TE OGH 1984/5/8 9Os43/84

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Veröffentlicht am 08.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann (Berichterstatter) als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilfried A wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 18. November 1983, GZ 28

Vr 3174/82-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Gehart, des Verteidigers Dr. Maria Oehlzand jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung des zu Punkt 3. festgestellten Verhaltens als Verbrechen des gewerbsmäßigen Betruges nach § 148, erster Fall, StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Wilfried A hat durch das zu Punkt 3. des Schuldspruchs festgestellte Verhalten das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148, zweiter Fall, StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt bleibenden Teil des Urteils zur Last fallende Verbrechen der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202

Abs. 1 StGB und das Vergehen der Amtsanmaßung nach § 314 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer 1 (eines) Jahres verurteilt. Die Entscheidungen über die Kosten des Strafverfahrens und über die Ansprüche der Privatbeteiligten werden aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

III. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen auf die Entscheidung I verwiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO falllen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. Juni 1948 geborene beschäftigungslose Wilfried A des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB (1.), des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB (2.) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, 148, erster Fall, StGB (3.) schuldig gesprochen.

Danach liegt Wilfried A zur Last 1.) am 13. November 1982 Christine B durch die Äußerungen, er werde ihrem Chef von einem Diebstahl, den sie bei ihrem früheren Chef begangen habe, sowie davon, daß sie suchtgiftabhängig sei, Mitteilung machen sowie durch die weitere Äußerung, er werde die Funkstreife holen, falls sie nicht mit ihm ins Bett gehe, durch gefährliche Drohung zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen versucht; 2.) sich (kurz zuvor) dadurch, daß er sich gegenüber Christine B als Kriminalbeamter ausgab und ihr vorwarf, suchtgiftabhängig zu sein, sich die Ellenbeugen ihrer Arme zur überprüfung etwaiger Einstichmerkmale zeigen ließ, die Ausübung eines öffentlichen Amtes angemaßt und, ohne dazu befugt zu sein, eine Handlung vorgenommen, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf; 3.) in der Zeit von Jänner 1982 bis 21. März 1983 gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der C Vertrags-Tankstelle Linz-Waldeggstraße durch Vorlage von durch ihn mit der Unterschrift der jeweiligen Tankkarteninhaber versehenen Tankkarten, somit durch Täuschung über Tatsachen, unter Benützung falscher Urkunden zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung des Gegenwertes der in den Tankkarten jeweils angeführten Treibstoffmengen verleitet, wodurch acht im Urteil namentlich angeführte C-Bedienstete an ihrem Vermögen einen Schaden von insgesamt 30.820 S erlitten. Die Staatsanwaltschaft bekämpft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde lediglich die dem Schuldspruch 3. zu Grunde liegende rechtliche Beurteilung (nur) nach dem ersten Fall des § 148 StGB, während der Angeklagte den Schuldspruch wegen § 314 StGB (2.) anficht. I.NichtigkeitsbeschwerdederStaatsanwaltschaft:

Rechtliche Beurteilung

Der rechtliche Einwand (§ 281 Abs. 1 Z 10, richtig wohl Z 11, StPO), das Erstgericht habe übersehen, daß jeder einzelne betrügerische Angriff des Angeklagten zum schweren Betrug nach § 147 Abs. 1 Z 1 StGB qualifiziert sei, weil er die seinen Arbeitskollegen weggenommenen Tankkarten durch die Nachmachung ihrer Unterschriften verfälscht habe, so daß das Verhalten des Angeklagten dem zweiten Deliktsfall des Par 148 StGB zu unterstellen sei, trifft zu. Nach den diesbezüglichen Urteilskonstatierungen hat der Angeklagte in der Zeit von Jänner 1982 bis 21. März 1983 als Freileitungsmonteur bei der C gearbeitet und diese Gelegenheit dazu benützt, aus den auf den Baustellen abgestellten Fahrzeugen seiner Arbeitskollegen deren Tankkarten zu stehlen. In weiterer Folge hat er diese ausgefüllt, die Unterschriften gefälscht und schließlich bei der C-Vertragstankstelle in Linz diese gegen Geld für die entsprechende eingetragene Litermenge Benzin eingelöst. Dadurch hat der Angeklagte in insgesamt 72 Angriffen seine Arbeitskollegen um einen Gesamtbetrag von 30.820 S (in den Urteilsgründen irrtümlich 31.270 S) geschädigt (S 301).

Jede einzelne vom Angeklagten gewerbsmäßig begangene Betrugshandlung war somit nach § 147 Abs. 1 Z 1 StGB zum schweren Betrug qualifiziert, weil zur Täuschung verfälschte Urkunden benützt wurden. Damit stellen sich die (unbekämpft) gewerbsmäßig begangenen Betrugshandlungen insgesamt als gewerbsmäßiger schwerer Betrug im Sinn des zweiten Deliktsfalles des § 148 StGB dar (9 0s 75/83). Es war somit der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das Urteil in der rechtlichen Qualifikation des Schuldspruches 3. aufzuheben und im aufgezeigten Sinn in der Sache selbst zu erkennen.

II.NichtigkeitsbeschwerdedesAngeklagten:

Mit seiner nominell auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO gestützten Beschwerde strebt der Angeklagte einen Freispruch vom Vergehen nach § 314 StGB (2. des Urteilsspruchs) im wesentlichen mit der Begründung an, daß das Urteil offen lasse, ob der erste oder der zweite Deliktsfall des § 314 StGB angenommen wurde. Er habe sich zwar als Kriminalbeamter ausgegeben, jedoch stelle die überprüfung von Einstichmerkmalen am Arm jedenfalls keine Handlung dar, die nur kraft öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, daß die Textierung des Urteilsspruchs (Anführung beider Deliktsfälle unter Verwendung des Bindewortes 'und') nicht deutlich erkennen läßt, ob ihm das Erstgericht nur den ersten oder beide Deliktsfälle dieses Vergehens anlastet, welcher Einwand inhaltlich als mit Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 3 StPO) bedrohte Verletzung der Vorschrift des § 260 Abs. 1 Z 1 StPO zu werten wäre. Allerdings weist der Beschwerdeführer selbst darauf hin, daß in der Urteilsbegründung zum Ausdruck kommt, A habe sich als Kriminalbeamter ausgegeben und sich unter dieser Vorspiegelung (angeblich vorhandene) Einstichstellen zeigen lassen, was fürsichalleinkeine Handlung sei, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf (S 304). Liest man die Urteilsbegründung in ihrer Gesamtheit, kommt aber mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck, daß die überprüfung im konkreten Fall dazu dienen sollte, seine Behauptung, Kriminalbeamter und damit zu derartigen der Feststellung der Drogensucht dienenden Kontrollen befugt zu sein, zu unterstreichen, zumal dies wieder die Voraussetzung für den Versuch war, sich das Mädchen in sexueller Hinsicht gefügig zu machen (Schuldspruch 1.). Da aber nach ständiger Rechtsprechung die Urteilsgründe mit dem Spruch eine Einheit bilden, können diese zur Auslegung eines mißverständlich gefaßten Urteilsspruchs herangezogen werden (12 Os 126/77), so daß im gegebenen Fall davon ausgegangen werden kann, daß dem Angeklagten tatsächlich nur der erste Deliktsfall des § 314 StGB zur Last gelegt wurde. Die Ureilskonstatierungen über den Geschehensablauf konnte das Erstgericht aktengetreu auf das mit sämtlichen Verfahrensergebnissen übereinstimmende Geständnis des Angeklagten stützen ( S 301 unten), so daß weder der angezogene Nichtigkeitsgrund nach der Z. 5 noch der nach der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO vorliegt.

Prüft man die rechtliche Subsumtion aber auf dieser Tatsachengrundlage versagt auch die Rüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO), das Verhalten stelle keine gerichtlich strafbare Handlung dar.

Ein öffentliches Amt maßt sich nämlich nicht schon der an, der (nur) als Beamter auftritt oder als solcher renommiert; es bedarf vielmehr der Vornahme einer Handlung, die sich als Ausübung des angemaßten Amtes auch nach außen hin darstellt (LSK 1979/218, Leukauf-Steininger 2 , RN 3 und 4 zu § 314 StGB). In diesem Sinne sind die rechtlichen Ausführungen des Erstgerichtes, der Angeklagte habe sich in Anmaßung eines öffentlichen Amtes die Ellenbeugen der Christine B zeigen lassen (S 304), als rechtsrichtige Darlegung der Tatbestandserfordernisse des ersten Deliktsfalls des Par 314 StGB zu verstehen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher der Erfolg zu

versagen.

III.ZurStrafneubemessung:

Bei Neubemessung der nunmehr nach dem, von einem bis zu zehn Jahren reichenden zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu verhängenden Strafe war als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die drei (zum Verbrechen nach § 202 StGB) einschlägigen Vorstrafen und die Begehung der Betrügereien unter Ausnützung des Vertrauensverhältnisses unter Arbeitskollegen, als mildernd hingegen das volle Geständnis und die Tatsache, daß es beim Faktum 1. nur beim Versuch geblieben ist.

Unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungsgründe kann unter besonderer Berücksichtigung des vollen Geständnisses und des Umstandes, daß Wilfried A hinsichtlich des strafsatzbestimmenden Vermögensdeliktes noch nicht vorbestraft ist, mit der Mindeststrafe gerade noch das Auslangen gefunden werden. Die Deliktshäufung verbietet aber die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41

StGB ebenso wie die Anwendung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB. Das gefundene Strafmaß steht der Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe (§ 37 Abs. 1 StGB) entgegen. Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte waren mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04555

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00043.84.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19840508_OGH0002_0090OS00043_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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