TE OGH 1984/5/2 11Os59/84

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Veröffentlicht am 02.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta (Berichterstatter), Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführers in der Strafsache gegen Doris A wegen des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 19. Dezember 1983, GZ 7 b Vr 8.524/83-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, der Angeklagten Doris A und des Verteidigers Dr. Tassul zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil in seinem schuldigsprechenden Teil sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO (im Umfang der Aufhebung) in der Sache selbst erkannt:

Doris A wird von der Anklage, in der Zeit vom 2. bis 9. Mai 1983 in Wien Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, und zwar ein Fernsehgerät Marke Autocolor im Wert von 5.990 S, ein Taschenradio Marke Dahsen, einen Kassettenrecorder Marke ESC, ein Paar Kopfhörer, ein Weckerradio Marke Philips im Wert von 1.385 S, ein Elektronikspiel Play & Time und ein Elektronikspiel Game MH 8, welche der gesondert verfolgte Kurt A durch Einbruchsdiebstahl in der Nacht vom 2. Mai 1983 bei der Fa. B, mithin durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, in ihrer Wohnung verwahrt, somit an sich gebracht und verheimlicht zu haben, wobei die mit Strafe bedrohte Handlung, durch die die Sachen erlangt worden sind, aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre übersteigenden (richtig: erreichenden) Freiheitsstrafe bedroht gewesen ist und ihr die Umstände bekannt gewesen sind, die diese Strafdrohung begründen, und hiedurch das Verbrechen der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, letzter Fall, StGB begangen zu haben, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 13. Juni 1958 geborene zahnärztliche Assistentin Doris A des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Ihr liegt zur Last, in der Zeit vom 2. bis 9. Mai 1983 in Wien Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, und zwar ein Fernsehgerät im Wert von

5.990 S, ein Taschenradio, einen Kassettenrecorder, ein Paar Kopfhörer, ein Weckerradio im Wert von 1.385 S und zwei Elektronikspiele, welche der gesondert verfolgte Kurt A durch einen in der Nacht zum 2. Mai 1983 bei der Fa. B verübten Einbruchsdiebstahl, mithin durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, in ihrer Wohnung verwahrt, somit an sich gebracht und verheimlicht zu haben. Von der weiteren Anklage wegen Vergehens der Begünstigung nach dem § 299 Abs. 1

StGB, sowie wegen Hehlerei auch in Ansehung diverser Süßigkeiten wurde sie gemäß dem § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen. Ihren Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in welcher sie aus dem letztgenannten Nichtigkeitsgrund zu Recht geltend macht, daß ihr nach den im Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen (nur) ein passives Verhalten angelastet werde, welches den Tatbestand der Hehlerei nicht verwirkliche. Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß Doris A zur Tatzeit mit ihrem geschiedenen Ehemann Kurt A in der von ihr im Frühjahr 1983 erworbenen Wohnung in Wien 4., Operngasse 36 wohnte, mit ihm in Lebensgemeinschaft lebte und es (bloß) 'duldete', daß die von Kurt A und seinem Bruder Wolfgang C bei einem Einbruchsdiebstahl zum Nachteil der Fa. B erbeuteten Gegenstände bei ihr in der Wohnung aufbewahrt und versteckt wurden, wobei sie auch billigend in Kauf nahm, daß diese Sachen von einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen herrührten (vgl. S 160 ff d.A). Ein solches bloßes Hinnehmen eines von einem anderen geschaffenen faktischen Zustandes stellt jedoch an sich schon objektiv noch keine Verhehlungshandlung dar. Vielmehr setzt Hehlerei eine Tätigkeit, also ein aktives Verhalten, voraus, die darauf abzielt, dem Berechtigten die Wiedererlangung der Sache unmöglich zu machen oder wenigstens zu erschweren.

Sind in einer Wohnung mehrere Benützungsberechtigte vorhanden, so bedarf der eine Berechtigte im allgemeinen nicht der Zustimmung des anderen zur Einbringung und Aufbewahrung von Gegenständen. Nimmt daher der Inhaber oder Mitbenützer einer Wohnung nur zur Kenntnis, daß der andere Benützungsberechtigte (Ehegatte, Lebensgefährte) gestohlene Gegenstände in die gemeinsame Wohnung bringt, ohne ihn auch aktiv im Sinn des § 164 StGB zu unterstützen, so verwirklicht er damit noch nicht das Tatbild der Hehlerei (vgl. Mayerhofer-Rieder I 2 , E Nr 29, 30 zu § 164 StGB).

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall wurde nun keineswegs festgestellt, daß die Angeklagte Doris A, über rein passives Verhalten, d.h. bloßes Hinnehmen der Aufbewahrung der Diebsbeute in der von ihr und ihrem geschiedenen Ehemann gemeinsam benützten Wohnung, hinaus (aktive) Verhehlungshandlungen im dargelegten Sinn setzte. Für eine derartige Annahme bieten auch die Ergebnisse des Beweisverfahrens keine Anhaltspunkte. Ihr Tatverhalten wurde daher rechtsirrig unter den Tatbestand nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB subsumiert, zumal, wie die Beschwerdeführerin gleichfalls richtig erkannt hat, mangels Garantenstellung (§ 2 StGB) auch eine Tatbegehung durch Unterlassung hier nicht in Betracht kommt.

Ohne daß es noch eines Eingehens auf die übrigen Beschwerdepunkte bedürfte, war daher der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Folge zu geben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen (in seinem freisprechenden Teil) unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch wegen Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB sowie im Strafausspruch aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wie im Spruch zu erkennen.

Anmerkung

E04822

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00059.84.0502.000

Dokumentnummer

JJT_19840502_OGH0002_0110OS00059_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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