Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Kießwetter, Hon.Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Nittel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 129 Z 2
StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Februar 1984, GZ 4 b Vr 10.624/83-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, 129 Z 2 StGB (Urteilsfakten 1 a und b) und der Vergehen der dauernden Sachentziehung nach § 135 Abs 1 StGB (Urteilsfaktum 2), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (Urteilsfaktum 3) und nach § 36 Abs 1 lit a WaffG. (Urteilsfaktum 4) schuldig erkannt.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen wohnte der Angeklagte im September 1983 vorübergehend in der Wohnung seines Bekannten Kurt K*** und dessen Lebensgefährtin Erika B. Am Nachmittag des 22. September 1983
legten sich diese drei Personen in leicht alkoholisiertem Zustand nieder. Als C und B eingeschlafen waren, erhob sich der Angeklagte und begann die Wohnung nach verwertbaren Gegenständen zu durchsuchen. Er nahm eine Brieftasche des Kurt C mit 1.300 S, einem Meldezettel und einer Scheckkarte an sich. In einer unversperrten Lade des Wandverbaus fand er den Schlüssel zu einem versperrten Kastenabteil. Beim Versuch das Abteil aufzusperren, verbog er den Schlüssel und riß daraufhin die Kastentür gewaltsam auf. Dem Abteil entnahm er die Pistole Marke Walther-Westentasche mit sieben Patronen im Werte von 2.000 S und steckte sie ein. Daraufhin verließ er die Wohnung, versperrte sie mit (einem) Schlüssel, den ihm Erika B geliehen hatte, und entfernte sich. (Wohnungs-) Schlüssel, Brieftasche mit Meldezettel und Scheckkarte warf er in der Folge weg oder verwertete sie auf nicht mehr feststellbare Weise. Die Pistole verkaufte er um 1.000 S, und das Bargeld (1.300 S) verwendete er für seine Bedürfnisse. Er handelte mit dem Vorsatz, sich einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil zu verschaffen, wußte dabei auch, daß er nicht berechtigt war, eine Schußwaffe bei sich zu führen und fand sich damit ab, daß er durch die Entfremdung der Schlüssel (richtig: des Schlüssels) und der Urkunden deren Eigentümer schädigte und verhinderte, daß die Urkunden im Rechtsverkehr gebraucht werden. Dieses Urteil, inhaltlich jedoch nur die Diebstahlsqualifikation durch Einbruch (Urteilsfaktum 1 a), und die Schuldsprüche wegen der Vergehen der dauernden Sachentziehung und der Urkundenunterdrückung (Urteilsfakten 2 und 3) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und (ziffernmäßig) 9
lit c StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Seine Berufung richtet sich gegen den Strafausspruch.
Rechtliche Beurteilung
Als Begründungsmangel macht der Angeklagte geltend, daß das Gericht die Aussage des Zeugen Kurt C, der in der Hauptverhandlung angegeben hat:
'wahrscheinlich hat der Angeklagte den Kasten aufgerissen, das ist schon möglich, gesehen hat man das nachher nicht ...... Die Waffe war sicher nicht in der Lade', und den Umstand, daß dieser Zeuge die Frage, ob er mit Sicherheit ausschließen könne, daß die Waffe in der Lade gelegen ist, nicht beantwortete, nicht erörtert habe. Auch die Aussage der Zeugin Erika B, daß der Schrank normal aufgesperrt war (S. 68), übergehe das Erstgericht mit Stillschweigen. Diese Begründungsmängel beziehen sich jedoch nicht auf entscheidungswesentliche Punkte. Auch nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Kurt C und Erika B, auf die sich das Erstgericht stützte und denen es im Rahmen der Beweiswürdigung vollen Glauben schenkte, steht fest, daß die gestohlene Waffe jedenfalls in einem Abteil des versperrten Kastens - und nicht in einer offenen Lade - lag. Ob nun dieser Kasten aufgebrochen wurde, wie das Erstgericht aufgrund der Anzeige und der Polizeierhebungen annahm, oder ob das Kastenschloß mit einem vom Angeklagten widerrechtlich erlangten Schlüssel geöffnet wurde, ist unerheblich. Fest steht, daß der Schlüssel nicht in einem Naheverhältnis zum Schloß war, sondern in einer anderen Lade lag, und daß er dem Angeklagten auch nicht von den Berechtigten zur Verfügung gestellt wurde. Ob aber der Angeklagte das Kastenschloß mit einem widerrechtlich erlangten (eigenmächtig an sich gebrachten) Schlüssel geöffnet oder ob er den Kasten (mit Gewalt) aufgebrochen hat (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 129 RN. 19 und 26), ist nicht entscheidungswesentlich, weil es sich um gleichwertige, frei vertauschbare Begehungsformen des Diebstahls durch Einbruch nach § 129 Z 2 StGB handelt. Ohne Bedeutung ist schließlich auch, ob Erika B dem Angeklagten vor Begehung des Diebstahls die Waffe gezeigt hat oder nicht. Ebenso bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen C, daß er 3/4 bis 4/4 l Wein getrunken habe, weil es für den Schuldspruch unerheblich ist, welchen Alkoholisierungsgrad Kurt C im Zeitpunkt des Diebstahls hatte, beziehungsweise, ob die in der Wohnung anwesenden Personen leicht alkoholisiert, wie das Erstgericht feststellte, oder in einem durch Alkohol sehr beeinträchtigten Zustand, wie die Beschwerde vermeint, waren. Für eine Volltrunkenheit des Angeklagten fehlen jegliche Anhaltspunkte, und wurde ein Zustand der vollen Berauschung auch gar nicht behauptet.
Mit dem Beschwerdevorbringen, er habe keine Veranlassung wahrheitswidrig zu behaupten, daß er die an sich genommene Brieftasche des Zeugen C im Badezimmer liegengelassen habe, er hatte auch keinen Grund, die für ihn wertlose Scheckkarte und den Meldezettel des Zeugen C mitzunehmen, versucht der Angeklagte nur in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen Urteile der Schöffengerichte unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes anzufechten, das aufgrund der Aussagen der Zeugen B und C feststellte, daß der Angeklagte die Brieftasche nicht im Badezimmer deponierte und Scheckkarte und Meldezettel mitgenommen hat. Insofern ist die Mängelrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens der dauernden Sachentziehung durch Entziehung der Wohnungsschlüssel (Urteilsfaktum 2) wendet der Beschwerdeführer ein, daß sich das Erstgericht nicht mit der Aussage der Zeugin Erika B in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt habe. Die Begründung sei somit unvollständig. Das Erstgericht hat seine Feststellungen zum Urteilsfaktum 2 auf die Aussagen der Zeugen Erika B und Kurt C im Zusammenhalt mit dem Inhalt der Anzeige (S. 14 in ON. 7) gestützt. Erika B hat in der Hauptverhandlung als Zeugin bekundet, daß es auch möglich ist, daß der Angeklagte Schlüssel der Wohnung genommen hat und daß ihr dann sicher Wohnungsschlüssel abgegangen sind (S. 70). Einer eingehenderen Auseinandersetzung mit dieser Aussage der Zeugin Erika B, die persönlich nicht beobachten und daher naturgemäß auch nicht bezeugen konnte, daß der Angeklagte den fehlenden Wohnungsschlüssel mitgenommen hat, bedurfte es nicht, weil das Gericht nicht allein auf Grund dieser Aussage, sondern auch auf Grund des Inhaltes der Anzeige, daß der Angeklagte nach dem Diebstahl die Wohnung verlassen hat, und ein Schlüssel fehlte (S. 14 in ON. 7), den mit den Denkgesetzen keineswegs in Widerspruch stehenden Schluß gezogen hat, daß der Angeklagte den Wohnungsschlüssel mitnahm (S. 75, 76). Auch in subjektiver Hinsicht ist der auf Entziehung des Schlüssels unter gleichzeitiger Schädigung des Eigentümers gerichtete (zumindest bedingte) Vorsatz des Angeklagten hinreichend begründet (S. 75). Die geltendgemachten Begründungsmängel haften somit dem Urteil nicht an.
Die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit c StPO (gemeint: lit a dieser Gesetzesstelle) gestützte Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgeht, daß der Angeklagte die Waffe aus der versperrten Lade auf eine der im § 129 Z 2 StGB
bezeichneten Weise gestohlen, den Wohnungsschlüssel entzogen und die Urkunden an sich genommen und nicht im Badezimmer der Wohnung zurückgelassen hat (S. 75, 76 d.A.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils nach § 285 d Abs 1 Z 2
StPO als offenbar unbegründet, teils nach § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Anmerkung
E04685European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00057.84.0503.000Dokumentnummer
JJT_19840503_OGH0002_0120OS00057_8400000_000