Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gartner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang Friedrich A und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2
sowie § 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten Wolfgang Friedrich A und Josef B sowie die Berufung des Angeklagten Josef B gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 5. Dezember 1983, GZ 24 Vr 1712/83-34, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten Wolfgang Friedrich A und der Verteidiger Dr. Wolfgang Roman und Dr. Ludovika Hämmerle, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Josef B zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung der Angeklagten Wolfgang Friedrich A und Josef B in seinem freisprechenden Teil sowie demzufolge auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Josef B und die Staatsanwaltschaft (hinsichtlich dieses Angeklagten und des Angeklagten Wolfgang Friedrich A) auf die getroffene Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 25. September 1966 geborene Wolfgang Friedrich A und der am 25. April 1966 geborene Josef B des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 (Josef B auch Z 3), 128
Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 sowie § 15 StGB, und des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1, Abs. 2 StGB, der Angeklagte Josef B überdies der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu Freiheitsstrafen verurteilt. Von dem weiteren Anklagevorwurf (S 269), Anfang Juli 1983 in Linz und Wels die gemeinsame Ausführung eines Raubes verabredet und hiedurch das Verbrechen des verbrecherischen Komplotts nach Par 277 Abs. 1 StGB begangen zu haben, wurden die Angeklagten hingegen gemäß Par 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Den Freispruch begründet das Erstgericht (lediglich) damit, daß 'die Angaben zu diesem Punkt sehr stark divergieren und zumindest im Zweifel nicht widerlegbar ist, daß Wolfgang Friedrich A im Sinne seiner eigenen Verantwortung auf Josef B im Sinne einer freiwilligen Abstandnahme von der Ausführung der Tat eingewirkt hat' (S 285).
Rechtliche Beurteilung
Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z 5
und 9 lit. a (sachlich auch lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.
Des Verbrechens nach § 277 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer mit einem anderen die gemeinsame Ausführung (u.a.) eines Raubes verabredet; gemäß Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle ist (u.a.) nicht zu bestrafen, wer freiwillig die beabsichtigte strafbare Handlung verhindert.
Zutreffend macht die Staatsanwaltschaft in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde geltend, daß den Gründen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen ist, von welchen der 'zu diesem Punkt stark divergierenden Angaben' der beiden Angeklagten das Erstgericht ausgegangen ist, welchen Sachverhalt es somit diesbezüglich festgestellt hat. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob das Schöffengericht - wofür allerdings der Hinweis auf die tätige Reue des Angeklagten Wolfgang Friedrich A sprechen könnte - vom Vorliegen eines verbrecherischen Komplotts im Sinne des § 277 Abs. 1 StGB (in Ansehung eines oder zweier Raubüberfälle) ausgegangen ist, zumal der Angeklagte B in der Hauptverhandlung die Verabredung eines Komplottdeliktes (Raub) in Abrede stellte und sich lediglich zur Verabredung von Einbruchsdiebstählen bekannte (S 270). Geht man aber davon aus, daß das Schöffengericht das Zustandekommen eines verbrecherischen Komplotts zumindest in Ansehung des verabredeten Raubüberfalles vom 4. Juli 1983 in Wels bejahen wollte, so fehlen Feststellungen für den Freispruch (auch) des Mitangeklagten Josef B, weist doch der Schöffensenat insoweit nur auf das die beabsichtigte strafbare Handlung verhindernde Einwirken des Angeklagten Wolfgang Friedrich A auf (den anderen Komplottanten) Josef B hin. Ebenso zutreffend zeigt die Staatsanwaltschaft aber auch insoweit einen Begründungsmangel in Ansehung entscheidungswesentlicher Urteilsannahmen auf, als die Verantwortung des Angeklagten A, er habe nach zweistündigem vergeblichem Suchen nach einem Raubopfer B darauf hingewiesen, 'daß es keinen Sinn hätte, weiterzumachen' (S 271), nicht nur als Akt freiwilliger Abstandnahme von der Tatausführung in Verbindung mit dem Streben, auch den Mitangeklagten B zur Umkehr zu bewegen, verstanden, sondern auch als Ausfluß der Erkenntnis AS von der Aussichtslosigkeit des Unterfangens (vgl. SSt 52/40) interpretiert werden könnte, in welchem Fall es aber an der Freiwilligkeit fehlen würde. Damit kann derzeit nicht überprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 277 Abs. 2 StGB gegeben sind oder nicht (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO).
Die aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmängel nötigen zur Kassierung des bekämpften Freispruchs, sodaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, in Ansehung beider Angeklagter im freisprechenden Teil und demgemäß aucStrafaussprüchen (einschließlich der Aussprüche über die üchen (eiAnrechnung der Vorhaft) aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückzuverweisen war.
Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte Josef B und die Staatsanwaltschaft (hinsichtlich beider Angeklagter) auf die (auch den Strafausspruch erfassende) kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E04815European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00045.84.0508.000Dokumentnummer
JJT_19840508_OGH0002_0090OS00045_8400000_000