TE OGH 1984/2/23 13Os19/84

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Veröffentlicht am 23.02.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandstätter als Schriftführers in der Strafsache gegen Antonino A wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 f. StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 6.Juni 1983, GZ 3 a Vr 10319/82-24, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der italienische Staatsangehörige Antonino A wurde der Verbrechen des schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs 2 StGB (C) und des schweren Diebstahls nach § 127 Abs 1, 128 Abs 2 StGB (A) sowie des Vergehens des Versicherungsmißbrauchs nach § 151 Abs 1 Z 1 StGB (B) schuldig erkannt. Darnach hat er zwischen Anfang Juli und 19. August 1982 Karl V*** durch die Vorspiegelung, er werde italienische Brandstifter für eine Brandlegung in seinem Pelzlager kommen lassen, zur Anzahlung von 28.000 S als Vorschuß für die Brandstifter verleitet und B dadurch geschädigt (C); ferner zwischen dem 20. und 22.August 1982 (in Wien) dem Karl B Pelzwaren, Lederkostüme und Lederanzüge im Gesamtwert von 169.400 S mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen (A) und durch diese Vorgangsweise mit dem Vorsatz, Karl B eine Versicherungsleistung zu verschaffen, gegen Diebstahl versicherte Sachen beiseitegeschafft (B).

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch wegen Diebstahls (A) ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Ein Widerspruch in der Aussage des Zeugen B, der, weil ungewürdigt geblieben, als Begründungsmangel des Urteils releviert wird, liegt nicht vor.

B und der Beschwerdeführer redeten 'zuerst .... von Einbruchsdiebstahl' (S. 184) und A sagte zum Zeugen 'dann noch kurz vorher' (gemeint: vor der Anfertigung von Schlüsseln zum Magazin, in das die Bekleidungsgegenstände eingelagert werden sollten), 'daß man das Lager auch anzünden könnte' (S. 185). Diese Äußerungen sind mit der Antwort des Zeugen auf die Frage, was er glaubte, daß in der Zeit seines - als Alibi gedachten - Aufenthalts in Kitzbühel geschehen werde, daß er an einen Diebstahl dachte (S. 190: 'Ich dachte, es werde eine Anzahl Pelz- und Lederwaren gestohlen'; S. 191: '... ich dachte, es würde alles gestohlen'), durchaus vereinbar. Kommt doch darin nur ein Denken, also ein innerer Vorgang (möglicherweise auch als Befürchtung) zum Ausdruck, nicht aber, wie die Beschwerde vermeint, ein Einverständnis des B mit einer ihn schädigenden Sachwegnahme. Die in der Beschwerde ohne spezielle Aktendeckung, also nur hypothetisch gestreifte Schlüsselübergabe mit dem Wissen BS (S. 267), daß die Pelzwaren 'ganz oder zum Teil gestohlen werden', könnte vernünftigerweise nicht als ein Einverständnis BS mit der Schädigung seiner eigenen Person durch Ausräumen des Warenlagers, sondern nur als Einverständnis mit einem fingierten Diebstahl aufgefaßt werden. Das liegt bei einem zurechnungsfähigen Menschen derart auf der Hand, daß es einer Urteilseinlassung nicht bedurfte. Wäre doch selbst im Fall einer Versicherungsleistung für den Verlust des Warenlagers das Vermögen BS keinesfalls vermehrt, sondern bei dem Umstand, daß nur der Zeitwert ersetzt wird, allenfalls sogar (ev. Entgang günstigerer Verwertung) vermindert worden, zumal eine betrügerische überversicherung nicht hervorgekommen ist. Die aus der Aussage des Zeugen B herausgegriffenen Passagen stehen mit der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe die Textilien dem B weggenommen, d.h. dessen Gewahrsam ohne dessen Willen beseitigt (Kienapfel BT. II § 127 RN. 102), sonach in keinem erörterungsbedürftigen Widerspruch.

Die Rechtsrüge nimmt erneut auf die oben wiedergegebenen Depositionen des Zeugen B Bezug und will daraus sowie aus der übergabe der Schlüssel zum Magazin und aus einer gemeinsamen Sperrprobe ableiten, daß die Sachen nicht ohne Einverständnis des B weggenommen worden seien, geht damit aber nicht von den gegenteiligen Urteilsfeststellungen aus. Gleiches gilt von der Behauptung, durch die übergabe der Schlüssel zum Magazin an den Angeklagten sei B mit der Entziehung der Pelz- und Lederwaren aus seinem Gewahrsam 'durch konkludente Handlung' einverstanden gewesen, weil auch ein solcher, im Bereich der Tatsachen gelegener Schluß vom Schöffengericht nicht gezogen wurde.

Wie schließlich die Beschwerde selbst einräumt, hat die Wendung, die Diebsbeute sei durch Nachsperre (S. 241, 243) entzogen worden, nicht zur rechtlichen Konsequenz einer Tatbeurteilung nach § 129 Z 1 StGB geführt, weil der Senat damit nur zum Ausdruck brachte, daß der Diebstahl unter Verwendung der dem Angeklagten von B übergebenen Schlüssel begangen wurde.

Der mit den vorstehenden Ausführungen notwendig umrissene Rahmen der Erledigung bedarf einer abschließenden überlegung: Die nur den Schuldspruch wegen Diebstahls anfechtende Beschwerde berührt gleichwohl inhaltlich auch den tateinheitlich angenommenen Versicherungsmißbrauch. Sie läßt aber diese Annahme in ihrer Folgerichtigkeit bestehen, weil die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 61 VersVG. (wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt) Wesenselement jedes Versicherungsmißbrauchs ist. Darnach hätte hier die Schadensermöglichung (Diebstahl mit Hilfe des übergebenen Schlüssels) seitens des Versicherungsnehmers die Ersatzleistung für den Diebstahlsschaden widerrechtlich bewirken müssen. Diese rechtswidrige Bereicherung des Versicherungsnehmers ist aber, im Gegenstandsfall evidentermaßen zugrundeliegend (S. 242, 243), zunächst und vor allem in der Vorstellung des die ihm gebotene Gelegenheit ausnützenden Diebs vorhanden. Folglich ist dessen Eventualvorsatz nach § 151 StGB mit dem Diebstahlsvorsatz vereinbar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde aber war teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO) bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Für die Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E04675

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00019.84.0223.000

Dokumentnummer

JJT_19840223_OGH0002_0130OS00019_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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