Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Mai 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach § 12 (dritter Fall), 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Martin A gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 29. September 1983, GZ 27 Vr 1488/83-13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, des Angeklagten Martin A und des Verteidigers Dr. Peter Wolf zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Martin A wird verworfen.
Seiner Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem genannten Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. Dezember 1967 geborene, sohin jugendliche Mechanikerlehrling Martin A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach § 12 (dritter Fall), 127
Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er - sinngemäß zusammengefaßt - zu dem von der (ebenfalls jugendlichen) Mitangeklagten Manuela B und der strafunmündigen Andrea C in Gesellschaft als Beteiligte in der Nacht zum 21. Dezember 1982 in Söll begangenen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil des Josef D, bei welchem Wechselgeld in der Höhe von ca. 2.960 S sowie Briefmarken, Bekleidungsstücke, Souvenirgegenstände, Kosmetikartikel und zwei Adidas-Tragtaschen im Gesamtwert von ca. 11.000 S erbeutet wurden, dadurch beigetragen hat, daß er am 20. Dezember 1982 mit den beiden Genannten die gemeinsame Verübung des Einbruchsdiebstahls in das Souvenirgeschäft D vereinbarte und dadurch die Verübung dieser Tat durch B und C psychisch unterstützte.
Gegen diesen Schuldspruch wendet sich der Angeklagte Martin A mit einer nominell allein auf die Z 5, der Sache nach aber auch auf die Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Wenn der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mängelrüge meint, das Erstgericht hätte die vor der Gendarmerie abgelegte Aussage (vgl. S 41 bis 43) der Zeugin Andrea C, welche sich in der Hauptverhandlung - von ihrem Recht auf Zeugnisbefreiung nach § 152 Abs. 1 Z 1 StPO als Halbschwester der Zweitangeklagten Manuela B Gebrauch machend - der Aussage entschlagen hat (S 82), nicht seiner Entscheidung zugrundelegen dürfen, so irrt er. Denn die Verlesung der vor der Gendarmerie oder Polizei abgelegten (oder sonstigen außergerichtlichen) Aussagen von Personen, die dann in der Hauptverhandlung als Zeugen vom Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs. 1 Z 1 StPO Gebrauch gemacht haben, und deren Verwertung im Urteil begründet keine Nichtigkeit, und zwar weder im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes noch etwa in jenem der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 17 zu § 281 Z 3, E Nr 166, 167 zu § 281 Z 5). Das gerügte Vorgehen entsprach vielmehr durchaus der Prozeßordnung.
Was die weiteren Beschwerdeausführungen anlangt, so geht der Beschwerdeführer insoweit von unrichtigen Voraussetzungen aus, als er offensichtlich meint, daß ihm in bezug auf die Tat seiner Mitangeklagten Manuela B (und deren strafunmündigen Diebsgenossin Andrea C) Bestimmungstäterschaft im Sinne des § 12 (zweiter Fall) StGB (vgl. 'Herstellung des Tatentschlusses' bei der Genannten, 'Verleitung zum Tatentschluß') angelastet werde. Vorgeworfen wird ihm nach Urteilssatz und Urteilsgründen vielmehr ein 'sonstiger Tatbeitrag' im Sinne des § 12
(dritter Fall) StGB, der nach den getroffenen Feststellungen darin bestand, daß er mit den beiden Mädchen die gemeinsame Verübung des eingangs beschriebenen Einbruchsdiebstahls zusammen mit ihm selbst vereinbarte und ihnen in diesem Zusammenhang den - nur ihm und zwei Freunden durch Zufall schon früher bekanntgewordenen - beim Diebstahl günstig zu benützenden Zugang zum Tatort genau schilderte, wobei er allerdings dann nicht zum vereinbarten Treffpunkt erschien und die Mädchen die Tat allein verübten (S 93 bis 95). Soweit sich der Beschwerdeführer nun, gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, gegen die Konstatierung des Erstgerichtes wendet, er habe - entgegen seiner Verantwortung, den Mädchen von vornherein eine beabsichtigte eigene unmittelbare Beteiligung an der Tatausführung nur vorgetäuscht zu haben - zum Zeitpunkt der Vereinbarung tatsächlich den Vorsatz gehabt, sich als unmittelbarer Täter an dem Einbruchsdiebstahl zu beteiligen, versucht er bloß, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen, dessen diesbezügliche Tatsachenfeststellung auf einer den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Schlußfolgerung beruht, welche in den Beweisergebnissen (insbesondere den in der Hauptverhandlung verlesenen Angaben von Manuela B und Andrea C vor der Gendarmerie S 39 bis 43
in Verbindung mit S 82, 91 und 97, aber auch der Strafregisterauskunft S 7 in Verbindung mit S 82 und 91 d.A) ihre Deckung findet. Der Beschwerdeführer bringt daher den herangezogenen Nichtigkeitsgrund - keine echten Begründungsmängel in dessen Sinn aufzeigend - in dieser Richtung nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Mit dem Vorbringen, die von ihm den beiden Mädchen gegenüber gemachten Angaben über die Möglichkeit des Eindringens in das Souvenirgeschäft D stellten keinen als Beteiligung im Sinne des § 12 StGB zu wertenden 'ausreichenden und dezidierten Beitrag zur Durchführung der Tat' dar, und es könne ihm auch in subjektiver Hinsicht rechtens keine Beteiligung an der Tat der beiden Mädchen, in welcher Form auch immer, vorgeworfen werden, macht der Beschwerdeführer der Sache nach den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO geltend, der indes dem Urteil gleichfalls nicht anhaftet:
Denn allein schon der Zusage eines Burschen an zwei 16- bzw. 13- jährige Mädchen, mit ihnen gemeinsam einen Einbruchsdiebstahl zu verüben, kam nach allgemeinen Erfahrungssätzen fraglos die Eignung zu, deren Erwartungen bezüglich eines planmäßigen und erfolgreichen Verlaufes der Tat zu erhöhen und sie hiedurch in ihrem Tatentschluß zu bestärken, worin eine 'psychische Unterstützung' bei der Tatbegehung im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB zu erblicken ist. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer im Zusammenhang damit auch noch einen weiteren Tatbeitrag leistete, indem er anläßlich der Tatvereinbarung den späteren unmittelbaren Täterinnen eine genaue Beschreibung eines günstigen Zuganges zum Tatort lieferte. Zu Recht hat das Erstgericht daher in diesem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers einen wesentlichen Beitrag zur späteren Ausführung der Tat durch Manuela B und Andrea C erblickt, zumal ein solcher immer schon dann vorliegt, wenn jemand außer dem Falle der Bestimmungstäterschaft einen ursächlichen Beitrag im Sinne einer Förderungshandlung jeder beliebigen Art zur Tat anderer leistet (vgl. auch Leukauf-Steininger, Kommentar 2 I § 12 RN 36 bis 39). Es war aber die geförderte Tat auch hinlänglich individuell bestimmt, weil es ausreicht, daß sie dem Beitragstäter ihrer Art nach und in groben Umrissen bekannt ist, er also die übeltat, die er fördert, mit ihren wesentlichen Deliktsmerkmalen in seinen Vorsatz aufgenommen hat (vgl. neuerlich Leukauf-Steininger, a.a.0., Par 12 RN 40). Ebenso wie zufolge der Subsidiarität der beiden anderen Formen der Beteiligung an einer Straftat (§ 12 zweiter und dritter Fall StGB) gegenüber unmittelbarer Täterschaft derjenige, welcher andere dazu bestimmt, mit ihm gemeinsam eine Straftat auszuführen und auch tatsächlich selbst als unmittelbarer (Mit-)Täter daran teilnimmt, (nur) als unmittelbarer Täter haftet (vgl. Leukauf-Steininger, a. a.0., § 12 RN 34), wogegen seine Bestimmungstäterschaft zum Tragen kommt, falls er sich sodann an der Tatausführung doch nicht beteiligt, haftet auch derjenige als Beteiligter nach § 12 StGB - hier im Sinne des dritten Falles dieser Gesetzesstelle -, der zunächst, vom (umfassenderen) unmittelbaren (Mit-)Tätervorsatz getragen, gegenüber seinen präsumtiven Mittätern eine für sich allein als 'sonstiger Beitrag' im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB zu wertende Handlung setzt, später aber - wie im gegebenen Fall - seine Tatbeteiligung durch wie auch immer begründete eigene Nichtmitwirkung an der unmittelbaren Verwirklichung des Tatbildes auf diesen Beitrag reduziert. Eine Befreiung des Täters von seiner strafrechtlichen Haftung ergäbe sich nur dann, wenn die Voraussetzungen strafaufhebenden Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) zuträfen, wovon hier aber keine Rede sein kann.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich im Rahmen seiner Strafberufung vorbringt, seine Beteiligung an fremder Tat könne - wenn sie überhaupt vorläge - nur als fahrlässiges Verhalten angesehen werden, weil er es verabsäumt habe, seine Äußerungen entsprechend zu überdenken, und nicht damit gerechnet habe, daß seine belanglosen Worte bei den unmittelbaren Täterinnen ausreichen würden, 'um die Tat zu begehen', wird damit sachlich eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO releviert, weil die Straflosigkeit des inkriminierten Verhaltens behauptet wird. Das Vorbringen stellt aber keine gesetzmäßige Ausführung dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes dar, weil es die dem Ersturteil zugrundeliegende Annahme eines vorsätzlichen Handelns des Beschwerdeführers (vgl. S 95, 97) negiert und somit von einem urteilsfremden Sachverhalt ausgeht. Hierauf braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.
Ohne Rechtsirrtum hat das Erstgericht demnach den Beschwerdeführer des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB als Beteiligter nach § 12 (dritter Fall) StGB schuldig erkannt, sodaß seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Jugendschöffengericht verurteilte den Angeklagten Martin A nach § 129 StGB unter Anwendung der § 11 JGG und 37 (Abs. 1) StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, wobei es für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen festsetzte und den Tagessatz mit 30 S bestimmte. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe (richtig: Vorverurteilung), als mildernd hingegen das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung durch die Mittäter und den Umstand, daß der Angeklagte aus der Straftat keinen Vorteil gezogen hat. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die bedingte Nachsicht der Geldstrafe an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Wie der Berufungswerber selbst einräumt, weist er eine Vorverurteilung wegen Vergehens des Diebstahls auf. Daß er trotz dieser Vorverurteilung (vom 28. September 1982) wenige Monate später (nämlich am 20. Dezember 1982) innerhalb der ihm gemäß § 13 Abs. 1 JGG gewährten Probezeit neuerlich einschlägig straffällig wurde, zeigt, daß bei ihm die bloße Androhung eines Strafübels ersichtlich nicht ausreicht, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Es bedarf daher nunmehr spezialpräventiv des Vollzugs der verhängten Geldstrafe, sodaß deren bedingte Nachsicht nicht in Betracht kam.
Auch der Berufung mußte sohin ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E04804European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00208.83.0507.000Dokumentnummer
JJT_19840507_OGH0002_0090OS00208_8300000_000