Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerlinde A wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Februar 1984, GZ 1 b Vr 11450/83-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die 27-jährige Gerlinde A des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie am 27. April 1983 in Wien eine Sache, die ein anderer mit einer durch Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen erlangte, nämlich eine von dem abgesondert verfolgten Jan B dem Herbert C gestohlene Fotokamera im Wert von ca. 4.000 S, an sich gebracht.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der von der Angeklagten dagegen erhobenen, nominell auf die Z 5, der Sache nach auch auf die Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß der Schuldspruch mit einer von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeit behaftet ist.
Angesichts dessen nämlich, daß die Angeklagte nach den schöffengerichtlichen Konstatierungen die fragliche Kamera vor dem 3. Mai 1983
an Rostislav D zurückgestellt hatte (vgl. S 235) und dieser das Gerät am genannten Tag der Polizei übergab sowie ferner dessen, daß nach den Akten zu diesem Zeitpunkt die Person der Angeklagten der Behörde noch nicht bekannt war - ihr Name wurde erstmals am 7. Juli 1983 (vgl. S 159) genannt und auch dort noch ohne direkten Hinweis auf eine Tatbeteiligung, welche letztlich erst durch die eigene Aussage der Angeklagten als Zeugin dem Gericht bekannt wurde (vgl. ON 10) - wären Konstatierungen darüber indiziert gewesen, ob die Angeklagte freiwillig handelte und ob die Rückgabe der verhehlten Sache an den Vormann zum Zweck der Deposition bei der Polizei erfolgte. Ist doch unter Umständen wie den vorliegenden, wo eine unmittelbare Rückstellung an den Geschädigten nicht vorgenommen werden konnte, weil der Name des Bestohlenen weder der Angeklagten noch dem D bekannt war, die übergabe an die Behörde ausreichend, zumal dieser nach dem Wissensstand des D nähere Einzelheiten des Diebstahls bereits bekannt waren und die Ausfolgung an den Geschädigten solcher Art sichergestellt schien (vgl. hiezu LSK 1976/13;
Leukauf- Steininger 2 , RN 41 zu § 164 und RN 28 zu § 167 StGB, SSt.
50/65
und Kienapfel, BT II, RN 35 zu § 167 StGB).
Da es dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, die fehlenden Konstatierungen über die Freiwilligkeit der Rückgabe und darüber nachzutragen, ob die Angeklagte bei der übergabe des Fotoapparates an D darauf vertraute, daß dieser ihn bei der Polizei zur Ausfolgung an den Geschädigten abgeben werde, die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung mithin unumgänglich erscheint, war gemäß § 290 Abs. 1 StPO in amtswegiger Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO der Schuldspruch in einer nichtöffentlichen Beratung sofort zu kassieren (§ 285 e StPO) und dem Erstgericht neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf die von der Angeklagten geltend gemachten Nichtigkeitsgründe einzugehen.
Nur der Vollständigkeithalber sei diesbezüglich bemerkt, daß dem von den Tatrichtern aus den von ihnen angeführten Prämissen (S 238) auf den Vorsatz der Angeklagten gezogenen Schluß Denkfolgerichtigkeit wohl nicht abgesprochen werden kann und daß einer Anwendbarkeit des § 42 StGB der immerhin rund 4.000 S betragende Wert des verhehlten Gerätes entgegensteht.
Mit ihren Rechtsmitteln war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E04821European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00054.84.0507.000Dokumentnummer
JJT_19840507_OGH0002_0090OS00054_8400000_000