TE OGH 1984/5/10 13Os175/83

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Veröffentlicht am 10.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Brandstätter als Schriftführers in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 21.April 1982, GZ. 30 Vr 40/82-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Knob, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Johann A ist schuldig, am 24.November 1981 in Linz Maria B und Gisela C durch die Androhung, ihre 'Gesundheitsbücher' abzunehmen und Strafanzeige zu erstatten, sohin durch gefährliche Drohung, zum außerehelichen Beischlaf zu nötigen gesucht zu haben. Er hat hiedurch das Verbrechen der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach § 15, 202 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach der letztgenannten Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr verurteilt.

Nach § 43 Abs. 1 StGB wird die Strafe für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 389, 390a StPO hat der Angeklagte die Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz zu ersetzen.

Text

Gründe:

Der ehemalige Sicherheitswachebeamte Johann A wurde des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Nach den Urteilsfeststellungen hat er am 24.November 1981 in Linz von den Prostituierten Maria B und Gisela C unter flüchtigem Vorzeigen seines, ihm als provisorischen Sicherheitswachebeamten ausgestellten Dienstausweises sich als Kriminalbeamter ausgegeben und die Vorlage der 'Gesundheitsbücher' begehrt, aus denen sich ergab, daß beide Frauen nicht fristgerecht der vorgeschriebenen amtsärztlichen Untersuchung nachgekommen waren. Daraufhin gab der Angeklagte ihnen zu verstehen, sie könnten die Abnahme ihres Ausweises (Gesundheitsbuchs) und die Erstattung einer Anzeige durch Gewährung eines unentgeltlichen Geschlechtsverkehrs abwenden, was beide jedoch ablehnten.

In der (allerdings vergebens) von der Hingabe zu unentgeltlichem Geschlechtsverkehr abhängig gemachten Unterlassung der Abnahme des Gesundheitsbuchs und Abstandnahme von der Anzeige erblickte das Erstgericht einen wissentlichen Mißbrauch der Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften durch den Angeklagten, dessen Vorsatz darauf gerichtet gewesen sei, dadurch sowohl die Prostituierten an ihrem Recht 'auf freie Verfügung über den eigenen Körper, auch unter entgeltlicher Ausübung des Geschlechtsverkehrs' als auch den Staat an seinem Recht 'auf Bestrafung bei Nichterfüllung der gesetzlichen, insbesondere der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Ausübung der Prostitution und auf Anzeigeerstattung' zu schädigen. Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch aus § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a, sachlich auch Z. 10 StPO

Rechtliche Beurteilung

Die Ansicht des Erstgerichts, der Beschwerdeführer habe ihm zustehende Befugnisse durch sein Verhalten mißbraucht, beruht auf einem Rechtsirrtum. Als Befugnismißbrauch (§ 302 StGB) kommt nämlich eine, wie hier, bloß vorgetäuschte Amtshandlung nicht in Betracht (SSt. 19/7 und 133). Dies gilt auch für die Anmaßung amtlicher Befugnisse seitens wirklicher Beamter, in deren amtlichen Wirkungskreis Geschäfte solcher Art nicht fallen (SSt. XLI/64). Damit scheidet die Anwendung des § 302 StGB aus. Indes liegt zwar nicht die angenommene, wohl aber eine nach § 15, 202 StGB pönalisierte Tat vor. Diese richtige Subsumtion begehrt auch der Beschwerdeführer am Schluß seiner Rechtsrüge (inhaltlich § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO) mit dem Hinweis, daß das Gericht mehrfach von einer Nötigung zum Beischlaf spricht, dessen ungeachtet aber § 302 StGB annimmt. Hat doch der Angeklagte den beiden Frauen mit einer Abnahme ihrer, für die erlaubte Ausübung der Prostitution und den daraus zu erzielenden Unterhalt notwendigen 'Gesundheitsbücher' und einer Strafanzeige wegen Nichteinhaltung des amtsärztlichen Untersuchungstermins gedroht (§ 74 Z. 5 StGB; siehe Kienapfel Grundriß I RN. 801 zu § 105 StGB). Der Zweck der Drohung war, B und C zu einem Geschlechtsverkehr ohne Entgelt zu veranlassen (EvBl. 1978/133). Zwar sind die Strafdrohungen des § 202 Abs. 1 StGB und des § 302 Abs. 1 StGB gleich, ungeachtet dessen aber der Beschwerdeführer legitimiert, die Unterstellung seiner Tat unter das richtige Gesetz zu verlangen (EvBl. 1981/108 und 118). Der Generalprokuratur kann nicht gefolgt werden, wenn sie die Strafschärfungsmöglichkeit des § 313 StGB für gegeben erachtet und deshalb den Angeklagten durch den auch von ihr erkannten Subsumtionsfehler im Ersturteil, den sie allerdings irrigerweise als nicht releviert ansieht, für nicht beschwert (§ 290 Abs. 1 StPO) findet. Bei seinem Zusammentreffen mit den beiden Prostituierten war nämlich der Beschwerdeführer gar nicht in einer Amtstätigkeit begriffen; war doch eine solche, wie schon ausgeführt, nur vorgetäuscht ! Der Beschwerdeführer konnte daher in concreto keine 'ihm durch seine Amtstätigkeit gebotene Gelegenheit' zur Tat ausnützen (§ 313 StGB). Die Richtigkeit dieses Schlusses folgt zusätzlich aus der überlegung, daß jeder Nichtbeamte ein derartiges Täuschungsmanöver (Amtsanmaßung) mit gleicher Erfolgsaussicht hätte ins Werk setzen können, zumal das flüchtige Vorzeigen einer Legitimation in Verbindung mit einem entsprechenden Auftreten für das Erwecken des amtlichen Anscheins genügte. Zwar hat der Beschwerdeführer sich vor seinen Nötigungshandlungen die Kenntnis des Inhalts der 'Gesundheitsbücher' durch unbefugte, nicht in seinen Aufgabenbereich fallende Kontrollen verschafft. Doch hatte diese, der Nötigung jeweils zeitlich vorausgehende Amtsanmaßung (§ 314 StGB, zweiter Deliktsfall) außer Betracht zu bleiben, weil sie von der Anklage nicht erfaßt war. Bei der Strafbemessung nach § 202 Abs. 1 StGB konnte von den in erster Instanz berücksichtigten Zumessungsgründen ausgegangen werden, zu denen noch der Versuch als mildernder Umstand tritt. Die gegenüber dem erstrichterlichen Strafausspruch unveränderte Strafe entsprach dem gleichermaßen unverändert gebliebenen Schuld- und Unrechtsgehalt des Tatgeschehens. Bei der schon vom Landesgericht gewährten bedingten Strafnachsicht hatte es zu verbleiben.

Anmerkung

E04814

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0130OS00175.83.0510.000

Dokumentnummer

JJT_19840510_OGH0002_0130OS00175_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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