TE OGH 1984/3/15 12Os153/83

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Veröffentlicht am 15.03.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.März 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr.

Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann Josef A wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. und anderer Delikte über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 19.April 1983, GZ. 14 Vr 760/83-78, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Heigl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, in Anwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt II c des Urteilssatzes und im Strafausspruch (unbeschadet des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung nach § 38 StGB.) aufgehoben sowie gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Johann Josef A wird für die ihm nach dem aufrecht gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, und zwar das Verbrechen der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 StGB. (Faktum II a) sowie die Vergehen der Zuhälterei nach § 216 StGB. (Faktum I), der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB. (Faktum II b), der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. (Faktum III) und der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. (Faktum IV), gemäß §§ 28, 145 StGB. zu 15 (fünfzehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Mai 1948 geborene, zuletzt beschäftigungslose Johann Josef A der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. (Punkt II c des Urteilssatzes) und der schweren Erpressung nach §§ 144 Abs. 1, 145 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 StGB. (Punkt II a) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB. (Punkt III), der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB. (Punkt IV), der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB. (Punkt II b) und der Zuhälterei nach § 216 StGB. (Punkt I) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch - ausgenommen jenen wegen Körperverletzung laut Punkt III des Urteilssatzes bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt. Nach den wesentlichen Urteilskonstatierungen lernte der Angeklagte im Jahr 1976 die am 9.Oktober 1956 geborene Marianne B kennen, die schon vorher gelegentlich ('weder regelmäßig, noch gewerbsmäßig', S. 55/II) der Prostitution nachgegangen war. Es kam zwischen den Genannten zu intimen Beziehungen; der Angeklagte, der dringend Geld benötigte, nützte die Zuneigung B aus, indem er sie bereits wenige Wochen nach Aufnahme der Beziehung überredete, 'ein Einkommen aus der regelmäßigen Ausübung der Prostitution zu ziehen'. Um den Angeklagten nicht zu verlieren, übte B in der Folge im Raum Regau den 'Straßenstrich' aus. Sie verdiente während dieser Zeit 20.000 S monatlich, wovon sie ca. 15.000 S dem Angeklagten freiwillig ablieferte.

Ab dem Jahr 1977 begann der Angeklagte B zu schlagen und zu ohrfeigen, wenn sie sich weigerte, für ihn auf den 'Strich' zu gehen.

Er versetzte ihr auch häufig Fußtritte und äußerte wiederholt, sie habe solange für ihn 'zu arbeiten', bis er sein Ziel, sich selbständig zu machen, erreicht habe.

1978 zog der Angeklagte mit Marianne B nach Ungenach. Auch dort ging B der Prostitution nach und hatte dem Angeklagten von ihrem Verdienst von rund 20.000 S monatlich ca. 15.000 S abzuliefern, was sie 'aber schon lange nicht mehr freiwillig tat, sondern nur deshalb, weil sie der Angeklagte schlug oder mit Schlägen oder sogar mit dem Umbringen bedrohte' (S. 56/II). Nach vergeblichen Versuchen, sich dem Einfluß des Angeklagten zu entziehen, zog B im Jahr 1980 allein nach Schörfling, wo sie im Haus Roseggerweg 4 die Prostitution weiter ausübte und ca. 50.000 S verdiente. Von diesem Betrag nahm ihr der Angeklagte, der täglich von Ungenach nach Schörfling kam, ca. 40.000 S bis 45.000 S ab. Wenn er der Meinung war, B verdiene zu wenig, versetzte er ihr Faustschläge oder stieß sie gegen den Tisch oder Kasten. Er äußerte immer häufiger, er werde sie umbringen ('heimdrehen'), wenn er sein Ziel, sich selbständig zu machen, nicht erreiche; B lebte in ständiger Angst, zu wenig zu verdienen. 1982 zog Marianne B nach Rutzenmoos, Maierhof Nr. 4. Wie schon in Schörfling bezahlte der Angeklagte die Kosten der Unterkunft. Obwohl B etwa gleich viel verdiente und an den Angeklagten ablieferte, wie zur Zeit ihres Aufenthaltes in Schörfling, wurde dieser immer unzufriener, schlug oder trat B immer häufiger und machte ihr Vorwürfe, wenn er erfahren hatte, daß sie ausgegangen und Geld für sich verbraucht hatte. Immer öfter bedrohte er B mit dem Umbringen, wenn diese Andeutungen machte, mit der Prostitution aufzuhören. Zuletzt kam der Angeklagte etwa viermal täglich nach Rutzenmoos, um B und die Anzahl ihrer Kunden zu kontrollieren.

Zumindest seit 1977 war das Verhalten des Angeklagten nach den Feststellungen des Erstgerichts von dem Vorsatz getragen, seinen Unterhalt größtenteils aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Marianna B zu bestreiten, 'indem er dieser den Großteil ihres Verdienstes' abnahm. Weiters erstreckte sich sein Vorsatz darauf, durch Gewaltanwendung und gefährliche Drohung Marianne B zu nötigen, ihm einen Großteil ihres Schandlohnes abzuliefern und sich dadurch eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen, zumal er infolge seines überaus luxuriösen Lebenswandels größere Geldbeträge dringend benötigte (S. 59/II).

Am 22.April 1982 kam der Angeklagte gegen 17 Uhr zu Marianne B nach Maierhof 'zum bereits üblichen Inkasso'. Der vorhandene Betrag von

4.600 S, den sich der Angeklagte aneignete, erschien ihm zu wenig. Er kehrte daher gegen 21 Uhr zurück. Als ihm B mitteilte, daß sie inzwischen keine weiteren Einnahmen erzielt habe, kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte einen von ihm auf der Ofenplatte erhitzen Aschenbecher gegen den Oberschenkel der nur teilweise bekleideten B preßte, ihr außerdem einen Fußtritt gegen die Hüfte sowie Faustschläge gegen den Hinterkopf und Ohrfeigen versetzte. Die dadurch verletzte Marianne B wurde von zwei Bekannten gegen 24 Uhr in das Landeskrankenhaus Vöcklabruck gebracht und dort ambulant behandelt. Anschließend erstattete sie Anzeige und ersuchte aus Angst vor dem Angeklagten um polizeilichen Schutz. Am 23.April 1982 zog sie nach Eferding zu ihrer Schwester. Dort suchte sie der Angeklagte Anfang August 1982 auf und erkundigte sich nach dem Inhalt der von ihr erstatteten Anzeige. Aus Angst vor dem Angeklagten erklärte sie, daß alles 'hinfällig' sei, worauf der Angeklagte mit dem Ziel, sie dadurch zum Widerruf bzw. zur Rücknahme ihrer Anzeige zu nötigen, bemerkte, dies sei gut so, denn wenn etwas herauskäme, 'würde das für sie nicht gut sein, er könne für nichts garantieren'. Den Sinngehalt dieser Äußerung wertete das Erstgericht als Androhung weiterer Aggressionshandlungen gegen die körperliche Integrität der Marianne B (S. 83 f./II).

Diese Feststellungen stützte das Schöffengericht vor allem auf die für glaubwürdig erachtete Aussage der Zeugin Marianne B vor dem Gendarmeriepostenkommando Vöcklabruck vom 23.April 1982 (S. 15, 16/I) und vor dem Gendarmeriepostenkommando Regau vom selben Tag (S. 17-19/I) sowie auf ihre Aussagen vor dem Untersuchungsrichter vom 2. und 16.September 1982 (ON. 9); hiedurch erachtete es die (mit diesen Angaben im Widerspruch stehende) leugnende Verantwortung des Angeklagten für widerlegt.

Die Mängelrüge (Z. 5) erschöpft sich - in grundsätzlicher Verkennung des Wesens der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.) sowie der Art und des Umfangs der gesetzlichen Begründungspflicht (Par 270 Abs. 2 Z. 5 StPO.) -

überwiegend in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vom Erstgericht verwerteten Beweismittel (aus denen der Angeklagte andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen will) und damit in einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichts.

Den Umstand, daß die Zeugin B bei ihrer (zweiten) Aussage (vom 16. September 1982) vor dem Untersuchungsrichter und in der Folge in der Hauptverhandlung vom 18.Jänner 1983 (ON. 53) ihre früheren, den Angeklagten belastenden Angaben vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter nicht (mehr) aufrecht erhielt, hat das Erstgericht ohnedies gewissenhaft erörtert (S. 64-68/II) und dargelegt, aus welchen Erwägungen es die ursprünglichen, den Angeklagten belastenden Angaben der Zeugin für glaubwürdig erachtete.

Gleiches gilt für den Beschwerdeeinwand, das Ersturteil lasse die Aussage des Zeugen Karl C, wonach B mit der Zeugin Hannelore D 'auf den Posten kam und Anzeige wegen Körperverletzung erstattete', und jene des Mag. Reinhold E, wonach B die Worte 'Haß' und 'eintunken' verwendet habe, unerörtert, obwohl durch diese Aussagen 'das Motiv für die Änderung der Angaben der Marianne B eindeutig geklärt' sei. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß B am 23.April 1982 gegen ihn aus Haß und Eifersucht Anzeige wegen Körperverletzung, deren er sich schuldig bekenne, erstattet habe, wobei sie die weiteren Angaben 'nur begleitend zur Unterstützung der Anzeige wegen Körperverletzung' vorgebracht habe.

Erst auf Grund seiner Verhaftung am 9.September 1982 habe B 'die Auswirkungen dieser Angaben' erkannt und sich verpflichtet gefühlt, nunmehr (am 16.September 1983) die Wahrheit zu sagen. Eine Beeinflussung der Zeugin durch ihn sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil er sich seit 9.September 1982 in Untersuchungshaft befunden habe.

Der erkennende Senat ging indes ersichtlich ohnedies davon aus, daß Marianne B in der Nacht zum 23.April 1982 in Begleitung der Zeugin D beim Gendarmeriepostenkommando Vöcklabruck gegen den Angeklagten Anzeige wegen der erlittenen - unmittelbar vorher im Landeskrankenhaus Vöcklabruck ambulant behandelten - Körperverletzung erstattete und eine 'Präzisierung' ihrer Angaben erst über Aufforderung eines Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Regau am darauffolgenden Morgen erfolgte (S. 62/II). Ebenso hat das Erstgericht den Umstand, daß Marianne B zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung von Haßgefühlen gegen den Angeklagten erfüllt war, in den Kreis seiner überlegungen miteinbezogen (S. 65/II). Aus den Angaben der Zeugen D und F, wonach 'B in der Nacht vom 22. auf den 23. April 1982 große Angst hatte und in einem schlechten nervlichen Zustand war', konnte aber das Erstgericht im Einklang mit den Denkgesetzen durchaus den Schluß ziehen, daß der Beschwerdeführer B 'geschlagen und bedroht' hat (S. 68/II).

Bei dem weiteren Einwand hinwieder, das Schöffengericht habe die Aussage der Zeugin B vom 18.Jänner 1983 (ON. 54), sie beabsichtige, nach der Enthaftung des Angeklagten mit diesem wieder eine Lebensgemeinschaft aufzunehmen (S. 241/I), übergangen, übersieht die Beschwerde, daß das Erstgericht seine Feststellungen über das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und B im Weg der ihm zukommenden Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.) auf deren frühere Angaben (im Vorverfahren) gestützt hat (S. 67 f./II).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht aber auch dargelegt, warum es den in der Hauptverhandlung einvernehmlich verlesenen (S. 41, 42/II) Aussagen der Zeugen Helga G, Heidemarie H und Maria I (Schwestern und Mutter des Angeklagten) nicht gefolgt ist. Einer ins Detail gehenden Erörterung deren Angaben bedurfte es nicht, weil das Erstgericht mit denkgesetzrichtiger und der Lebenserfahrung entsprechender Begründung zur überzeugung gelangte, daß diese Personen das Verhältnis zwischen B und dem Angeklagten sehr subjektiv sahen und die gesamte Tragweite gar nicht erkennen wollten (S. 69/II).

Unbegründet ist ferner der Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe gegen das Unmittelbarkeitsprinzip insofern verstoßen, als es sich in der (neu durchgeführten) Hauptverhandlung vom 19.April 1983 mit der Verlesung der Protokolle über die Vernehmung der Zeugin Marianne B, die infolge unbekannten Aufenthaltes nicht mehr geladen werden konnte, begnügte (vgl. S. 293, 341, 343/I sowie S. 8 und 9/II). Denn abgesehen davon, daß der Angeklagte sein Einverständnis (gemäß Par 252 Abs. 2 Z. 4 StPO.) zur Verlesung (auch) der Aussage der Zeugin B ausdrücklich erklärte (S. 41/II), hat er Umstände nicht einmal behauptet, die nach dieser Verzichtserklärung die persönliche Vernehmung der Zeugin im Interesse der Wahrheitsfindung doch erforderlich erscheinen lassen hätte (EvBl. 1975/85; SSt. 34/83, 36/31).

Im Rahmen der Rechtsrügen wendet der Beschwerdeführer zunächst gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der Zuhälterei ein, daß 'die Ausfolgung des überwiegenden Teiles des Schandlohnes' noch nicht als ein Ausbeuten im Sinn des § 216 StGB. gewertet werden könne und außerdem Idealkonkurrenz zwischen dem Vergehen der Zuhälterei und dem Verbrechen der schweren Erpressung rechtlich nicht möglich sei. Die Rüge versagt.

Das Vergehen der Zuhälterei nach § 216 StGB. begeht, wer seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person durch deren Ausbeutung zu gewinnen sucht. Ausbeutung ist - wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte - die rücksichtslose Ausnützung der Prostituierten unter Hintanstellung ihrer eigenen Interessen durch Abnahme oder übernahme des ganzen oder überwiegenden Entgeltes ihrer Tätigkeit (SSt. 48/7, 50/59; EvBl.

1977/261). Hiezu genügt, daß die Prostituierte durch das Verhalten des Zuhälters eine spürbare Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage erleidet. Daß die solcherart ausgebeutete Frau dadurch geradezu in eine wirtschaftliche Bedrängnis oder gar in eine Notlage gerät, ist nicht erforderlich (EvBl. 1979/245; Leukauf/ Steininger Kommentar 2 § 216

RN. 6, 7; Pallin im Wiener Kommentar § 216 Rz. 3).

Nach den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen hat der Angeklagte Marianne B zur Ausübung der Prostitution gezwungen und ihr in der Zeit von 1977 bis zu ihrer übersiedlung nach Schörfling im Jahr 1980 von einem durchschnittlichen monatlichen Verdienst von 20.000 S jeweils ca. 15.000 S und ab 1980 bis 22.April 1982 von einem monatlichen Verdienst von ca. 50.000 S, 40.000 S bis 45.000 S abgenommen (womit der vom Angeklagten in der Beschwerde gleichfalls monierten ziffernmäßigen Bestimmung des 'überwiegenden Teiles des Schandlohnes' entsprochen ist) und zum Teil zur Deckung seines luxuriösen Lebenswandels (S. 71/II), zum Teil zur Ansammlung von Ersparnissen zwecks Erreichung seiner Selbständigkeit' (durch Eröffnung eines Lokales - S. 55 f./II) verwendet, wobei er sie gleich einer Arbeitssklavin hielt und ihr schon dann Vorwürfe machte, wenn er erfuhr, daß sie 'ausgegangen war und Geld verbraucht hatte' (S. 58/II).

Rechtsrichtig wurde daher das insoweit festgestellte Verhalten des Angeklagten als Ausbeutung im Sinn des § 216 StGB. beurteilt. Da die den Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle verwirklichenden Tathandlungen nicht zwangsläufig an sich deliktischen Charakter haben müssen, wurde entgegen dem Beschwerdevorbringen Idealkonkurrenz mit (schwerer) Erpressung (wenn der Täter, wie vorliegend die Frau durch Gewalt oder gefährliche Drohung zur Ablieferung des Schandlohnes zwingt) zu Recht angenommen (vgl. LSK. 1977/248 = EvBl. 1977/261;

Leukauf/Steininger a.a.O. RN. 12, Pallin a.a.O. Rz. 6). Andernfalls wäre nämlich der Unrechtsgehalt des dem Angeklagten zur Last fallenden Tatverhaltens nicht voll ausgeschöpft.

Mit Beziehung auf den Schuldspruch wegen schwerer Erpressung (Punkt II a) wendet der Angeklagte ferner ein, die Tathandlungen seien 'unzureichend individualisiert', sodaß 'der Kausalzusammenhang zwischen den Schlägen, der Prostitution der Marianne B und der Ablieferung eines Teiles ihres Schandlohnes in jedem Einzelfall' nicht festgestellt sei. Außerdem sei dem Urteil zu entnehmen, daß B 'anfangs' den Großteil ihres Schandlohnes dem Angeklagten deshalb abgeliefert habe, weil sie Angst hatte, von ihm verlassen zu werden. Sein Vorsatz könne daher nicht 'von Anfang an' auf (gewerbsmäßige) Erpressung der Genannten gerichtet gewesen sein.

Demgegenüber hat jedoch das Erstgericht den Angeklagten der schweren Erpressung deshalb schuldig erkannt, weil er inderZeit bis zum 22. April 1982 Marianne B durch oftmaliges Versetzen von Faustschlägen, Fußtritten, Ohrfeigen und Stößen sowie durch mehrmalige Äußerungen, er werde sie umbringen, wenn sie nicht weiterhin die Prostitution ausübe und er dadurch sein Ziel, sich selbständig zu machen, nicht erreiche, (gewerbsmäßig) zur (B am Vermögen schädigenden und ihn unrechtmäßig bereichernden) Ablieferung des überwiegenden Teiles des Schandlohnes nötigte (S. 56 ff./II). Insoweit stellte es sohin ausdrücklich fest, daß sich der Vorsatz des Angeklagten 'von allem Anfang' (vgl. S. 59/II: in der Bedeutung ab 1977) darauf erstreckte, B durch Gewalt und gefährliche Drohung dazu zu nötigen, weiterhin die Prostitution auszuüben, um ihm den Großteil des Schandlohnes abzuliefern (S. 59/II). Solcherart hat das Erstgericht unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es in Ansehung des Verbrechens der Erpressung von einer rechtlichen Einheit der einzelnen Tathandlungen ausgegangen ist und insoweit einen Fortsetzungszusammenhang angenommen hat. Ein fortgesetztes Delikt, welches rechtlich eine Einheit bildet, liegt dann vor, wenn eine Mehrheit von Handlungen, von denen jede den Tatbestand eines und desselben Deliktes begründet, auf einen einheitlichvorgefaßten Willensentschluß zurückgeht und vermöge des nahen Zusammenhanges der einzelnen Handlungen - begründet durch Zeit, Ort, Gegenstand und Art des Angriffes eine Einheit darstellt (SSt. 41/30;

Leukauf/Steininger a.a.O. § 28 RN. 29 ff.). Der vom Beschwerdeführer (sinngemäß) behauptete Widerspruch in den Entscheidungsgründen liegt sohin nicht vor, weil das Erstgericht ohnedies davon ausging, daß der Angeklagte zunächst (nämlich im vom Schuldspruch nicht erfaßten Jahr 1976) weder Gewalt noch Drohungen einsetzen mußte, um Marianne B zur Ausübung der Prostitution und zur Ablieferung des Schandlohnes zu veranlassen. Bei einem fortgesetzten Delikt leistet aber das Gericht dem Erfordernis des § 260 Abs. 1 Z. 1 StPO. Genüge, wenn es - wie im vorliegenden Fall - den äußeren und inneren Zusammenhang der einzelnen Tathandlungen, die sich nur als einzelne Phasen des angestrebten Gesamterfolges darstellen, innerhalb der im Urteilstenor genannten Zeitspanne zum Ausdruck bringt. Demzufolge kommt einzelnen - datumsmäßig gar nicht näher bestimmbaren - Tathandlungen keine eigenständige Bedeutung zu, weil es rechtlich unerheblich ist, in wie vielen Fällen innerhalb des festgestellten Tatzeitraumes der Angeklagte Marianne B erpreßt hat; vielmehr wird der Tatbestand schon durch eine einzige deliktsspezifische Tathandlung erfüllt.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kennt der Tatbestand der Erpressung keine qualifikationsbedingenden Wertgrenzen; eine ziffernmäßige Bestimmung der durch Erpressung bewirkten Vermögensschädigung der Marianne B war daher nicht erforderlich. Zur Konkretisierung des Tatverhaltens des Angeklagten und dessen Beurteilung als Erpressung genügte vielmehr die Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe Marianne B durch Gewalt und gefährliche Drohung zur Ablieferung des 'überwiegenden Teiles des Schandlohnes' (dessen Höhe in den Urteilsgründen im übrigen ohnedies mit Zirka-Beträgen angegeben ist) gezwungen.

Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist die Beschwerde, soweit sie vorbringt, die Androhung von 'Ohrfeigen' und 'Schlägen mit der bloßen Hand' reiche 'zum Tatbild der gefährlichen Drohung' nicht aus, bloße 'Ohrfeigen und Stöße' seien auch nicht dem Begriff der Gewalt zu unterstellen, weil ausgenommen im Fall der unbekämpft gebliebenen Körperverletzung (am 22.April 1982, Punkt III) niemals irgendwelche Verletzungen bei B festgestellt worden seien. Mit diesem Vorbringen verläßt der Beschwerdeführer indes den Boden der Urteilsannahmen, wonach er Marianne B nicht nur mit Ohrfeigen, Schlägen und Stößen bedrohte (vgl. S. 56 f./II), sondern ihr auch tatsächlich 'Faustschläge, Fußtritte, Ohrfeigen und Stöße' versetzte, 'die Hämatome zur Folge hatten' (vgl. S. 50, 58, 30, 71/II).

Bei der Behauptung, die festgestellten Drohungen reichen für die rechtliche Annahme einer Drohung mit demTo im Sinn des § 145 Abs. 1 Z. 1 StGB. nicht aus, weil hiefür maßgeblich sei, ob der Bedrohte bei unbefangener Betracht der Situation die Verwirklichung des angedrohten übels tatsächlich erwarten konnte, übergeht der Beschwerdeführer abermals die Urteilskonstatierungen, wonach er Marianne B mehrmals durch die Äußerung, er werde sie 'heimdrehen' (S. 58/II) mit dem 'Umbringen' (S. 50, 57, 59/II) - sohin mit dem Tod - bedrohte und daß B in ständiger Angst vor ihm lebte (S. 57, 58, 62, 68/II). Solcherart brachte das Schöffengericht mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß B auf Grund des Gesamtverhaltens des Angeklagten den Eindruck gewinnen konnte, er sei in der Lage und willens auch die in Rede stehende Folge herbeizuführen.

Gleichfalls nicht gesetzmäßig ausgeführt ist jener Teil der Rechtsrüge, mit dem sich der Angeklagte 'vorsichtshalber' gegen die Annahme der Qualifikation nach § 145 Abs. 2 Z. 1 und 2 StGB. wendet; denn dabei übersieht er die insoweit maßgebenden Urteilsannahmen (S. 59, 72/II), wonach er Marianne B während eines Zeitraumes von fünf Jahren 'oftmals mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Ablieferung des (überwiegenden Teiles des) Schandlohns in der Absicht nötigte, sich hiedurch eine fortlaufende Einnahmsquelle zu erschließen (LSK. 1982/173). Insoweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang mit dem Hinweis auf die 'jahrelange Lebensgemeinschaft' zwischen ihm und Marianne B einen Begründungsmangel in Ansehung der absichtliches Handeln erfordernden Gewerbsmäßigkeit aufzuzeigen versucht, ist ihm entgegenzuhalten, daß schon seine vom Erstgericht festgestellten Äußerungen, B habe für ihn zu arbeiten, bis er sein Ziel, sich selbständig zu machen, erreicht habe, in Verbindung mit dem vom Erstgericht festgestellten Gesamtverhalten des Angeklagten eine tragfähige Grundlage für die Annahme der für gewerbsmäßiges Handeln begriffsessentiellen Tendenz darstellen.

Es versagt aber auch der gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Nötigung (Punkt IV) ins Treffen geführte Einwand, die Äußerung, 'wenn etwas herauskomme, würde das für sie nicht gut sein, er könne dann nichts garantieren', sei zu unbestimmt, um daraus auf eine gefährliche Drohung zu schließen. Denn das Erstgericht hat beweiswürdigend (§ 258 Abs. 2 StPO.) den Sinngehalt der in Rede stehenden Äußerungen in tatsachenmäßiger Beziehung dahingehend ausgelegt, daß der Beschwerdeführer damit zumindest 'neuerliche Aggressionshandlungen gegen die körperliche Integrität' der Marianne B androhen wollte, um sie solcherart - unbeschadet ihrer Andeutung 'es sei alles hinfällig' - zum (eindeutigen) Widerruf bzw. zur Zurücknahme ihrer Anzeige zu nötigen (S. 63, 64/II). Ein der Sache nach insoweit behaupteter Begrün!ungsmangel (Z. 5) liegt sohin gleichfalls nicht vor.

Schließlich ist die Beschwerde aber auch nicht im Recht, soweit sie mit Beziehung auf den Schuldspruch wegen des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB. Mangel am Tatbestand einwendet. Dieses Vergehen begeht, wer eine Person der gewerbsmäßigen Unzucht zuführt. Aus dem Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung folgt bereits, daß eine Person, die die gewerbsmäßige Unzucht bereits ausübt, dieser nicht mehr zugeführt werden kann (vgl. Pallin a.a.O. § 215 Rz. 4); andererseits steht eine frühere (beendete) Prostitutionsausübung der rechtlichen Annahme des (späteren) Zuführens zur gewerbsmäßigen Unzucht nicht entgegen (SSt. 50/59 = EvBl. 1980/ 108). Den Urteilskonstatierungen zufolge nahm der Angeklagte im Jahr 1976 intime Beziehungen zu Marianne B auf und überredete diese unter Ausnützung ihrer Zuneigung zu ihm, ihr Einkommen aus der regelmäßigen Ausübung der Prostitution zu ziehen. Da B befürchtete, der Angeklagte würde sie verlassen, wenn sie seinen Wünschen nicht nachkomme, ging sie schließlich im Gebiet von Regau 'auf den Straßenstrich'; bevor sie etwa Mitte 1976, in diese Gegend gezogen war, war sie gelegentlich der Prostitution nachgegangen (S. 54 ff., 73/II). Diese vom Erstgericht in tatsächlicher Beziehung getroffenen, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers mit den Aussagen der Zeugen J und K nicht in Widerspruch stehenden Feststellungen reichen für die rechtliche Annahme eines Zuführens der Marianne B durch den Angeklagten zur (nunmehr) gewerbsmäßigen Unzucht im Sinne des § 215 StGB. ab Mitte des Jahres 1976, bei Beginn ihrer Bekanntschaft mit dem Angeklagten, aus, wofür eine Einwirkung mit Mitteln der Gewalt oder der gefährlichen Drohung keineswegs erforderlich ist (Pallin a.a.O. Rz. 3 und 6). Die Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten (ab '1977' auch) als Vergehen nach § 215 StGB. erfolgte daher gleichfalls frei von Rechtsirrtum.

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde demnach zu verwerfen.

Mit Recht jedoch remonstriert der Angeklagte der Sache nach (inhaltlich Z. 10) gegen seine Verurteilung wegen des Verbrechens der schweren Nötigung (laut Punkt II c des Urteilssatzes) neben dem Schuldspruch wegen des Verbrechens der schwere Erpressung (Punkt II a).

Nach den hier maßgebenden Urteilsfeststellungen war der Vorsatz des Angeklagten bei den gegenüber Marianne B gesetzten Nötigungshandlungen vonAnfangan darauf gerichtet, sich durch den aus dem erzwungenen Verhalten, nämlich der von B ausgeübten Prostitution, erzielten Schandlohn unrechtmäßig zu bereichern (vgl. S.

56, 57, 59, 71/II). Solcherart war aber die vom Schöffengericht angenommene Idealkonkurrenz (vgl. S. 75/II) von Erpressung und Nötigung verfehlt. Es liegt nämlich insoweit in Wahrheit bloß Scheinkonkurrenz in Form der Spezialität vor, weil es sich bei der Erpressung um einen Fall der selbständigen Abwandlung der Nötigung als Grunddelikt handelt.

Beide Deliktstypen stehen zueinander im Verhältnis von Gattung und Art, wobei der (spezielle) Tatbestand der Erpressung sämtliche Merkmale des Tatbestands der Nötigung als lex generalis enthält und dazu noch das weitere Merkmal, sich oder einen anderen durch das Verhalten des Genötigten unrechtmäßig zu bereichern. Hieraus resultiert, daß vorliegend allein das inhaltsreichere und zugleich umfangsärmere spezielle Delikt der Erpressung zum Tragen kommt, während das allgemeine Delikt der Nötigung verdrängt wird (vgl. Burgstaller in JBl. 1978, 396 ff., Leukauf/Steininger a.a.O. § 28 RN. 44, Kienapfel BT. II § 144 RN. 95).

Insoweit war daher der Nichtigkeitsbeschwerde stattzugeben und der rechtlich verfehlte (zusätzliche) Schuldspruch wegen des (nach der Ansicht des Schöffengerichts mit dem Verbrechen der schweren Erpressung eintätig zusammentreffenden) Verbrechens der Nötigung (Punkt II c) aus dem angefochtenen Urteil auszuschalten. Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung wurden die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten wegen Delikten gegen Leib und Leben und gegen fremdes Vermögen, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art sowie die zweifache Qualifikation zur schweren Erpressung als erschwerend, sein Teilgeständnis zur Körperverletzung und der Umstand, daß es in Ansehung der Nötigung beim Versuch geblieben ist, hingegen als mildernd gewertet.

Mit Rücksicht auf diese Strafzumessungsgründe erschien die im Spruch bezeichnete - im Vergleich zu der vom Schöffengericht angeordneten trotz der Ausschaltung eines Schuldspruchs gleichbleibende - Dauer der gemäß § 145 StGB. über den Angeklagten zu verhängenden Freiheitsstrafe, insbesondere unter Bedacht auf die Faktenvielzahl und auf das doch deutliche überwiegen der Erschwerungsumstände, nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB.) als angemessen. Der Gewährung bedingter Strafnachsicht stehen im Hinblick auf die Art der Straftaten sowie die ihnen adäquate Größe der Tatschuld des einschlägig vorbestraften Angeklagten spezialpräventive Erwägungen, aber auch Gründe der Generalprävention (§ 43 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StGB.) entgegen.

Der Angeklagte, der eine Herabsetzung des Strafmaßes (unter Gewährung bedingter Strafnachsicht) anstrebte, und die Staatsanwaltschaft, die dessen Erhöhung begehrte, waren mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04477

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00153.83.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19840315_OGH0002_0120OS00153_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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