Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22.März 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr.
Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan A wegen des Vergehens der Zuhälterei nach § 216
StGB. und des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 12.Oktober 1983, GZ. 7 a Vr 389/83-30 a, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Blasche und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stefan A des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB. und des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Steyr und an anderen Orten 1./ in der Zeit von Herbst 1980 bis zum Mai 1983 seinen Unterhalt aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Gertrude B durch deren Ausbeutung gewonnen zu haben, wobei er sie schlug, zur Steigerung ihrer Einkünfte zwang und ihr den Schandlohn bis auf minimale Taschengeldbeträge abnahm; 2./ von Ende Mai 1983 bis zum 21.Juni 1983 die Gertrude B mit Bereicherungsvorsatz durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung an der Freiheit und am Körper zur Zahlung einer Ablöse von 50.000 S zu nötigen versuch zu haben, indem er ihr ankündigte, sie werde im Falle der Verweigerung der Zahlung Steyr verlassen müssen, er werde sich um sie kümmern und jemanden zu ihr schicken, darnach würde sie sich nicht mehr aus dem Hause trauen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft mit Berufung angefochten.
Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund behauptet der Beschwerdeführer Begründungsmängel hinsichtlich des Schuldspruches wegen des Vergehens der Zuhälterei; dies allerdings zu Unrecht. Auch wenn es Stefan A während der ersten Monate des Jahres 1980, in denen er von den Einkünften der Gertrude B lebte, noch nicht nötig gehabt haben sollte, seinen Geldforderungen an die Zeugin gewalttätigen Nachdruck zu verleihen, sondern die Zeugin ihm die erheblichen Geldmittel aus eigenem Antrieb gegeben hat, so wäre dieser Umstand entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung für die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Zuhälterei bedeutungslos. Denn das Wesen dieses Vergehens besteht nicht in Gewalttätigkeiten gegen das Opfer, sondern in dessen Ausbeutung und es ist für die Erfüllung des Tatbestandes unbeachtlich, ob das Opfer mit seiner Einwilligung ausgebeutet wird oder nicht (Leukauf-Steininger 2 , RN. 4 zu § 216 StGB.; EvBl 1980/108). Daß aber die Zeugin B durch den Beschwerdeführer ausgebeutet, das heißt rücksichtlos ausgenutzt und ihr vitales Interesse durch Wegnahme eines überwiegenden Teils ihres Verdienstes beeinträchtigt wurde (LSK. 1977/117 zu § 216 StGB.), wird in der Rechtsmittelausführung nicht mehr bestritten.
Auch wenn sich das Schöffengericht im Sinne der weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, mit dem Widerspruch der von der Zeugin B vor dem Untersuchungsrichter aufgestellten Behauptung - abgesehen davon, daß es sich offenbar um einen Schreibfehler handelt -, sie sei erst ab Herbst 1981
vom Angeklagten mißhandelt worden (S. 49, 50), zu der Bekundung dieser Zeugin, daß die Mißhandlungen schon im Herbst 1980 einsetzten (S. 13, 14 u. 50), nicht näher auseinandergesetzt hat, trifft dieser Mangel keinen entscheidungswesentlichen Punkt.
Ob schließlich nur der Beschwerdeführer mit dem Zeugen Erich C wegen der Unterbringung der Gertrude B ins Bordell verhandelt hat oder ob vor ihm schon Gertrude B selbst mit diesem Zeugen Verbindung aufgenommen hat und was der Angeklagte der Zeugin Gertrude B über eine angebliche Unterredung mit Elisabeth D erzählt hat, betrifft ebenfalls keine verfahrenswesentlichen Umstände, weil dem Beschwerdeführer nicht die Unterbringung der Gertrude B in einem bestimmten Bordell, sondern die Ausnützung der von ihr betriebenen Prostitution durch ausbeuterische Abnahme ihres Verdienstes zur Last gelegt wird. Mit Recht hat sich das Gericht, dem aufgetragen ist, die Beweisergebnisse in gedrängter Kürze (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO.) zu würdigen, mit diesen Fragen nicht auseinandergesetzt, ohne daß hiedurch Nichtigkeit des Urteils im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes begründet worden wäre.
Soweit im Rahmen der Mängelrüge die Unterlassung der zeugenschaftlichen Einvernahme der Elisabeth D bemängelt wird, macht der Beschwerdeführer in diesem Umfange den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 4 StPO. geltend, doch fehlt ihm hiezu schon mangels entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung die Legitimation.
In seiner Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. bringt der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch wegen versuchter Erpressung vor, die ihm vorgeworfenen öußerungen gegenüber der Zeugin Gertrude B seien nicht dem Begriff der gefährlichen Drohung zuzuordnen, sondern würden sich bloß als milieugemäße Unmutsäußerungen darstellen, denen - für die demselben Lebenskreis angehörige Zeugin Gertrude B erkennbar - die Ernstlichkeit gefehlt habe. Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
Es ist richtig, daß für die Beurteilung einer Drohung als gefährlich nicht allein deren Wortlaut ausschlaggebend ist, sondern in jedem Fall ihr wahrer Sinngehalt in Verbindung mit dem sonstigen Täterverhalten erforscht werden muß, doch gelangte das Erstgericht unter Berücksichtigung der Umstände, daß der Angeklagte gegen Gertrude B mehrmals tätlich geworden ist, sie dabei auch verletzt hat und daß beide dem Prostituiertenmilieu zuzuzählen sind, zur überzeugung, daß die Drohungen im gegenständlichen Fall objektiv durchaus geeignet waren, gegründete Besorgnis einzuflößen. Von einer bloßen milieugemäßen Unmutsäußerung kann daher nicht die Rede sein. Rechtlich ohne Belang ist es, ob sich Gertrude B gefürchtet hat, d. h. ob die Drohung Besorgnisse tatsächlich erweckt hat. Im übrigen hat das Erstgericht ohnehin mit zureichender Begründung angenommen, daß die Zeugin tatsächlich in Furcht versetzt wurde (S. 213 d, 213 h u. 213 h verso).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.
Stefan A wurde nach §§ 28, 144 Abs 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die einschlägigen (wenn auch zum Teil länger zurückliegenden) Vorstrafen, die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art und das Vergehen der Zuhälterei durch längere Zeit, als mildernd daß es bei der Erpressung beim Versuch geblieben ist.
Mit ihren Berufungen begehren der Angeklagte eine Herabsetzung (auf 6 Monate Freiheitsstrafe) und die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung des Strafmaßes.
Die letzte einschlägige Vorstrafe wegen eines Gewalttätigkeitsdeliktes erlitt der Angeklagte im Jahre 1978. Bis zur Begehung der vorliegenden Tat ab Herbst 1980 ist kein längerer Zeitraum verstrichen. Auch das Milieu in dem der Angeklagte lebt, kann die von ihm verübten Gewalttätigkeiten und Drohungen nicht in einem milderen Licht erscheinen lassen. Ebensowenig kann von einem Mitverschulden der ausgebeuteten Gertrude B, das als mildernd zu berücksichtigten wäre, gesprochen werden.
Der Berufung des Angeklagten war daher nicht Folge zu geben. Aber auch die Berufung der Staatsanwaltschaft ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Zum Tatbild der Zuhälterei gehört bereits die Ausbeutung, d.h. in der Regel die Abnahme hoher Geldbeträge, sodaß die Höhe der Vermögenseinbuße, die Gertrude B erlitten hat, nicht zusätzlich als erschwerend herangezogen werden kann. Wohl aber kommt zu den vom Erstgericht im übrigen zutreffend angenommenen Strafbemessungsgründen noch die Wiederholung der gefährlichen Drohung als erschwerend hinzu.
Dennoch ist die vom Schöffengericht verhängte Strafe, auch unter Berücksichtigung des Vorlebens des Angeklagten, nicht zu niedrig bemessen. Sie entspricht vielmehr dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat.
Es war somit beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E04480European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00003.84.0322.000Dokumentnummer
JJT_19840322_OGH0002_0120OS00003_8400000_000