Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton Z*****, vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Edith W*****, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 21. Juli 1983, GZ 41 R 511/83-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 13. April 1983, GZ 4 C 1526/83-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 1.642,56 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon 114,56 S Umsatzsteuer und 96 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist schlichter (Minderheits-)Miteigentümer des Hauses *****. Mit den übrigen Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum verbunden.
Der Kläger behauptete, ihm „gehöre" die nicht im Wohnungseigentum stehende Wohnung Nr. 5, bestehend aus Zimmer und Küche, die er vor Jahren der „Hausgemeinschaft" prekaristisch zur Verfügung gestellt habe. Die Wohnung sei lange Zeit als Hausbesorgerdienstwohnung der Beklagten verwendet worden. Die Beklagte sei als Hausbesorgerin bisher nicht gekündigt worden, jedoch schon längere Zeit nach W***** verzogen. Er widerrufe mit Schreiben vom „heutigen Tag" (28. 12. 1982) an die Hausverwaltung das Prekarium, sodass die Beklagte die Wohnung ohne Rechtstitel benütze. Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die genannte Wohnung zur räumen und ihm geräumt zu übergeben.
Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Wohnung aufgrund des am 24. August 1970 abgeschlossenen Hausbesorgerdienstvertrags, der von der Gebäudeverwalterin im Namen sämtlicher Miteigentümer unterfertigt worden sei, zu benützen. Ihr Dienstverhältnis sei ungekündigt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen ab. Die Beklagte könne sich nach dem eigenen Vorbringen des Klägers weiterhin auf einen rechtmäßigen Titel, ihren Hausbesorgerdienstvertrag, stützen und bewohne daher die Wohnung nicht titellos. Sie leite ihr Recht zur Benützung der Wohnung weiterhin von der Hausgemeinschaft ab. Träfe die Behauptung des Klägers zu, die Wohnung der Hausgemeinschaft gegen jederzeitigen Widerruf zur Verfügung gestellt zu haben, wäre nur die Hausgemeinschaft als Vertragspartnerin des Klägers zur Räumung der Wohnung verpflichtet.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und erklärte die Revision für zulässig, da die Entscheidung von der in der Rechtsprechung bisher nicht geklärten Frage abhänge, inwieweit einer Wohnungseigentümermehrheit eines Hauses auch die Verwaltung der Anteile schlichter Miteigentümer zukomme.
Die Verwaltung der Liegenschaft stehe, auch was die nicht mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteile betreffen, der Mehrheit aller Teilhaber bzw dem an die Weisungen der Mehrheit gebundenen Verwalter zu.
Dem schlichten Miteigentümer sei die ihm genehme Nutzungsart der nicht im Wohnungseigentum stehenden Wohnung und die Verfügung hierüber verwehrt. Der Widerruf eines Prekariums an einer solchen Wohnung durch den nicht verwaltenden schlichten Miteigentümer, ohne zu behaupten, dass ihm durch eine Benützungsregelung oder sonstige Vereinbarung die Wohnung in sein ausschließliches Verfügungsrecht übertragen worden wäre, stelle eine Verwaltungshandlung dar, zu der der Kläger als schlichter Miteigentümer nicht berechtigt gewesen sei. Da der Kläger selbst von einem aufrechten Hausbesorgerdienstverhältnis ausgehe, in dessen Rahmen die Wohnung als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden sei, und ein ausschließliches Benützungsrecht, das ihn zum Widerruf des Prekariums berechtigt hätte, nicht behauptet habe, sei er zur Einbringung einer auf titellose Benützung gestützten Klage gegen die Beklagte nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger erhebt gegen das Urteil des Berufungsgerichts Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Kläger stützt sein Räumungsbegehren ausschließlich darauf, dass die Beklagte die Wohnung, die er der Hausgemeinschaft vor Jahren prekaristisch zur Verfügung gestellt habe, infolge Widerrufs des Prekariums ohne Rechtstitel benütze.
Die gegen den titellosen Inhaber einer Wohnung eingebrachte Räumungsklage ist als auch einem bloßen Minderheitsmiteigentümer zustehende Eigentumsklage zu beurteilen (§ 366 ABGB; MietSlg 29.044 ua). Der Kläger hat sein (Mit-)Eigentum und die Innehabung durch die Beklagte, die Beklagte aber ein Recht zur Benützung der Sache zu behaupten und, wenn es bestritten ist, zu beweisen. Schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers erfolgt die Benützung der Wohnung durch die Beklagte nicht titellos. Ihr Hausbesorgerdienstverhältnis, das die Rechtsgrundlage für die ihr zur Verfügung gestellte, nunmehr vom Beklagten beanspruchte Dienstwohnung bildet (vgl § 13 Abs 1 HBG), wurde bisher nicht gekündigt. Der Widerruf des - nach den Behauptungen des Klägers bestehenden - Prekariums an dieser Wohnung gegenüber der Hausgemeinschaft machte Beklagte, die ihre Rechte an dieser Wohnung aus dem aufrechten Hausbesorgerdienstvertrag ableitet, durch den sie mit allen Miteigentümern des Hauses und daher auch mit dem Kläger in einem Rechtsverhältnis steht, nicht titellos. Schon aus diesem Grund ist der Revision ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E87860 1Ob507.84European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0010OB00507.84.0125.000Zuletzt aktualisiert am
04.08.2008