TE OGH 1984/4/12 13Os48/84

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Veröffentlicht am 12.04.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.April 1984 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Müller, Dr. Schneider und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandstätter als Schriftführers in der Strafsache gegen Gerald A wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 11.Jänner 1984, GZ. 29 Vr 1733/83-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Brustbauer, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schuler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Gerald A wendet sich mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 (2. Fall, richtig: höherer Strafsatz, siehe EvBl. 1982 Nr. 198) StGB Darnach hat er am 19.März 1983 durch die vor Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck erhobene wissentlich wahrheitswidrige Behauptung, Erna B habe, um sich und ihrer Familie einen Vermögensvorteil zu verschaffen, seit mindestens einem halben Jahr ihre am 8.Dezember 1968 geborene Tochter Ruth C mehrfach dem entgeltlichen Geschlechtsverkehr mit verschiedenen Männern zugeführt und hiefür Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, die Genannte der Gefahr einer behördlichen Verfolgung wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen als Beteiligte nach § 12, 206 Abs. 1 StGB und der Kuppelei nach § 213 Abs. 1 und Abs. 2 StGB ausgesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerdeführer macht Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO mit der Behauptung geltend, ihm komme tätige Reue gemäß § 297 Abs. 2

StGB zustatten. Indes zu Unrecht.

Zwar hat er noch am Tag der Anzeigeerstattung seine Beschuldigungen freiwillig widerrufen und seinen Widerruf drei Tage später bekräftigt; die Gefahr der behördlichen Verfolgung war aber damit nicht beseitigt. Vielmehr hat die Sicherheitsbehörde trotz dieses Widerrufs Erhebungen durchgeführt, weil die ursprünglichen Tatsachenbehauptungen so konkret gewesen waren und einen bereits bestehenden Verdacht derart verstärkt hatten (siehe LSK. 1976/181: Verdachtsverstärkung genügt), daß der mit der Sache befaßte Polizeibeamte sich zu einer Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Anzeige veranlaßt sah. Auf Grund der konkreten und seitens des einschreitenden Organs für glaubwürdig erachteten Beschuldigung des Beschwerdeführers ist daher Erna B polizeilich und sodann im Rahmen gerichtlicher Vorerhebungen auch als Verdächtigte vernommen worden. Soweit der Beschwerdeführer demgegenüber behauptet, diese Verfolgungsschritte wären unabhängig von seiner Anzeigeerstattung schon auf Grund bereits vorher bestehender Verdachtsmomente vorgenommen worden, setzt er sich über die im Urteil getroffenen gegenteiligen Konstatierungen hinweg, denen zufolge erst durch seine durchaus erst genommene und für glaubwürdig gehaltene Anzeige der (zunächst vage) Verdacht einer strafbaren Handlung der Erna B soweit konkretisiert und verstärkt worden ist, daß die Genannte tatsächlich in behördliche Verfolgung gezogen wurde. Insoweit mangelt es daher schon an einer gesetzmäßigen Darstellung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

Als verfehlt erweist sich der Einwand des Beschwerdeführers, Strafaufhebung kraft tätiger Reue müsse ihm auch dann zugebilligt werden, wenn trotz (freiwilligen und rechtzeitigen) Widerrufs seiner Beschuldigung Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind, weil er gar keine weitere Möglichkeit gehabt habe, ein Abstehen der Behörde von der Verfolgung herbeizuführen und die von ihm bewirkte Verdachtslage erfolgreich zu beheben.

Die Anwendung des § 297 Abs. 2 StGB setzt voraus, daß die Gefahr einer Verfolgung beseitigt wird, d.h. daß der Verleumdete von allen behördlichen Schritten verschont bleibt. Der Widerruf der Anschuldigung allein reicht folglich für die Strafaufhebung nicht aus, wenn es dem Täter nicht gelingt, die Gefahr behördlicher Verfolgung abzuwenden: Der Verleumder verantwortet die mangelnde Effektivität seines Widerrufs, er trägt die Gefahr des Mißerfolgs seiner Bemühungen zwecks Beseitigung der Gefahr (LSK. 1978/233; Pallin in WK., RN. 24 zu § 297 StGB; Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN. 26 zu Par 297).

Die Beschwerde war daher zu verwerfen.

Die Berufung des Angeklagten, welche ohne Bezeichnung von Berufungspunkten angemeldet wurde und deren Ausführung in der Folge unterblieb, mußte gemäß § 294 Abs. 2, 296 StPO zurückgewiesen werden.

Anmerkung

E04824

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00048.84.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19840412_OGH0002_0130OS00048_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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