Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Hörburger (Berichterstatter) und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Korschelt als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann Gerald A wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Jugendschöffengericht vom 14. Dezember 1983, GZ 8 Vr 256/83-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger und des Verteidigers Dr. Nesvadba, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann Gerald A des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannt, weil er in der Nacht zum 1. Jänner 1983 in Uttendorf eine Sache, die ein anderer durch ein Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangt hat, dadurch an sich brachte, daß er von Josef A einen Bargeldbetrag von etwa 300 S, den dieser der Erna B und der Renate C mit Bereicherungsvorsatz weggenommen hatte, in Empfang nahm.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen suchte der Beschwerdeführer am 31. Dezember 1982 gemeinsam mit seinem Bruder Josef A in Uttendorf das Gasthaus D auf. Als die Gäste um Mitternacht das Nebenzimmer des Lokales verließen und ins Freie gingen und beide dort allein zurückblieben, nahm Josef A aus zwei Damenhandtaschen jeweils die Geldbörse heraus und stahl der Renate C einen Bargeldbetrag von 200 S sowie der Erna B einen solchen von 1.000 S. Der Angeklagte, der sich im gleichen Raum befand, hatte den Diebstahl bemerkt und ließ sich, obwohl er wußte, daß das Geld gestohlen worden war, von seinem Bruder davon einen Betrag von ca. 300 S schenken.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Der Sache nach als unzureichend begründet bezeichnet die Mängelrüge (Z 5) das Urteil, weil es keine Gründe für die Annahme, der Beschwerdeführer habe den von seinem Bruder Josef A begangenen Diebstahl wahrgenommen, enthalte.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keinen Begründungsmangel auf.
Die bekämpfte Feststellung findet - was von der Beschwerde gänzlich vernachlässigt wird - in der (gemäß § 252 Abs 2 StPO in der Hauptverhandlung verlesenen; vgl. S 216) Aussage des Josef A vor der Gendarmerie zu dem von ihm verübten Diebstahl (vgl. S 127) ihre zureichende Begründung. Dieser Darstellung schenkte das Gericht insbesonders deshalb Glauben, weil die Tat erst im Zuge der Erhebungen gegen Josef A bekannt wurde und die erhebenden Gendarmeriebeamten daher keine Möglichkeit hatten, diesem bei der Einvernahme Vorhalte zu machen (vgl. S 243). Darnach war der Angeklagte gemeinsam mit ihm im Nebenzimmer des Lokals und hat Josef A den Diebstahl in Gegenwart seines Bruders begangen, woraus das Schöffengericht durchaus denkrichtig und lebensnah schließen konnte, daß der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen von diesem Diebstahl Kenntnis hatte.
Davon, daß das Schöffengericht für diese Konstatierung nur eine Scheinbegründung gebe, kann demnach nicht die Rede sein. Die weiteren Ausführungen der Mängelrüge in diesem Zusammenhang, das Urteil enthalte keine Darstellung über den Hergang des Diebstahls, stellen nicht auf die oben angeführten Urteilsannahmen ab. Den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 281 Abs 1 StPO erblickt die Beschwerde darin, daß das Gericht den Angeklagten - der des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 und 2 Z 1 StGB angeklagt worden war, S 183 ff. - des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 StGB schuldig erkannte; ein solcher Schuldspruch hätte aber, wie der Angeklagte meint, infolge der Bindung an den Antrag des Anklägers nicht gefällt werden dürfen.
überdies sei er dazu - der Bestimmung des § 262 StPO zuwider - nicht
gehört worden.
Die Rüge versagt.
In der Anklageschrift war dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, er habe in der Nacht zum 1. Jänner 1983 in Gesellschaft des Josef A als Beteiligtem in Uttendorf der Erna B 1.000 S Bargeld und der Renate C einen Betrag von 200 S mit Bereicherungsvorsatz weggenommen; dem Schuldspruch hingegen liegt die Sachverhaltsannahme zugrunde, daß dieser Diebstahl von Josef A allein begangen wurde, der Angeklagte aber von diesem Diebstahl Kenntnis hatte und sich von seinem Bruder von dem gestohlenen Geld einen Betrag von ca. 300 S schenken ließ, somit eine Sache, die ein anderer durch ein Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangte, an sich gebracht hat. Sowohl die Anklage als auch das Urteil erfassen demnach dasselbe Ereignis mit strafrechtlichem Substrat. Davon, daß der Angeklagte wegen einer anderen als der ihm von der Anklagebehörde angelasteten Tat verurteilt, durch den Schuldspruch also die Anklage (gegen die Vorschrift der § 262, 263 und 267 StPO) überschritten worden wäre, kann daher angesichts der Identität der Zeit, des Ortes und des Objekts dieser Tat in Anklage und Urteil keine Rede sein (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO E. Nr. 19, 20, 24, 25, 27 sowie insbes. 46 zu § 262). Die Unterlassung der im § 262 StPO vorgeschriebenen Anhörung der Parteien ist nicht mit Nichtigkeit bedroht (SSt. 48/66).
Die auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge, die einen Feststellungsmangel sowohl zur inneren Tatseite als auch darüber behauptet, inwieweit der Angeklagte vom Diebstahl seines Bruders Kenntnis hatte, übergeht die oben wiedergegebenen Urteilskonstatierungen. Damit wird aber der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund, der nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz aufgezeigt werden kann, nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht.
Unbegründet ist schließlich auch die auf Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme einer mangelnden Strafwürdigkeit der Tat im Sinn des § 42 StGB behauptet werden. Trotz der - auf Grund der Umstände der Tatbegehung und der persönlichen Eigenschaft des damals erst 14 Jahre alten Angeklagten - anzunehmenden geringen Schuld und der mangelnden negativen Folgeerscheinungen der Tat muß im Hinblick auf die bisherige ungünstige Entwicklung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers, der nach den im Akt erliegenden Erhebungen schon als Strafunmündiger an Straftaten anderer beteiligt war, angenommen werden, daß er nur durch eine Bestrafung dazu verhalten werden kann, den Unwert seines Verhaltens zu erkennen und sich von weiteren strafbaren Handlungen abhalten zu lassen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Jugendschöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 164 Abs 1 StGB zu einem Monat Freiheitsstrafe, die es nach § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehen hat. Bei der Strafbemessung war erschwerend nichts, mildernd hingegen die vernachlässigte Erziehung. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine bedingte Verurteilung i. S. des § 13 JGG, im Eventualfall die Verhängung einer (bedingt nachzusehenden) Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe an. Die Berufung ist nicht berechtigt.
Entgegen dem Vorbringen in der Berufungsschrift hat das Erstgericht bei Bedachtnahme auf das bisherige, auf eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten gleichgültige Einstellung hinweisende Verhalten des Angeklagten die Annahme eines Milderungsgrundes nach § 34 Z 2 StGB mit Recht verneint.
Um den Berufungswerber von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten und ihn künftig zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu bestimmen, bedarf es im Hinblick auf seine Persönlichkeit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe. Sowohl die Anwendung des § 13 JGG als auch die des § 37 StGB scheidet somit aus spezialpräventiven Erwägungen aus.
Anmerkung
E04505European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00030.84.0405.000Dokumentnummer
JJT_19840405_OGH0002_0120OS00030_8400000_000