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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des E und der H S in W, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 29. Dezember 1999, Zl. RV 10/1-7/1998, betreffend Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 188 BAO für die Jahre 1988 bis 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer hatten im Jahr 1988 ein Appartement in einem Appartementhaus zum Zweck der Vermietung und Verpachtung gekauft. Für das Jahr 1988 erklärten die Beschwerdeführer einen Überschuss der Werbungskosten in Höhe von rund S 139.000,-- (Einnahmen wurden noch keine erzielt) und Vorsteuern in Höhe von S 40.105,--.
Mit vorläufigem Bescheid stellte das Finanzamt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zunächst mit einem Werbungskostenüberschuss von rund S 52.000,-- fest, hinsichtlich der Umsatzsteuer wurde mit vorläufigem Bescheid ein Überschuss von S 40.105,-- festgesetzt.
Auch für die Jahre 1989 bis 1995 erließ das Finanzamt jeweils vorläufige Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide, in welchen es hinsichtlich der Vermietungstätigkeit von einer Einkunftsquelle ausging. Im Mai 1996 wurde das Appartement verkauft. In der Folge erließ das Finanzamt für die Jahre 1988 bis 1995 endgültige und für das Jahr 1996 erstmals Bescheide, in welchen die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei beurteilt, die Einkünfte mit S Null festgestellt und die Umsatzsteuer mit S Null festgesetzt wurden. Begründend wies das Finanzamt darauf hin, dass es "trotz eines langen Beobachtungszeitraumes nicht annähernd" gelungen sei, einen Gesamtüberschuss zu erzielen. Aus den (detailliert angeführten) Jahresergebnissen sei zu ersehen, dass für die Jahre 1988 bis 1995 ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von rund S 150.000,-- entstanden sei.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde unter anderem ausgeführt, dass sich allein aus der Ergebnisaufstellung der Jahre 1993 (S 2.799,--), 1994 (S 863,--), 1995 (4.876,--) und 1996 (S 28.704,--) ergebe, dass der Betrieb eine eindeutig positive Ergebnistendenz aufweise und somit auch objektiv Aussicht habe, sich lohnend zu gestalten. Zu den vorhandenen Anfangsverlusten sei festzustellen, dass diese "einerseits bei Gegenüberstellung der dargestellten positiven Tendenz im Laufe eines (nach neuer Liebhabereiverordnung) absehbaren Beobachtungszeitraumes bei weitem ausgeglichen wären, und andererseits bei Aufteilung der im Jahr 1989 als einmalige Werbungskosten geltend gemachten Beträge für GWG und Rechtskosten von insgesamt S 92.754,-- auf den absehbaren Beobachtungszeitraum, bereits jetzt ein nur mehr geringfügiger Werbungskostenüberschuss von S 64.656,-- vorhanden wäre". Der bis inklusive 1996 "objektiv berichtigte Werbungskostenüberschuss wäre in Ansehung der oben dargestellten positiven Tendenz der Einnahmenüberschüsse" spätestens in drei bis vier Jahren kompensiert worden. Das Appartement hätte jedoch wegen einer Notlage verkauft werden müssen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, bis Ende 1995 wäre von einem Dauermieter des Appartements vierteljährlich S 17.500,-- bezahlt worden. Ende 1995 sei dieser Dauermieter weggefallen, sodass ab dem Jahr 1996 das Appartement an verschiedenste Personen laut übergebener Gästeliste vermietet worden sei. Bis zum Verkauf im Mai 1996 seien dabei Mieteinnahmen in Höhe von S 56.000,-- erzielt worden, während die Mieteinnahmen aus der Dauervermietung S 70.000,-- im Jahr betragen hätten. Nach Ansicht der belangten Behörde sei hier von einer grundlegenden Änderung des wirtschaftlichen Engagements insofern auszugehen, als von einer Dauer- zu einer Einzelvermietung übergegangen worden sei, wobei bei der Einzelvermietung wesentlich höhere Einnahmenüberschüsse zu erwarten seien bzw. erzielt werden könnten. Sei eine wesentliche Änderung der Bewirtschaftung eingetreten, dann sei dies steuerlich ab jenem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, ab welchem die wesentliche Änderung eben durch nach außen hin erkennbare Maßnahmen manifestiert worden sei. Da aber die Änderung der Bewirtschaftung erst in künftigen Perioden Niederschlag finden werde, ändere sich an der bisherigen Einstufung der Betätigung als Liebhaberei nichts, abgelaufene Zeiträume seien nicht neu zu beurteilen. Bis zum Jahr 1995 sei davon auszugehen, dass ein Gesamtüberschuss nicht zu erwarten sei. Unter Berücksichtigung einer vereinfachten Kosten- bzw. Aufwandsdarstellung ergäben sich jährliche Aufwendungen in Höhe von S 75.000,--, welchen Einnahmen von S 77.000,-- gegenüberstünden. Auch wenn man mit den Beschwerdeführern davon ausgehe, dass "die AfA im Jahr 1989 ein einmaliger Aufwand ist", so sei dennoch festzuhalten, dass in allen nachfolgenden Jahren auch eine Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter in Höhe zwischen S 2.736,-- (1994) und S 10.396,-- (1991) durchgeführt worden sei. Man komme daher zum Ergebnis, dass sich in einem absehbaren Zeitraum kein Gesamtüberschuss ergebe, zumal bestenfalls ein Überschuss in der Größenordnung der in den Jahren 1993 bis 1995 erzielten Werte erwirtschaftet werden könne. Daraus ergebe sich, dass die Betätigung in den Jahren 1988 bis 1995 Liebhaberei darstelle, ab der Änderung der Bewirtschaftung, also ab 1.1.1996 liege eine Einkunftsquelle vor. Unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 1995, B 301/94, erscheine es der belangten Behörde allerdings konsequent und dem Leistungsfähigkeitsprinzip gerecht werdend, wenn die Einkünfte aus der Vermietung im Jahr 1996 analog der Vorgangsweise des Finanzamtes ebenfalls mit Null festgesetzt würden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführer rügen, dass die Berufungsentscheidung in Sachverhaltsdarstellung und Rechtsansicht offensichtlich von der Entscheidung des Finanzamtes wesentlich abweiche, ohne dass diese Abweichungen konkret dargestellt oder begründet würden. Die von der belangten Behörde festgestellte "Änderung der Bewirtschaftung" sei im Akteninhalt nicht "feststellbar". Der allgemeine Hinweis auf den Übergang von der Pauschal- zur Individualvermietung könne für sich allein keine Änderung bewirken, dies auch deshalb, weil aus fünf Monaten Individualvermietung (Jänner 1996 bis zum Verkauf Mai 1996) auf keinen Fall allgemein gültige Schlüsse gezogen werden könnten, zumal ein Appartement an der gegebenen Örtlichkeit die weitaus meisten Vermietungseinnahmen in der Wintersaison (Jänner bis April) erziele. Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde seien in weiten Teilen für die Beschwerdeführer weder "aktenmäßig begründet noch nachvollziehbar, bzw. soweit es Rechtsausführungen sein sollten, einfach unzutreffend". Insbesondere hinsichtlich der vereinfachten Kosten- bzw. Aufwandsdarstellung sei dies der Fall. In seinem Erkenntnis vom 24. Juni 1999, 97/15/0082, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die objektive Eignung einer Tätigkeit, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen wirtschaftlichen Gesamterfolg abzuwerfen, Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen von Einkünften sei. Eine zeitliche Begrenzung der Vermietungstätigkeit sei nie beabsichtigt gewesen. Für eine derartige Annahme des Berufungssenates gebe es keinerlei Grundlage. Durch die Nichtanwendung der oben dargestellten Rechtsauslegung des Gerichtshofes sei die bekämpfte Berufungsentscheidung mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.
Zum Beschwerdevorwurf, der angefochtene Bescheid weiche "offensichtlich in Sachverhaltsdarstellung und Rechtsansicht" von der Entscheidung des Finanzamtes wesentlich ab, ohne dass diese Abweichungen konkret dargestellt und begründet würden, ist Folgendes zu sagen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass § 289 Abs. 2 BAO in der Fassung vor dem Abgabenrechtsmittelreformgesetz die Abgabenbehörde zweiter Instanz ausdrücklich dazu berechtigt, ihre Anschauung sowohl im Spruch als auch in der Begründung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen. Soweit die Beschwerdeführer eine diesbezüglich "konkrete Darstellung und Begründung" vermissen, lässt das Beschwerdevorbringen sehr deutlich erkennen, dass die Beschwerdeführer die entsprechenden Abweichungen und deren Begründung durchaus richtig erkennen, wenn sie sowohl die Richtigkeit der Beurteilung des angefochtenen Bescheides, wonach eine Änderung der Bewirtschaftungsart erfolgt sei, als auch die Begründung hiefür, nämlich den Übergang von der Dauer- zur Individualvermietung, in Zweifel ziehen bzw. als unzutreffend bezeichnen.
Ob die im angefochtenen Bescheid erfolgte Beurteilung durch die belangte Behörde, es sei eine Änderung der Bewirtschaftung erfolgt, zutrifft oder nicht, kann im Hinblick darauf dahingestellt bleiben, dass die Beschwerdeführer nicht aufzeigen, inwiefern selbst unter der Annahme der Beibehaltung der Bewirtschaftungsart ihre diesbezügliche Tätigkeit geeignet war, als Einkunftsquelle beurteilt zu werden. Soweit sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang insbesondere im Berufungsverfahren auf den im Jahr 1996 erzielten Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten in Höhe von rund S 28.000,-- berufen haben, ist darauf hinzuweisen, dass das diesbezügliche Ergebnis insbesondere unter Vernachlässigung der in den Vorjahren in Ansatz gebrachten AfA im Ausmaß von rund S 35.000,-- zustande gekommen und daher nicht geeignet ist, zur Eignung der Vermietungstätigkeit als Einkunftsquelle beizutragen, vor allem wenn man dem Beschwerdevorbringen folgt, dass mit dem in Rede stehenden Appartement die weitaus meisten Mieteinnahmen in der Wintersaison erzielt werden.
Vor dem Hintergrund der in den Jahren 1988 bis 1996 insgesamt erzielten und von den Beschwerdeführern gar nicht in Abrede gestellten erheblichen Werbungskostenüberschüsse ist insbesondere das Beschwerdevorbringen, die "vereinfachte Kosten- bzw. Aufwandsdarstellung" des angefochtenen Bescheides sei für die Beschwerdeführer "weder aktenmäßig begründet noch nachvollziehbar" nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Gründe dafür, dass es gegenüber den in den Jahren 1988 bis 1996 erzielten Werbungskostenüberschüssen in den Folgejahren - bei gedachter Fortsetzung der Tätigkeit - zu entscheidenden Änderungen gekommen wäre, sich etwa entscheidend höhere Einnahmen bei gleich hohen Ausgaben oder sinkende Ausgaben bei gleichbleibenden Einnahmen ergeben hätten, zeigen die Beschwerdeführer nicht auf.
Im Beschwerdefall ist es ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts (hinsichtlich Umsatzsteuer 1995 und 1996) in seinen Rechten verletzt worden ist. Wird von einer unechten Umsatzsteuerbefreiung ausgegangen (siehe Sarnthein, SWK 2005 S 515), gilt: Auch für den Fall, dass die Beurteilung durch die belangte Behörde betreffend die Änderung der Bewirtschaftung zum 1. Jänner 1996 zutreffend ist, wurde der Beschwerdeführer durch die Unterlassung einer Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs. 10 UStG (zum 1. Jänner 1996) nicht in seinen Rechten verletzt, weil der im Mai 1996 erfolgte (gemäß § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. a UStG 1994 unecht steuerbefreite) Grundstücksverkauf dem (anteiligen) Vorsteuerabzug entgegenstand. Aber selbst wenn die Liebhabereiumsätze vor dem gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund nicht als befreite Umsätze anzusehen wären, wäre im Beschwerdefall für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil sich dann für die Jahre 1995 und 1996 Zahllasten ergäben.
Verfehlt ist die Beschwerderüge, eine zeitliche Begrenzung der Vermietungstätigkeit sei nie beabsichtigt gewesen, weshalb es für eine derartige Annahme des Berufungssenates keinerlei Grundlage gebe, schon deshalb, weil die belangte Behörde von einer derartigen Begrenzung nicht ausgegangen ist. Die belangte Behörde beurteilte vielmehr ausdrücklich die Frage, ob unter Berücksichtigung der bis zum 31. Dezember 1995 bestehenden Verhältnisse - also bei Annahme weiter erfolgender Dauervermietung - ein Gesamteinnahmenüberschuss tatsächlich zu erwarten gewesen wäre. Als Ergebnis dieser Beurteilung wird im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass unter den gegebenen Umständen bestenfalls im Jahr 2050 ein Gesamteinnahmenüberschuss erreicht werden könnte. Damit trifft aber die Annahme der Beschwerdeführer nicht zu, die belangte Behörde wäre von einer zeitlichen Begrenzung der Vermietungstätigkeit ausgegangen.
Die Beschwerde ist daher insgesamt nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2000140035.X00Im RIS seit
30.06.2005Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008