TE OGH 1984/5/2 11Os4/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.05.1984
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter (Berichterstatter), Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton A wegen des Vergehens der versuchten Bestimmung zum Betrug nach den § 12, 15

Abs. 1 und 2; 146, 147 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft Feldkirch und des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 24. Oktober 1983, GZ 12 a Vr 1.700/82-33, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Knob, und des Verteidigers Dr. Auer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und es wird gemäß dem Par 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Anton A ist schuldig, er hat im Juni 1982 in Feldkirch als beim Zollamt Feldkirch-Tisis eingeteilter Revierinspektor der Finanzlandesdirektion Feldkirch, mithin als Beamter mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen, nämlich die Republik Österreich, an ihren Rechten, insbes. im Anspruch auf Entrichtung gesetzlich vorgeschriebener Abgaben, zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er an Harald B fünf Blankoformulare einer Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke (Lager U 34), welchen er den Feuchtstempel 'Zollamt Feldkirch-Zweigstelle Tisis, A-6800

Feldkirch (932)' mit eingebautem Rundsiegel 'Republik Österreich 1' aufgedrückt hatte, ausfolgte, damit Harald B oder ein anderer Inhaber dieser Formulare mit Hilfe derselben nach ihrer Ausfüllung und Abgabe beim Grenzzollamt Umsatzsteuerfreiheit für die Ausfuhr der darin angegebenen Waren erreiche, und außerdem 50 Blankoformulare für eine Ausweiskarte zur Erlangung eines inländischen behördlichen Kennzeichens (Lager Za-45), nachdem er auf 20 Stück davon den Feuchtstempel 'Zollamt Feldkirch, Zweigstelle Nofels, A-6800

Feldkirch (934)' mit eingebautem Rundsiegel 'Republik Österreich 1' und zusätzlich das Rundsiegel 'Republik Österreich-Zollamt Feldkirch 68' und auf 30 Stück davon den Feuchtstempel '6800 Zollamt Feldkirch, Zweigstelle Tisis' und zusätzlich den Feuchtstempel 'Zollamt Feldkirch-Zweigstelle Tisis, A-6800 Feldkirch (932)' mit eingebautem Rundsiegel 'Republik Österreich 5' angebracht hatte, übergab, damit Harald B oder ein anderer Inhaber der Formulare nach deren Ausfüllung und Vorlage bei der Bezirksverwaltungsbehörde für das darin genannte Fahrzeug ein inländisches behördliches Kennzeichen erlange.

Er hat hiedurch das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 (sechs) Monaten verurteilt.

Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Kostenausspruch sowie der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft werden aus dem Ersturteil übernommen.

Der Angeklagte wird mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15. Oktober 1944 geborene Zollwachebeamte Anton A des Vergehens der versuchten Bestimmung zum Betrug nach den § 12, 15 Abs. 1 und 2; 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er im Juni 1982 in Feldkirch den gesondert verfolgten Harald B dadurch, daß er ihm fünf Blankoformulare einer Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke (Lager U 34), welchen er den Feuchtstempel 'Zollamt Feldkirch, Zweigstelle Tisis, A-6800 Feldkirch (932)' mit eingebautem Rundsiegel 'Republik Österreich 1' aufgedruckt hatte, sowie 50 Blankoformulare für eine Ausweiskarte zur Erlangung eines inländischen behördlichen (Kraftfahrzeug-)Kennzeichens (Lager Za-45), nachdem er auf 20 Stück davon den Feuchtstempel 'Zollamt Feldkirch, Zweigstelle Nofels, A-6800 Feldkirch (934)' mit eingebautem Rundsiegel 'Republik Österreich 1', und zusätzlich das Rundsiegel 'Republik Österreich-Zollamt Feldkirch-68', und auf 30 Stück davon den Feuchtstempel '6800 Zollamt Feldkirch, Zweigstelle Tisis' und zusätzlich den Feuchtstempel 'Zollamt Feldkirch- Zweigstelle Tisis, A-6800 Feldkirch (932)' mit eingebautem Rundsiegel 'Republik Österreich 5' angebracht hatte, übergab, dazu zu bestimmen versuchte, mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, das Zollamt, das Finanzamt und die Bezirksverwaltungsbehörde durch die Vorlage der zuvor ausgefüllten Formulare, die zur Bestätigung der Ausfuhr der darin angegebenen Waren bzw. der Verzollung des im Formular Za-45 angegebenen Kraftfahrzeuges dienen, somit durch Täuschung über diese Tatsachen, zur Rückerstattung der Umsatzsteuer, zur Unterlassung der Einhebung von Eingangsabgaben sowie zur Ausfolgung eines inländischen behördlichen Kennzeichens, sohin zu einer Handlung bzw. Unterlassung zu verleiten, wodurch die Republik Österreich an ihrem Vermögen einen 5.000 S, jedoch nicht 100.000 S, übersteigenden Schaden erleiden sollte.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen versah der dem Zollamt Feldkirch-Zweigstelle Tisis dienstzugeteilte Angeklagte insgesamt 50 Blankoformulare (Za-45) für Zollausweiskarten (zur Erlangung eines inländischen behördlichen Kraftfahrzeugkennzeichens bestimmt) und 50 Blankoformulare U 34

(Ausfuhrbescheinigung für Umsatzsteuerzwecke im Verkehr mit Handelswaren) mit Stempelabdrücken des Zollamtes Feldkirch, teils Zweigstelle Nofels, teils Zweigstelle Tisis, mit eingebautem Rundsiegel der Republik Österreich. Diese Formulare bot er sodann einem gewissen Harald B zu einem Preis von 5.000 S pro Stück für die Zollausweiskarten und 5 %

des (noch einzusetzenden) Ausstellungsbetrages bei den Formularen zur Umsatzsteuerrückvergütung an, wobei es ihm darauf ankam, daß dieser die Blankoformulare, deren Verwendungszweck er kannte, ausfüllt, an geeigneter Stelle (Zollamt, Finanzamt, Bezirkshauptmannschaft) vorlegt und sich durch die Handlung der getäuschten Behörde unrechtmäßig bereichert. B, in dem auf Grund des Verhaltens des Angeklagten bereits ein Tatentschluß geweckt worden war, übernahm zunächst die (im Spruch des Urteils näher bezeichneten) Formulare, gab sie jedoch nach etwa einer Woche dem Angeklagten zurück, ohne sie verwendet zu haben.

Abweichend von der Anklage (ON 29) unterstellte das Erstgericht diesen Sachverhalt nicht dem Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 StGB, weil der Angeklagte als bei der Reiseabfertigung und nicht beim Zollverkehr mit Handelswaren eingesetzter Beamter sachlich nicht zur Ausstellung der von ihm verwendeten Formulare zuständig gewesen sei. (Zu dieser Auffassung ist allerdings vorweg zu bemerken, daß das Formular U 34 seinem Inhalt nach nicht nur für den Warenverkehr, sondern auch für den Reiseverkehr gedacht ist. Auch deponierte der Angeklagte selbst, das Formular U 34

bei der dienstlichen Behandlung des Reiseverkehrs zu benötigen (S 307).) Dieses Urteil bekämpfen die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde. Die Anklagebehörde führt in ihrer Rechtsrüge nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO zu Gunsten des Angeklagten aus, daß dessen Verurteilung wegen Betruges mangels Ausführungsnähe der Versuchshandlung rechtlich verfehlt sei, strebt aber primär in ihrer auf die Z 5, sowie nominell ebenfalls auf die Z 9

lit. a, der Sache nach aber Z 10 der genannten Gesetzesstelle gestützten und zum Nachteil des Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde die Unterstellung der Tat im Sinn der Anklage unter das Verbrechen nach dem § 302 StGB an. Der Angeklagte begehrt mit der (allein erhobenen) Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) seinen Freispruch wegen Fehlens der für Betrug erforderlichen Ausführungsnähe.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kommt, soweit damit die Tatbeurteilung als Mißbrauch der Amtsgewalt angestrebt wird, Berechtigung zu.

Das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB begeht ein Beamter, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, u.a., soweit hier in Betracht kommend, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht. Daß der Angeklagte, der als Zollbeamter bei Außenstellen des Zollamtes Feldkirch (Nofels und Tisis) in Dienstverwendung stand, Beamter im Sinn des § 74 Z 4 StGB war, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Als solcher hatte er die Befugnis, als Organ des Zollamtes in Ausübung des Gesetzes Amtsgeschäfte vorzunehmen. Die überwachung des grenzüberschreitenden Personen- und Warenverkehrs gehört zur Hoheitsverwaltung, sämtliche dabei ausgeübte Amtshandlungen ergehen in Vollziehung der Gesetze. Die Ausstellung einer Ausweiskarte zur Erlangung eines inländischen behördlichen Kennzeichens (Lager Za-45) fällt ebenso in die Zuständigkeit der Zollverwaltung und konkret des Zollamtes, bei dem der Angeklagte Dienst versah, wie die einer Ausfuhrbescheinigung (Lager U 34). Für die Erfüllung des objektiven Tatbildes bleibt daher nur zu klären, ob das bloße Abstempeln unausgefüllter Formulare bereits ein Amtsgeschäft ist und ob ferner der Angeklagte damit eine ihm zustehende Befugnis mißbrauchte. Beide Fragen sind zu bejahen. Wohl besteht die Amtshandlung in der Feststellung der Voraussetzungen der von der Partei begehrten Bestätigung, sodann der Ausfüllung des für diese Bestätigung aufliegenden Formulars (wobei von den Parteien die ihnen unmittelbar zugänglichen Formulare U 34 dem Zollbeamten bereits ausgefüllt vorzulegen sind), der Unterfertigung durch den Beamten und der Anbringung der Stampiglien, mit denen letztlich die amtliche Eigenschaft des Unterfertigenden bestätigt wird.

Darin liegt die besondere Bedeutung dieser Stempelabdrücke, weil anders bei jenen Behörden und Dienststellen, bei denen die Formulare sodann eingereicht werden, die amtliche Eigenschaft des Unterfertigenden nicht festgestellt werden könnte, ist doch dessen Namenszug in aller Regel unbekannt. Der Abdruck von Stempeln und Siegeln der Behörde bietet darum eine wesentliche Phase der Amtshandlung, sodaß auch schon darin ein Amtsgeschäft zu erblicken ist. Es handelt sich dabei zwar um eine Verrichtung tatsächlicher Art, die aber einem Amtsgeschäft gleichwertig ist (vgl. Leukauf-Steininger 2 , RN 21, 22 zu § 392 StGB; RZ 1983/33

- verstärkter Senat).

Da der Angeklagte (Grenzkontroll-)Beamter eines Zollamtes erster Klasse war (vgl. § 145 Anlage 2 C), fielen an sich auch Tätigkeiten im grenzüberschreitenden Warenverkehr unter Verwendung der hier bedeutsamen Vordrucke in seinen (abstrakten) Aufgabenbereich. Daß er nach der konkret getroffenen Diensteinteilung - wie das Erstgericht feststellte - im Regelfall mit der Abfertigung Reisender und nicht mit der Behandlung von Warentransporten befaßt war, ändert an dieser grundsätzlichen Befugnis nichts. Der Angeklagte nützte somit nicht bloß eine Möglichkeit zu rechtswidrigen Manipulationen aus, die ihm durch seine Amtstätigkeit eröffnet war, sondern er gebrauchte seine Befugnis rechtswidrig, wobei schon die Anmaßung einer Amtshandlung, die nicht in seine funktionelle Zuständigkeit fiel, (ebenso wie die Arrogierung einer nicht gegebenen örtlichen Zuständigkeit - vgl. EvBl. 1978/72) einen Mißbrauch in diesem Sinn darstellt. Mit der Abstempelung von Blankoformularen, deren unkontrollierte Ausfüllung und weitere (rechtswidrige) Verwendung er amtsfremden Personen überließ, mißbrauchte er also seine Befugnisse als Bediensteter der Zollverwaltung.

Daß er dies wissentlich tat, wurde vom Erstgericht der Sache nach mit den Worten festgestellt, es sei ihm bewußt gewesen, daß diese Handlung von seinen Kollegen nicht beobachtet werden durfte (S 318). Auch der vom Gesetz weiter vorausgesetzte Vorsatz auf Schädigung eines anderen, hier des Staates, wurde vom Erstgericht (unbekämpft) festgestellt (S 321).

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und - da schon in erster Instanz sämtliche Feststellungen zur richtigen rechtlichen Subsumtion des Sachverhalts getroffen wurden - sogleich in der Sache selbst, wie aus dem Spruch ersichtlich, zu erkennen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Rechtsmittelvorbringen der Staatsanwaltschaft und auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Bei der hiedurch erforderlichen Neubemessung der Strafe auf der Basis des § 302 Abs. 1 StGB wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten sowie sein weitreichendes Geständnis.

Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Täters.

Da anzunehmen ist, daß die bloße Androhung der Vollziehung genügen wird, den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten und auch Gründe der Generalprävention einem solchen Vorgehen nicht entgegenstehen, war die Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB gerechtfertigt.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Verpflichtung des Angeklagten zum Ersatz der Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz ergibt sich aus den § 389, 390 a StPO

Anmerkung

E04538

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00004.84.0502.000

Dokumentnummer

JJT_19840502_OGH0002_0110OS00004_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten