TE OGH 1984/5/9 12Os62/84

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Veröffentlicht am 09.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral (Berichterstatter), Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Milutin A und andere wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 und 15 StGB

über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Milutin A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21.November 1983, GZ 4 b Vr 6.361/83-35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Griensteidl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Milutin A und Miodrag B (auch C) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach liegen den beiden Angeklagten fünf in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, am 2. (Fakten 1 a und b), 22. (Fakten 2 a und b) und 26. April 1983 (Faktum 3) in Wien gemeinsam verübte Geschäftseinbrüche zur Last, wobei es in einem Fall (Faktum 1 a) beim Versuch geblieben ist, während in den übrigen Fällen (einmal auch durch Aufbrechen von Behältnissen) Bargeld, Waren und sonstige Wertgegenstände in einem an 100.000 S (zumindest) nahe heranreichenden Gesamtwert erbeutet wurden.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten Milutin A - der Sache nach nur hinsichtlich der Fakten(-gruppen) 1 und 2 sowie in der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 130 StGB) - mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5

und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft;

seine Berufung wendet sich gegen den Strafausspruch. Der Angeklagte Miodrag B hat das Urteil nicht angefochten.

Zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund rügt der Angeklagte Milutin A das Urteil als (im Ausspruch über entscheidende Tatsachen) undeutlich, unvollständig, mit sich selbst im Widerspruch und unzureichend begründet. Keine dieser Rügen hält jedoch einer Überprüfung stand.

Der Vorwurf des Beschwerdeführers, für die Annahme seiner (Mit-)Täterschaft bei den Fakten(-gruppen) 1 und 2 seien im Urteil mit dem Hinweis auf die Sicherstellung auch vom Einbruchsdiebstahl in der D Wien 21., Lavantgasse (Faktum 1 b) herrührender Gegenstände in der gemeinsamen Unterkunft der Angeklagten (nur offenbar) unzureichende Gründe angegeben, weil nicht zu erkennen sei, durch welche der (insgesamt) vorgefundenen Gegenstände sich ein Konnex zu den vom Beschwerdeführer geleugneten Diebstahlstaten herstellen lasse, geht nicht vom ganzen Urteilsinhalt aus. Laut diesem stützt nämlich das Erstgericht die bekämpfte Feststellung über die Täterschaft des Beschwerdeführers auf die Angaben des (voll geständigen) Mitangeklagten Miodrag B, dessen Glaubwürdigkeit im Hinblick auf die Auffindung weiteren Diebsgutes (außer dem vom Faktum 3

stammenden) bei der Hausdurchsuchung positiv beurteilt wurde (S. 232). Das Vorbringen des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang, er hätte bei einem Geständnis in Ansehung der von ihm geleugneten Fakten keine strengere Strafe riskiert als sonst auch, betrifft lediglich einen Aspekt der den Tatrichtern obliegenden Beweiswürdigung, die im schöffengerichtlichen Verfahren einer Anfechtung entzogen ist.

Von einem undeutlichen (oder sonst mangelhaften) Ausspruch darüber, ob etwas und (gegebenenfalls) was beim Faktum 1 b gestohlen wurde, kann schon darum keine Rede sein, weil in der Urteilsbegründung (S. 231) diesbezüglich generell auf den Urteilsspruch verwiesen wird, welcher eine genaue Aufzählung der bei jedem einzelnen Faktum (mit Ausnahme des beim Versuch gebliebenen) gestohlenen Sachen enthält. Die vom Beschwerdeführer vermißte Spezifikation der dort im Punkt 2 a (JURA-Markt in Wien 13) angeführten 'diversen Getränke im Wert von S 4.408,10' war im Urteil durchaus entbehrlich; sie kann zudem der vom bestohlenen Unternehmen erbrachten und den bezüglichen Urteilsannahmen offensichtlich zugrundeliegenden Aufstellung (S. 111) ohnehin unschwer entnommen werden. Daß die darnach in Rede stehenden (32) Flaschen mit Getränken sowie das weitere nach den Urteilsannahmen nebst Bargeld aus 10

Kilogramm Kaffee, 24 Paar Schuhen, einem Messer und (zu Faktum 2 b; Fa. E am selben Ort) etwa 60 Kilogramm Fleisch- und Wurstwaren (vgl. S. 115) bestehende Diebsgut von zwei einen Personenkraftwagen als Transportmittel benützenden Tätern weggebracht werden konnte, steht nach allgemeiner und forensischer Erfahrung außer Zweifel, weshalb es insoweit näherer Erörterungen im Urteil nicht bedurfte. Eine Unvollständigkeit des Urteils in dem Sinne, daß das Gericht für die Entscheidung wesentliche Verfahrensergebnisse, bei deren Berücksichtigung eine andere Lösung der Schuldfrage denkbar gewesen wäre, mit Stillschweigen übergangen oder ungewürdigt gelassen hätte, vermag der Beschwerdeführer ebensowenig aufzuzeigen wie einen inneren Widerspruch, der nur dann vorläge, wenn das Urteil Feststellungen enthielte, die sich gegenseitig ausschließen, oder wenn die gezogenen Schlußfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nebeneinander nicht bestehen könnten.

Den weiteren Vorwurf, das angefochtene Urteil enthalte 'keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite', konkretisiert der Beschwerdeführer nur insoweit, als er 'insbesondere ... solche' Konstatierungen vermißt, 'die für die Beurteilung der Qualifikation nach § 130 StGB erforderlich wären', und daran anknüpfend meint, diesbezüglich fehle es an der erforderlichen Begründung. Damit ist weder die Mängelrüge prozeßordnungsgemäß ausgeführt, noch die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Rechtsrüge, soweit auch in letzterer geltend gemacht wird, daß 'Feststellungen für die Gewerbsmäßigkeit nicht getroffen wurden': Der Beschwerdeführer übergeht nämlich sowohl die in den Entscheidungsgründen vorgenommene (Tatsachen-)Feststellung, daß es beiden Angeklagten - über den in § 127 StGB vorausgesetzten erweiterten (spezifizierten Bereicherungs-) Vorsatz hinaus - darauf ankam (Absicht im Sinn des § 5 Abs 2 StGB), sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen (wie den gegenständlichen) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 130 StGB), als auch die dafür vom Schöffengericht gegebene (einwandfreie) Begründung (vgl. insbes. S. 233). Die auf die vorgenannte Absicht aus dem deliktischen Gesamtverhalten der Angeklagten unter Berücksichtigung aller Begleit- und Nebenumstände gezogene Schlußfolgerung des Erstgerichts, welches das zwischen den Diebszügen vom 2. und vom 22. April 1983

liegende Intervall auf die den Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum behindernde Fußverletzung zurückführte, wird zumindest was den Beschwerdeführer betrifft, durch dessen Einwand, der Zweitangeklagte (B) wäre in dieser Zeit an der Begehung von Diebstählen nicht gehindert gewesen, in keiner Weise in Frage gestellt.

Verfehlt ist schließlich die Ansicht des Beschwerdeführers, das Erstgericht hätte (nähere) Feststellungen über die von den Angeklagten vorgesehene Verwertung der Beute treffen müssen: Für die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit des Diebstahls ist es ohne Bedeutung, ob der Täter die durch die (wiederkehrende) Tatbegehung erlangten Sachwerte, die schon wegen ihres Gebrauchswertes eine Einkommensquelle bilden, veräußern oder sonst für sich verwenden will; dementsprechend kann die auf wiederkehrende Einnahme zielende innere Tendenz auch durch die Zueignung von Sachwerten indiziert sein, welche (wie zum Beispiel Lebensmittel) unmittelbar der Befriedigung von Lebensbedürfnissen dienen (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/8). Die gegen die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit der Taten (§ 130 StGB) erhobenen Beschwerdeeinwände schlagen daher ebenfalls nicht durch. Die vom Beschwerdeführer im Schlußantrag der Rechtsmittelschrift begehrte Anrechnung der gesamten von seiner Verhaftung an bis zum Urteil erster Instanz in Haft verbrachten Zeit als Vorhaft auf die Strafe würde voraussetzen, daß der Gerichtshof durch die Nichtanrechnung einer Vorhaft gegen § 38 StGB

verstoßen hat (Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO). Ein derartiger Verstoß liegt jedoch nicht vor. Nach der Aktenlage ist der Beschwerdeführer, gegen den bereits ein Aufenthaltsverbot erlassen worden war (S. 20), am 28.April 1983 um 7 Uhr angehalten und von der Bundespolizeidirektion Wien in Schubhaft genommen worden (S. 5 und 9). Die Schubhaft dient aber zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbots oder zur Sicherung der Abschiebung eines Fremden; sie kann verhängt werden, wenn dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder aus dem Grund notwendig erscheint, um ein unmittelbar zu befürchtendes strafbares Verhalten des Fremden zu verhindern (§ 5 Abs 1 FremdenpolizeiG.). Mag auch die Festnahme des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen strafbaren Handlungen erfolgt sein, deren er verdächtig war, so ist die Schubhaft als solche doch ihrem Wesen nach bloß wegen ihres zuvor genannten spezifischen Zweckes und nicht wegen jener strafbaren Handlungen selbst verhängt worden, wie es aber für die Anrechnung einer verwaltungsgehördlichen Verwahrungshaft kraft Vorschrift des § 38 Abs 1 Z 1 StGB Voraussetzung sein würde (EvBl 1980/94). Mithin ist eine Anrechnung der vom Beschwerdeführer (bis zur überstellung an das Gericht am 10.Juni 1983 um 13 Uhr) im Polizeigefangenenhaus zugebrachten Schubhaft auf die in diesem Strafverfahren verhängte Strafe zu Recht unterblieben. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Milutin A war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren.

Bei der Strafbemessung waren erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, mildernd, daß es bei einem Faktum beim Versuch geblieben ist, daß er durch seine Aussage in geringen Teilbereichen wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat und die teilweise Schadensgutmachung.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der

über ihn verhängten Strafe.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Zu den vom Schöffengericht im übrigen zutreffend festgestellten Strafbemessungsgründen kommt als weiterer Erschwerungsgrund noch die Höhe des Schadens, die die Qualifikationsgrenze nach § 128 Abs 2 StGB von 100.000 S fast erreicht. Da beim Angeklagten die Voraussetzungen nach § 39 StGB

vorliegen, die bisherigen Strafen nicht ausreichten, ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, er trotz Aufenthaltsverbot immer wieder nach Österreich zurückkehrte und neuerlich straffällig wurde, mußte schon aus spezialpräventiven Erwägungen eine empfindliche Freiheitsstrafe verhängt werden, sodaß die vom Schöffengericht in der Dauer von vier Jahren bemessene Strafe nicht zu hoch anzusehen ist.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04678

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00062.84.0509.000

Dokumentnummer

JJT_19840509_OGH0002_0120OS00062_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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