Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva K*****, vertreten durch Dr. Herwig Grosch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Roman P*****, vertreten durch Dr. Fritz Krissl, Rechtsanwalt in Bischofshofen, wegen 122.537,57 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Oktober 1983, GZ 1 R 173/83-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 17. April 1983, GZ 13 Cg 342/82-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 6.838,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.920 S Barauslagen und 447,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
In dem gegen die Klägerin als Verpflichtete beim Bezirksgericht Schladming geführten Fahrnisexekutionsverfahren (E 1564/81) wurde bei der öffentlichen Versteigerung am 7. 9. 1981 dem Beklagten über das der Klägerin gehörende Bauholz (PZ 5 - 11) der Zuschlag zum geringsten Gebot von 10.400 S erteilt. Infolge Beschwerde der Klägerin hob das Exekutionsgericht mit Beschluss vom 23. 9. 1981 das Schätzungs- und das Versteigerungsverfahren über die unter den PZ 5 - 11 gepfändeten Gegenstände auf und trug dem Vollstrecker eine neuerliche Schätzung und Versteigerung auf. Ein gegen diesen Beschluss gerichteter Rekurs des Beklagten blieb erfolglos. Eine neuerliche Schätzung und Versteigerung konnte jedoch nicht durchgeführt werden, weil der Beklagte das Holz zum Teil bereits verbaut, zum Teil verschenkt hatte.
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, dass der Beklagte zur Verwertung des Bauholzes nicht berechtigt gewesen sei und begehrt Ersatz in Höhe des Schätzungswerts von 122.537,57 S sA.
Der Beklagte beruft sich auf den Eigentumserwerb durch Zuschlag.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es dem Klagebegehren in der Hauptsache samt 4 % Zinsen stattgab und lediglich das die gesetzlichen Zinsen übersteigende Zinsenmehrbegehren abwies. Es erklärte die Revision für zulässig, weil die grundlegenden Fragen dieses Rechtsfalls im Schrifttum verschieden beurteilt würden.
Gegen den stattgebenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Die Klägerin bekämpft den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision und beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Das Erstgericht legte seiner Entscheidung den auf den Aktenseiten 61 bis 65 (S 3 bis 7 der Urteilsausfertigung) dargestellten Sachverhalt zugrunde, der vom Berufungsgericht nach teilweiser Beweiswiederholung ergänzt wurde. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen übergab der Schätzmeister vor Beginn der Versteigerung gegen 9 Uhr dem Vollstrecker einen Zettel, auf dem zu jeder Postzahl die Holzmenge und der jeweilige m³-Preis angegeben, die Schätzungswerte jedoch noch nicht errechnet worden waren. Auch der Vollstrecker nahm diese Berechnung nicht vor, sondern addierte irrtümlich die m³-Preise, wodurch er zu einem Gesamtschätzungswert und Ausrufungspreis von 20.800 S kam. Nach den Berechnungsgrundlagen des Schätzmeisters betrug der Schätzungswert unter Berücksichtigung eines dem Schätzmeister unterlaufenen Dezimalfehlers bei der Ermittlung der Holzmenge der PZ 10 103.845,40 S. Der Beklagte wollte zunächst nicht bieten, weil er für das Bauholz für seine Hütte nicht soviel ausgeben wollte. Auf Zureden seines Begleiters machte er jedoch ein Anbot. Am Nachmittag machte der Schätzmeiser den Vollstrecker telefonisch darauf aufmerksam, dass das Holz seiner Meinung nach zu billig versteigert worden sei. Der Beklagte wurde fernmündlich zum Exekutionsgericht bestellt, wo er über den Irrtum bei der Ermittlung des Schätzungswerts unterrichtet und ihm der Schätzungswert mit 85.247,80 S genannt wurde. Der obgenannte Dezimalfehler war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bemerkt worden. Der Beklagte lehnte eine Aufzahlung auf das geringste Gebot unter Hinweis auf seinen Eigentumserwerb ab. Er ließ das Holz noch am Abend wegbringen. Als der Beklagte den Beschluss des Exekutionsgerichts vom 23. 9. 1981 erhielt, hatte er bereits einen Teil des Holzes verbaut und den Rest seinem Schwager geschenkt.
Das Erstgericht vertrat den Standpunkt, dass der Beklagte nach § 367 ABGB durch den Zuschlag Eigentum an dem Holz erworben habe. Der Ersteher erwerbe Eigentum auch dann, wenn die Versteigerung irrtümlich erfolgt oder nichtig sei. Der Beweis der Schlechtgläubigkeit des Beklagten sei der Klägerin nicht gelungen.
Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass die Klägerin ihr Eigentum durch die Versteigerung nicht verloren habe. Nach § 367 ABGB erster Fall werde nur die Gutgläubigkeit des Erstehers hinsichtlich des Eigentums des Verpflichteten gedeckt. Da die Klägerin Eigentümerin des Holzes gewesen sei, habe die Bestimmung des § 367 ABGB für die Redlichkeit des Beklagten keine Bedeutung. Geschützt werde aber nur der Eigentumserwerb in einer öffentlichen Versteigerung. Hiebei handle es sich um ein objektives Tatbestandsmerkmal. Von einer öffentlichen Versteigerung könne nur gesprochen werden, wenn sie von krassen Verstößen gegen Verfahrensvorschriften frei sei. Die Versteigerung vom 7. 9. 1981 sei jedoch mit schwerwiegenden Mängeln und grundlegenden Verstößen behaftet. Die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Schätzung sei nicht vollendet und demgemäß das tatsächliche Schätzungsergebnis nicht als Ausrufungspreis vorgetragen und das gesetzlich zulässige geringste Gebot bei weitem nicht erzielt worden. Liege aber infolge grundlegender Mängel des Versteigerungsverfahrens eine Versteigerung nicht vor, habe der Beklagte auch nicht duch Zuschlag Eigentum erwerben können. Aber auch die rechtskräftige Aufhebung des Versteigerungsverfahrens rechtfertige den Anspruch der Klägerin. Da eine Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich sei, habe der Beklagte Wertersatz zu leisten. Ab dem Zeitpunkt der Information über den Verfahrensmangel bei der Versteigerung durch die Behörde und dem Begehren nach Aufzahlung oder Rückgabe des Holzes sei der Beklagte nicht mehr als redlich anzusehen. Bei Berechnung der Höhe sei von der tatsächlichen Holzmenge auszugehen. Unerheblich sei das geringste Gebot. Dem Beklagten sei das Meistbot ohnehin zurückgestellt und wegen Nichtannahme gerichtlich hinterlegt worden. Dem Ersatzanspruch sei der richtige Schätzungswert von 103.845,40 s zugrundezulegen, weil sich die Klägerin auf diesen Wert berufen und der Beklagte diesen Wert tatsächlich nicht bestritten habe. Die Klägerin habe aber auch Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer von dem ohne Umsatzsteuer ermittelten Schätzungswert, weil auch sie bei der Wiederbeschaffung von Holz Umsatzsteuer aufzuwenden habe.
Die Klägerin bekämpft die Zulässigkeit der Revision, weil die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entspreche. Danach werde ein Eigentumserwerb iSd § 367 ABGB erster Fall nur dann anerkannt, wenn dem Versteigerungsvorgang keine krassen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften anhafteten. Dem ist entgegenzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Entscheidung nicht von der Lösung der Frage abhängt, ob der gutgläubige Erwerber gemäß § 367 ABGB gegen die Berufung auf Mängel des Verkaufsverfahrens wie überhaupt der Zwangsvollstreckung geschützt ist. Ungeachtet dessen ist aber die Revision zulässig, weil zur Frage nach dem Inhalt des Kondiktionsanspruchs des Verpflichteten gegen den Ersteher einer beweglichen Sache hinsichtlich der der Zuschlag rechtskräftig aufgehoben wurde, eine ständige Rechtsprechung fehlt und dieser Frage auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.
Auszugehen ist davon, dass das Versteigerungsverfahren über das Holz der Klägerin durch das Exekutionsgericht rechtskräftig aufgehoben und ein neues Schätzungs- und Versteigerungsverfahren angeordnet wurde. Damit ist zwangsläufig auch der Zuschlag beseitigt (vgl SZ 27/92). Zur Entscheidung über die Gültigkeit der zwangsweisen Versteigerung war der Exekutionsrichter nach § 68 EO berufen (Heller-Berger-Stix 1915). Seine Entscheidung ist für die anderen Gerichte bindend (Fasching II 907). Die Revisionsausführungen gehen daher insofern ins Leere, als sie die Frage neuerlich aufrollen, ob solche Mängel des Exekutionsverfahrens vorliegen, dass von einer dem Wesen der Versteigerung entsprechenden Vorgangsweise nicht mehr gesprochen werden kann, und das Vorliegen solcher Mängel sowie deren Erkennbarkeit für den Beklagten verneinen. Wurde aber die Veräußerung durch den Exekutionsrichter rechtskräftig aufgehoben, ist der Ersteher zur Rückstellung der Sache gegen Ausfolgung des von ihm erlegten Betrags verpflichtet, weil für ihn der rechtliche Grund, die Sache zu behalten, weggefallen ist (Heller-Berger-Stix 1925 f; § 1435 ABGB). Die Herausgabe der Sache kann auch der Verpflichtete begehren. Dieser Anspruch konkurriert dann in der Regel mit der Eigentumsklage (Koziol-Welser Grundriß6 329; Wilburg in Klang² VI 488). Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung hat der Bereicherte im Falle einer Kondiktion nach § 1435 ABGB bei Unmöglichkeit oder Untunlichkeit der Rückstellung der geleisteten Sache ein angemessenes Entgelt zu bezahlen (Koziol-Welser aaO; Wilburg aaO 476; JBl 1982, 319; JBl 1981, 153; SZ 47/55 ua). Hiezu vertritt der Revisionswerber den Standpunkt, dass das Entgelt um den von ihm auf die Sache gemachten Aufwand und ferner insoweit zu kürzen sei, als der vom Beklagten bezogene Nutzen dem Wert der Sache nicht entsprochen habe. Hinsichtlich des vom Beklagten verschenkten Teils des Holzes könne die Klägerin nur die Abtretung der Ansprüche gegen den Beschenkten begehren. Ein Aufwand auf die Sache wurde in erster Instanz vom Beklagten nicht geltend gemacht. Seinem Standpunkt kann aber auch sonst nicht gefolgt werden, weil die von der Revision herangezogenen Belegstellen aus dem Schrifttum den redlichen Kondiktionsschuldner betreffen. Den Unredlichen trifft jedoch eine strengere Haftung. Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Verweisung (§ 1437 ABGB) hat der Unredliche nach § 335 ABGB nicht nur alle erlangten Vorteile herauszugeben, sondern auch jene zu ersetzen, die der Verkürzte gewonnen hätte (Wilburg aaO 486; Koziol-Welser6 II 77). Aus dieser weitgehenden Haftung des Unredlichen ergibt sich kraft Größenschlusses, dass der unredliche Bereicherungsschuldner jedenfalls den gemeinen Wert der Sache zu ersetzen hat, wenn er die Sache verbrauchte oder sonst veräußerte. Redlichkeit setzt die positive Überzeugung von der Rechtmäßigkeit des Besitzes voraus und wird schon durch Zweifel an der Rechtmäßigkeit ausgeschlossen (EvBl 1962/265; 6 Ob 251/68; 6 Ob 308/68). Der Beklagte wurde noch vor Abholung des Holzes über die Vorgänge bei der Schätzung informiert und zur Aufzahlung aufgefordert. Dann konnte er aber nicht mehr von der Rechtmäßigkeit der Versteigerung überzeugt sein und musste mit einer allfälligen Änderung durch eine Entscheidung des Exekutionsrichters rechnen. Wenn er dessen ungeachtet vor Rechtskraft des Zuschlags in kurzer Zeit das Holz verbaute bzw verschenkte, kann er sich nicht auf Gutgläubigkeit berufen (vgl GlUNF 9246). Daran ändert auch nichts die, von der Revision im Übrigen nicht in Übereinstimmung mit den erstgerichtlichen Feststellungen und dem Inhalt des Aktenvermerks vom 21. 9. 1981 zitierte Erklärung des Vollstreckers, dass er keine Möglichkeit sehe, den Beklagten zur Rückgabe des Holzes zu zwingen. Da eine Rückstellung des Holzes nicht möglich ist, muss die Klägerin demnach in die Lage versetzt werden, Ersatzstücke anzuschaffen. Das Berufungsgericht hat somit zutreffend den Ankaufswert, wozu auch die Umsatzsteuer gehört, zugesprochen.
Die Aufhebung des Schätzungsverfahrens durch das Exekutionsgericht stand der Wertermittlung durch das Berufungsgericht nicht entgegen. Bei der Heranziehung des Schätzungsgutachtens durch das Berufungsgericht und dessen Beurteilung bei der Ermittlung des Schätzungswerts und der darin allenfalls enthaltenen Umsatzsteuer handelt es sich um Akte der Beweiswürdigung.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E99202European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0020OB00510.84.0229.000Im RIS seit
13.12.2011Zuletzt aktualisiert am
13.12.2011