Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22.März 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kurt A und Rudolf B wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB
und anderer Delikte über die vom Angeklagten Kurt A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Mai 1983, GZ 3 e Vr 11404/82-73, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung des Angeklagten Rudolf B nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gn,ichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen der Verteidiger Rechtsanwälte Dr. Kollmann und Dr. Schön und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung der 'Schecks', eines 'Scheckheftes' bzw. eines 'Scheckbuches' im Schuldspruch zu den Punkten B I 1, 5 a und b und 8 des Urteilsspruches, ferner gemäß § 290 Abs 1 StPO auch im Schuldspruchfaktum B I 7 (hinsichtlich der Angeklagten Kurt A und Rudolf B) sowie in Ansehung des Mitangeklagten Rudolf B auch in den Schuldspruchfakten B III 2 bezüglich 'Schecks' und B III 3 bezüglich 'Firmenpapieren', weiters in der Unterstellung der 'Einbehaltung' dieser Formulare und Papiere 'für eigene Zwecke' unter den Tatbestand der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und demgemäß in dem beide genannten Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Kurt A und Rudolf B werden von dem weiteren Anklagevorwurf, Urkunden, die sie bei Diebstählen erbeutet hatten und über die sie nicht verfügen durften, durch Einbehalten für eigene Zwecke unterdrückt zu haben, wobei sie mit dem Vorsatz handelten, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar A/ Kurt A und Rudolf B als Mittäter 1. in der Zeit vom 13.August 1982 bis 16.August 1982 in Wien von 'Schecks' des Julius C, 2. am 21. Juli 1982 in Wien a) eines Scheckheftes der Gerda D, b) von vier 'Schecks' der Jaroslava E, 3. am 28.Juli 1982 beim Fuschlsee a) eines Scheckbuches des Helmut F, b) von zwei Schecks des Roland G; B/ Rudolf B allein 1. am 14.Mai 1982 in Wien 'Schecks' der Ingrid H,
2. am 14.August 1982 in Langenzersdorf 'Firmenpapiere' des Mag. Otto I gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für die ihnen nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen weiterhin zur Last liegenden Delikte werden die Angeklagten Kurt A und Rudolf B nach §§ 28 Abs 1, 129 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je 3 Jahren verurteilt.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft nach § 38 Abs 1 StGB wird aus dem Ersturteil übernommen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt A verworfen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Kurt A und Rudolf B auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Kurt A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 2.Mai 1953 (S. 171 f./I; im Urteil unrichtig: 2.März 1953) geborene Angeklagte Kurt A zu Punkt A des Schuldspruches des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB , zu Punkt B des Schuldspruches des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB , zu Punkt C des Schuldspruches des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB , zu Punkt D des Schuldspruches des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2 StGB , zu Punkt E des Schuldspruches des Vergehens der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB
und zu Punkt F des Schuldspruches des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a, b und c WaffenG. schuldig erkannt.
Der am 23.Jänner 1953 geborene Rudolf B wurde zu Punkt A I 1 und 2 und zu II 1 und 2 des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128
Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB und zu Punkt B I und III des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Dieses Urteil - dessen freisprechender Teil unangefochten blieb - bekämpft der Angeklagte Kurt A mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 8, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird von den Angeklagten Kurt A und Rudolf B mit Berufung angefochten.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Angeklagte Kurt A gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und § 15 StGB mit Beziehung auf die Nichtigkeitsgründe nach § 281 Abs 1 Z 8 und 10 StPO sinngemäß einwendet, er sei wegen eines 5.000 S, nicht aber 100.000 S übersteigenden Schadens angeklagt worden, der vom Schöffengericht als erwiesen angenommene Wert der Diebsbeute habe tatsächlich einen Schadensbetrag von 100.000 S nicht erreicht, sodaß seine Verurteilung 'nach § 127 Abs 2, was einen Strafrahmen bis zu zehn Jahren zur Folge hatte' - gemeint: nach Par 128 Abs 2 StGB - nicht gerechtfertigt sei, ist dieses Vorbringen durch die am 19. Dezember 1983 erfolgte Angleichung des Spruches (Urteilsfaktum A) an das mündlich verkündete Urteil gegenstandslos geworden. Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO und mit Beziehung auf die Aussage des Zeugen Andreas J (S. 77/II) behauptet der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel in Ansehung der dem Urteilsspruch im Zusammenhalt mit den Urteilsgründen zugrundeliegenden Urteilskonstatierung, derzufolge er den Betrug zum Nachteil der Gerda D bzw. 'des bezogenen Kreditinstitutes' (SchuldspruchfaktumD) unter Verwendung einer falschen Urkunde begangen hat.
Demgegenüber hat das Erstgericht diesen Schuldspruch mängelfrei auf das insoweit uneingeschränkte Geständnis des Angeklagten Kurt A (S. 149, 154, 156/II) gestützt und der Aussage des Zeugen J vor der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 16.September 1982 (S. 77/II) keine Bedeutung beigemessen, zumal der Genannte, entgegen dem Beschwerdevorbringen, nicht behauptet hat, daß der Angeklagte den in Rede stehenden Scheck der K L M mit der Endnummer 793 vor ihm mit 'Gerda D' unterschrieben habe, sondern vielmehr von einem Kundenbesuch zweier Personen spricht, von denen der Käufer nur Herrenbekleidung erworben habe. Anhaltspunkte dafür, daß, was dem Beschwerdevorbringen gleichfalls entnommen werden kann, Gerda D die in Rede stehenden Scheckformulare bereits vor deren Wegnahme durch den Angeklagten unterschrieben hatte - was gegebenenfalls eine andere, dem Beschwerdeführer nicht zum Vorteil gereichende rechtliche Beurteilung seines Tatverhaltens in Ansehung der mit Bereicherungsvorsatz und unter Einbruch (vgl. das Schuldspruchfaktum A I 1 e) erfolgten (diebischen) Wegnahme eines selbständigen Wertträgers indiziert hätte (vgl. ÖJZLSK. 1975/121, 1983/95) -, sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen (vgl. insbesondere S. 527/I). Von einem Begründungsmangel hinsichtlich entscheidungswesentlicher Tatsachenfeststellungen kann demnach nach Lage des Falles keine Rede sein; der Beschwerdeführer geht insoweit vielmehr zum Teil von urteilsfremden Prämissen aus und bringt den geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Ausführung.
In seiner Rechtsrüge gegen das Schuldspruchfaktum E (Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB ) wendet der Angeklagte mit Berufung auf Par 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ein, die Rücklösung der an Heinz N verkauften Pistole Marke 'Beretta' sei erfolgt, um der eigenen Strafverfolgung 'wegen verbotener Veräußerung, Waffenbesitzes und der verbotenen Waffenführung' zu entgehen, weshalb nach § 299 Abs 3 StGB mit Freispruch vorzugehen gewesen wäre.
Mit diesem Vorbringen übergeht der Angeklagte die Urteilsannahme, denen zufolge er nach Kenntnis des Umstandes, daß Heinz N mit dieser Pistole gegen Walter O vier Schüsse abgegeben hatte, danach trachtete, die Tatwaffe wieder in seinen Besitz zu bekommen, damit sie nicht bei Heinz N entdeckt werde und dieser sohin nicht wegen der strafbaren Handlung überführt werden könne (S. 186/II). Die Ausführung des ein Festhalten am Urteilssachverhalt erfordernden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes läßt sohin eine gesetzmäßige Darstellung vermissen.
Im übrigen hat sich der Angeklagte in keinem Stadium des Verfahrens dahin verantwortet, zu seiner 'Selbstbegünstigung' (im Sinne des Beschwerdevorbringens) gehandelt zu haben (S. 29; 291 ff./I; S. 154/II). Dieses stellt sohin eine im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde unbeachtliche Neuerung dar.
Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer hingegen zu den Schuldspruchfakten B I 1, 5 a und b, und 8 (Urkundenunterdrückung) auf, daß 'Schecks' (in der Bedeutung von unausgefüllten Scheckformularen) und Scheckhefte (in der hier in Rede stehenden Bedeutung einer Sammlung mehrerer unausgefüllter Scheckformulare) weder ein taugliches Diebstahlsobjekt (ÖJZ-LSK 1977/98), noch, wie das Schöffengericht rechtsirrig annahm, Urkunden im Sinne des § 74 Z 7 StGB , sondern Mittel zur Herstellung einer Urkunde sind (vgl. Kienapfel im WK., Rz.
27 zu § 223 StGB , mit Judikaturhinweisen). Gleiches gilt - was vom Angeklagten ungerügt blieb - auch für das 'Scheckbuch' im Schuldspruchfaktum B I 7. Dem Erstgericht ist daher in Ansehung der Beurteilung dieser Scheckformulare als Urkunden im Sinne der §§ 74 Z 7, 229 StGB ein (materielle) Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO bewirkender Rechtsirrtum unterlaufen, der insoweit und darüber hinaus bezüglich der Schuldspruchfakten B III 2 und B III 3 (hinsichtlich Unterdrückung von 'Schecks' und 'Firmenpapieren', nicht jedoch auch hinsichtlich einer Scheckkarte, vgl. LSK. 1983/122, und einer Steuerkarte, vgl. EvBl 1981/185) auch dem Mitangeklagten Rudolf B zustatten kommt (§ 290 Abs 1 StPO.). Insoweit waren die beiden Angeklagten teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Kurt A, teils nach § 290 Abs 1 StPO von den diesbezüglichen Anklagepunkten gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen.
Die Heranziehung des Tatbestandes dauernder Sachentziehung (§ 135 StGB ) scheitert am fehlenden Sach-, Tausch- und Gebrauchswert derartiger Angriffsobjekte (vgl. Kienapfel, BT. II, RN. 19 zu § 135 StGB und SSt 51/21).
Die teilweise Aufhebung des Schuldspruches und die Aufhebung des Strafausspruches macht eine Neubemessung der über die Angeklagten Kurt A und Rudolf B verhängten Freiheitsstrafe erforderlich. Bei der Strafbemessung waren bei beiden Angeklagten erschwerend, die einschlägigen Diebstahlsvorstrafen, bei denen auch die Voraussetzungen nach § 39 StGB vorliegen, die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art und mildernd das volle, reumütige Geständnis, das auch zur Wahrheitsfindung beigetragen hat und daß es beim Diebstahl teilweise beim Versuch geblieben ist.
Das Vorleben beider Angeklagten ist im wesentlichen gleich belastet. Von einer Verleitung des Angeklagten A, der schon früher mit B gemeinsam Einbruchsdiebstähle begangen hat, durch B kann nicht gesprochen werden. Auch der Schuldgehalt der Taten ist bei beiden Angeklagten nur unbedeutend unterschiedlich. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von je drei Jahren erscheint schuldangemessen. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen. Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wurde aus dem Ersturteil übernommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
Anmerkung
E04494European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00011.84.0322.000Dokumentnummer
JJT_19840322_OGH0002_0120OS00011_8400000_000