Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof.Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Nittel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 17. Juli 1983, GZ 11 b Vr 833/82-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und den Beschluß gefaßt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch zu Punkt 2), dem Angeklagten sei (beim Verheimlichen und Verhandeln der Diebsbeute auch) bekannt gewesen, daß der Diebstahl (aus welchem diese stammte) durch Einbruch begangen worden (und somit aus einem anderen Grunde als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht) sei, demzufolge in der Unterstellung der betreffenden Tat auch unter die Qualifikationsbestimmung nach § 164 Abs. 3 letzter Fall StGB (und somit in deren Beurteilung als Verbrechen) sowie im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches gemäß § 38 StGB) aufgehoben. Die Sache wird - zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang - an das Erstgericht zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a Abs. 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6. September 1959 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Tischlergeselle Josef A der Verbrechen des versuchten Diebstahls (durch Einbruch) nach §§ 15, 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 StGB (Punkt 1 des Urteilsspruches) und der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 letzter Fall StGB (Punkt 2) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last:
1) am 29. Oktober 1982 in Dobermannsdorf in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Franz B und Herwig C - als Beteiligter (§ 12 StGB) - versucht zu haben, fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, dem Rudolf D durch Einbruch (in ein Gebäude) wegzunehmen, indem er sich mit B zur Tischlerwerkstätte des Rudolf D begab, während C in der Nähe in einem Auto wartete, um die Diebsbeute abzutransportieren;
2) in der Zeit vom 25. Oktober 1982 bis 3. November 1982 in Wien die abgesondert verfolgten Herwig C und Franz B nach einem (von den Genannten am 25. Oktober 1982 in Mistelbach zum Nachteil der Antonia
E begangenen) Diebstahl dabei unterstützt zu haben, Sachen, die sie durch die erwähnte Straftat erlangt hatten, zu verheimlichen und zu verhandeln, indem er die - im Spruch nicht näher bezeichnete - Diebsbeute (nämlich eine Trompete, zwei Akkordeons, eine Waage, ein Messer, ein Hackbrett / laut Seite 71, 79 ersichtlich identisch mit dem in der Anklageausdehnung Seite 126 erwähnten Stimmgerät / , eine Wanduhr, vier antike Bügeleisen, einen Pullover, einen Regenmantel und einen Stoffkoffer / ON 16, 17, 26 / ) in seiner Wohnung verwahrte und (gegen eine Beteiligung in der Höhe von 420 S am Erlös) zum Teil verpfändete, wobei ihm bekannt war, daß die Sachen aus einem Einbruchsdiebstahl, somit aus einer Straftat stammten, die aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht ist. Dieser Schuldspruch wird vom Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde aus der Ziffer 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO bekämpft. Dem Beschwerdevorbringen zuwider haften jedoch den entscheidenden Urteilsfeststellungen zu Punkt 1 darüber, aus welchem Anlaß der Angeklagte A von der Vollbringung des Einbruchsdiebstahles Abstand genommen hat, keine Begründungsmängel an. Im Kern besagen diese Konstatierungen nämlich, daß A und B ihr Diebstahlsvorhaben (unter anderem) aus Angst vor einem in Tatortnähe befindlichen Hund aufgegeben haben (Seite 137); insoweit finden sie auch in den Angaben des Zeugen B (S 125) Deckung. Dessen Aussage in diesem Zusammenhang ist keineswegs etwa - wie der Beschwerdeführer anzudeuten scheint - in sich widersprüchlich und darum besonderer Erörterung bedürftig; bei der relevierten Abweichung der Aussage des Zeugen von seinen anfänglich vagen Angaben ('Als wir ausgestiegen sind, ist uns ein Hund entgegengekommen ....') im Verlaufe seiner späteren Depositionen (wonach A bei Wahrnehmung eines 'aus dem Gebäude' herausgekommenen Hundes erklärt haben soll 'Da ist ein Hund, da gehen wir lieber') handelt es sich nämlich ersichtlich nur um die nähere Beschreibung eines zunächst nur kursorisch dargestellten Vorfalls. Durchaus damit im Einklang steht die - übrigens gar nicht durch Verlesung zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachte - Aussage des Franz B vor dem Rechtshilferichter (ON 24), in welcher lapidar von der Verhinderung des Einbruchsdiebstahls (u.a.) durch einen Hund die Rede war, welcher nach Annahme des Zeugen dem Werkstättenbesitzer gehörte (vgl. ferner die damit in Einklang stehende Angabe des Angeklagten A in der Hauptverhandlung über die Haltung eines Hundes durch seinen ehemaligen Arbeitgeber, S 118).
Beizupflichten ist dem Beschwerdeführer zwar insoweit, daß die Urteilsfeststellung, der Hund habe 'angeschlagen', weder in den Angaben des Franz B noch in seiner eigenen Verantwortung - derzufolge er selbst das Bellen eines Hundes zur fraglichen Zeit nicht gehört habe, ein solches allerdings auch nicht ausschließen könne (S 118) - aktenmäßige Deckung findet.
Dies ist aber letztlich (auch) im Hinblick auf den Urteilsspruch (S 134) - wonach der Diebstahlsversuch (schon) wegen des 'Vorhandenseins' eines Wachhundes scheiterte - nicht entscheidend.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Urteilsannahme fehlt es aber - wie bereits oben gesagt - auch keineswegs an einer (denkrichtigen und mit dem Akteninhalt vereinbaren) Begründung, zumal das Erstgericht auf die erwähnten Angaben des Zeugen B verwiesen hat und die Urteilsausführungen betreffend die übereinstimmung der Angaben des Angeklagten A und des genannten Zeugen (S 137 unten, 139 zweiter Absatz) sich ersichtlich (vgl. dazu die Hervorhebung des Gegensatzes zu der den Diebstahlsvorsatz leugnenden Verantwortung des Herwig C an letzterwähnter Stelle der Urteilsbegründung) nur auf die der Tat vorangegangene Absprache beziehen.
Soweit der Beschwerdeführer dem Zeugen B wegen dessen zahlreicher Vorstrafen generell die Glaubwürdigkeit abspricht, macht er der Sache nach überhaupt keine Verletzung der formellen Begründungspflicht durch das Erstgericht geltend; vielmehr bekämpft er ganz offenkundig und unverholen nur dessen Beweiswürdigung, ohne den angefochtenen Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) oder eine Nichtigkeit anderer Art zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung zu bringen.
Die - demnach mängelfrei begründete - Konstatierung, daß der Angeklagte A wegen des Auftauchens eines Wachhundes in Tatortnähe das Diebstahlsvorhaben aufgegeben hat, reicht für sich allein bereits hin, um die Freiwilligkeit des Rücktrittes vom Versuch zu verneinen, zumal diese Voraussetzung der Strafaufhebung nach § 16 StGB auch bei subjektiver überschätzung eines tatsächlichen oder auch bloß vermeintlichen Hindernisses nicht mehr gegeben ist (vgl. zur erwähnten Gesetzesstelle insbesondere Mayerhofer-Rieder 2 , E Nr. 14, sowie Leukauf-Steininger 2 , RN 2-4). Daher ist eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung hinsichtlich entscheidender - das heißt für die rechtliche Unterstellung der Tat und den anzuwendenden Strafsatz maßgeblicher - Tatsachen auch nicht darin zu sehen, daß das Erstgericht ersichtlich (siehe im Urteilstenor sowie Seite 139 unten;
vgl. jedoch S 137) von der Annahme ausgehend, die Betretung durch die Gendarmerie sei ein weiterer Grund für die Abstandnahme von der Tatvollbringung gewesen, dieser Annahme entgegenstehende Verfahrensergebnisse (Anzeige S 21 unten; Verantwortung des Beschwerdeführers S 42, 117 und vso;
Zeugenaussage B S 125) nicht erörtert hat (vgl. allerdings die Angaben des abgesondert verfolgten Herwig C S 45; siehe auch S 99). Dem Beschwerdevorbringen (Z 5) zu Punkt 2 zuwider entbehrt ferner die Konstatierung, der Angeklagte A sei schon bei übernahme der von B und C in seine Wohnung verbrachten Gegenstände von deren Herkunft aus einem (Einbruchs-)Diebstahl überzeugt gewesen (S 136), keineswegs ihrem gesamten Umfang nach einer mit dem Akteninhalt sowie mit den Denkgesetzen und mit Erfahrungsgrundsätzen in Einklang zu bringenden Begründung: Denn die in dieser Feststellung enthaltene Annahme, der Angeklagte A habe in Kenntnis der Herkunft der Sachen aus einer Straftat gegen fremdes Vermögen gehandelt (und damit die innere Tatseite des Grundtatbestandes nach § 164 Abs. 1 Z 1 StGB erfüllt), findet nicht nur in den zur Urteilsbegründung herangezogenen bedenklichen Begleitumständen der übernahme und späteren teilweisen Verpfändung, sondern auch in (einem Teil) der Verantwortung dieses Angeklagten selbst ihre Stütze. Mit der Behauptung, in keinem Verfahrensstadium ein Geständnis des hehlerischen Vorsatzes abgelegt zu haben, übergeht der Beschwerdeführer sein Eingeständnis in der Hauptverhandlung, sich schon gedacht zu haben, daß die Sachen gestohlen seien (S 119). Diese Verantwortung konnte das Erstgericht durchaus bereits auf die Tatzeit - nicht etwa erst auf den Zeitpunkt späterer Einvernahmen zum Hehlereiverdacht - beziehen; dies umsomehr, als der Angeklagte A diesen Worten noch den Zusatz 'das habe ich dann auch der Polizei gesagt' hinzugefügt hat. Da diese Angaben des Angeklagten A in der Urteilsbegründung ohne sinnentstellende Auslassungen zitiert worden sind (S 139 oben), ist - ungeachtet des späteren Abschwächens dieser Angabe durch den Angeklagten (S 119, Ende des vorletzten Absatzes) - dem Erstgericht die in der Beschwerde behauptete Aktenwidrigkeit nicht unterlaufen. Demnach geht auch der an sich zutreffende Hinweis des Beschwerdeführers, daß er am 3. November 1982 vor der Polizei kein Geständnis abgelegt hat (ON 25 S 33), schon deshalb ins Leere, weil er sich nicht auf die vom Erstgericht zitierte gerichtliche Verantwortung bezieht. Soweit aber der Nichtigkeitswerber versucht, den zusätzlich vom Erstgericht verwerteten bedenklichen Begleitumständen der übernahme und Verpfändung des Diebsgutes einen schon für sich - unabhängig vom erwähnten Geständnis - zu seiner überführung hinreichenden Beweiswert abzusprechen, erweist sich sein Vorbringen als (isolierte) Kritik eines aus dem Zusammenhang gerissenen Teiles der erstgerichtlichen Argumentation und damit als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffensenates. In diesem Umfang, nämlich in Ansehung des Punktes 1) des Schuldspruches sowie bezüglich des Grundtatbestandes nach § 164 Abs. 1 Z 1 StGB des Schuldspruches zu Punkt 2) war die Nichtigkeitsbeschwerde daher als teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO), teils offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Hingegen erweist sich die Beschwerde als berechtigt, soweit sie gegen die Annahme der Verbrechensqualifikation nach dem letzten Fall des § 164 Abs. 3
StGB gerichtet ist. Zwar führt der Nichtigkeitswerber in Anbetracht der bereits oben erwähnten urteilsmäßigen Feststellung seiner überzeugung von der Herkunft der Sachen aus einem Einbruchsdiebstahl (S 136) die Rechtsrüge insofern nicht gesetzmäßig - das heißt vom Urteilssachverhalt ausgehend - aus, als er eine solche Kenntnis bestreitet. Zutreffend rügt er jedoch überdies (der Sache nach unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO) das Fehlen jeglicher Begründung für jenen Teil dieser Feststellung, demzufolge sein hehlerischer Vorsatz auch die Einbruchsqualifikation mitumfaßt hat. Denn das Erstgericht hat sich tatsächlich auf die Darlegung von Erwägungen beschränkt, aus welchen es vom Wissen des Angeklagten A um die Herkunft der Sachen aus einem (hinsichtlich der Begehungsform nicht konkretisierten) Diebstahl ausgegangen ist (S 138, 139 erster Absatz). Gründe für die dem Beschwerdeführer darüber hinaus zugeschriebene überzeugung, daß der betreffende Diebstahl durch Einbruch verübt wurde, sind dem Urteil hingegen nicht zu entnehmen. Auch die vom Erstgericht erwähnten bedenklichen Begleitumstände der übernahme und Verwertung weisen nur allgemein auf die Herkunft der Sachen aus einer Vermögensstraftat, nicht aber konkret auf einen bestimmten Typus oder eine spezifische Begehungsform dieses Deliktes hin. Da es insofern an entsprechenden Tatsachenfeststellungen (in Ansehung eines entscheidungswesentlichen Umstandes) mangelt, konnte demnach eine Entscheidung in der Sache selbst nicht stattfinden. Es war daher in Ansehung der Qualifikation nach dem dritten Absatz letzter Satz des § 164 StGB das Urteil - gemäß § 285 e StPO nach Anhörung des Generalprokurators ebenfalls bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung - aufzuheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen; dies hatte auch die Aufhebung des Strafausspruches (einschließlich der darauf beruhenden Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB) zur Folge, weshalb der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen war.
Anmerkung
E04718European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00041.84.0411.000Dokumentnummer
JJT_19840411_OGH0002_0100OS00041_8400000_000