wiederversteigerung, Beitritt, Zwangsversteigerungsverfahren, Beitritt nach bewilligter, Wiederversteigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0030OB00139.83.0125.000

Dokumentnummer

JJT_19840125_OGH0002_0030OB00139_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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